Autorenarchiv

MDdW / Denkmal der Freundschaft (Pankow?)

Montag, 4. März 2013 20:47

DW12

„Mahler, draußen Graupel noch!“

„Sieh an, der Lenz ist da!“

„Weiß ich es nicht? Sitz ich doch neben Ihnen, Ihro Wanstigkeit!“

„Schön, daß man sich erinnert!“

„Ach, das alte Spiel. Vor Monaten zu Ilmenau!“

„War ich das da?“

„Gewiß! So lassen Sie uns – da die Sonn’ frohlockend auf uns niederscheinet, errichten ein Denkmal der Freundschaft!“

„Und wer beginnt, den Pfosten in die Erd` zu rammen?“

„Wohl der Geheimrat, also Sie!“

„So soll es sein, es lauscht mein Gegenüber, so dies Dir:

Zur Erinnrung guter Stunden,

Aller Freuden, aller Wunden,

Aller Sorgen, aller Schmerzen,

In zwei tollen Dichter Herzen

Noch im letzten Augenblick,

Laß ich Lenzgen dies zurück.

Ich muß dann mal! Wipfel, Gipfel und so.“

„Tschö, Ihro Wanstigkeit: dies also hier und Dir. Oder schon Ihnen?:

Ihr stummen Bäume, meine Zeugen,

Ach käm’ er ungefähr

Hier wo wir saßen wieder her:

Könnt’ ihr von meinen Tränen schweigen?

Und morgen, Mahler?“

„Wird sich entzweit!“

„Schon ist’s soweit?“

„Der Zeiten Läufte machen’s nötig wohl!“

„Welch ein schlecht vergoren’ Kohl!“

“Difficile est satiram non scribere!”

“Bitte, Herr Geheimrat?”

“Lenzgen, Ihre Feder stellte es voraus der ersten Eseley!”

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MDdW/ Nacht; Mahler unruhig vor alter Mauer

Sonntag, 3. März 2013 16:55

DW11

Das will mir schier das Herz verbrennen. Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen, bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren, die Menschen zu bessern und zu bekehren. Daß ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält, und tu nicht mehr in Worten kramen. Weh! Steck ich in dem Kerker noch? Das ist deine Welt! Das heißt eine Welt! Wessen Straße ist die Straße, wessen Land ist das Land, dieses Instrument sollte mal Faschisten töten können, stand auf dem Gitarrenkoffer. Flieh! Auf! Hinaus ins weite Land! Wie alles sich zum Ganzen webt, eins in dem andern wirkt und lebt? Wenn Dein starker Arm es will? Keine Räder stehen still, das Hamsterrad es dreht und quietscht und quetscht den letzten Tropfen Würde und Verstand heraus und aus und von allen Geistern, gut und schlecht, verlassen, Hammer und Säge und Sichel, schafft Platz, schafft Platz, hinfort, hinweg, der Mond verbirgt sein Licht, wie es in meinem Herzen reißt, was Menschenherz erschaffen, darf’s Menschenfaust zernichten? So schnell, so billig, so feil ohne dem Wohle nur einen Gedanken, Geister ums Haupt mir, düstre Gedanken, Kohle zum Wohle der Kohle zum Wohle und methadongestählt grinsen Lemminge. Es ist und wird ein Graus. Beredte Wortlosigkeit. Da hilft kein Geist, nicht mal der Teufel, vielleicht der alte Fritz, doch nur als Teufel. Ich Ebenbild der Gottheit? Bloß nicht! Lieber ein Stein, auf dessen Wangen Moos! Oh, Germane 21!

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Mahlers Dichtung der Wahrheit / Teilzeitplagiat

Donnerstag, 28. Februar 2013 19:04

DW10

Ich habe seit kurzem, ich weiß nicht, wodurch, alle meine Munterkeit eingebüßt, meine gewohnten Übungen aufgegeben, und es steht in der Tat so übel um meine Gemütslage, daß die Erde, dieser treffliche Bau, mir nur ein kahles Vorgebirge scheint; seht ihr, dieser herrliche Baldachin, die Luft; dies wackre umwölbende Firmament, dies majestätische Dach mit goldnem Feuer ausgelegt, kommt es mir doch nicht anders vor als ein fauler, verpesteter Haufen von Dünsten. Welch ein Meisterwerk ist der Mensch; wie edel durch Vernunft, wie unbegrenzt an Fähigkeiten, in Gestalt und Bewegung wie bedeutend und wunderwürdig; im Handeln wie ähnlich einem Engel; im Begreifen wie ähnlich einem Gott. Die Zierde der Welt, das Vorbild der Lebendigen; und doch, was ist mir diese Quintessenz von Staube? Ich habe keine Lust am Manne. Weia! Wer hat dies auf jungfräulich’ Bütten gekritzelt? Euer Willy S. oder unser Wolfgang von G.?

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MDdW / Prolog im Himmel oder Friedrichshain

Mittwoch, 27. Februar 2013 23:22

DW09

(In der Rolle des Herrn: Herr von Lippstadt – Budnikowski. Den Mephistopheles gibt entgegen seiner ursprünglichen Intention Herr Archibald Mahler. Die korrekte Wiedergabe des Originaltextes kann zu dieser späten Stunde, die eine frühe ist, nicht gewährleistet werden. Als erster spricht der Herr. Und stets antwortet ihm der Mephistopheles.)

„Kennst Du Faust?“

„Reden wir von den fünf Fingern?“

„Wenn einer die noch ballt.“

„Ballt er sie,

Ist er sich seiner Torheit hoffentlich bewußt!

Er fordert ein die Sterne, Ferne und fordert ein und ein

Und findet keine Lust

Und nah und fern und rechts und links

Zerlegt sich seine Brust.“

„Er mag verwirrt und aller Klarheit fern,

Wenn er mir dient, gekrümmten Rückens,

Ich nehm’ ihn gern!“

„Und falls dann doch,

Tut Mut gut oder besser Wut?“

„Solang er auf der Erde lebt.“

„Was hast Du ihm verboten?“

„Es irrt der Mensch, solang’ er strebt.“

„Nicht dieser Vers! Der ist pervers!“

„Willst Du die Faust noch retten?“

„Mein Herr, um’s Leben eines, der noch lebt?“

„Du magst nicht wetten.“

„Von Zeit zu Zeit seh ich Dich gern. Nur eine Frage noch: Wer räumt den Müll weg?“

„Müll?“

„Vom Auge des Betrachters uns’rer Zusammenkunft aus links gesehen.“

„Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange

Ist sich des rechten Weges wohl bewußt.“

„Mein Herr, eins hätt’ ich gerne noch gewußt:

Ist der Geheimrat nicht ein übler Dummschwätzer?“

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Mahlers Dichtung der Wahrheit / Teilzeitplagiat

Montag, 25. Februar 2013 18:40

DW08

So spricht vor Friedrichshainer Wand – Schweig, wer die Worte nie gekannt! – frei benutzend dies und jenes – Welcome to heut’!  – Mephistopheles zum Herrn. Wir hören’s gern: Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst und fragst, wie alles sich bei uns befinde, und du mich sonst gewöhnlich gerne sahst, so siehst du mich auch unter dem Gesinde. Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen, und wenn mich auch der ganze Kreis verhöhnt; mein Pathos brächte dich gewiß zum Lachen, hättst du dir nicht das Lachen abgewöhnt. Von Sonn’ und Welten weiß ich nichts zu sagen, ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen. Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag, und ist so wunderlich als wie am ersten Tag. Ein wenig besser würd er leben, hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben; er nennt’s Vernunft und braucht’s allein, nur tierischer als jedes Tier zu sein. Er scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden, wie eine der langbeinigen Zikaden, die immer fliegt und fliegend springt und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt; und läg er nur noch immer in dem Grase! In jeden Quark begräbt er seine Nase. Wer eig’nes Denken hier will entdecken, durchsuch’ er die Geheimratsecken.

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MDdW / Weia, die Himmlischen Heer(z)scharen!

Sonntag, 24. Februar 2013 19:54

DW07

Was wollen wir ordern / was wollen wir fordern / wir kommen von hinten / aus vergangener Zeit / wir schlagen den Gong / wir entfalten uns breit und schnell / unbegreiflich / dreht sich irdene Pracht / was wir fordern und ordern / wird darüber gelacht / wechselt Paradieseshelle mit frustrierender Nacht / bevor der Aufbruch erfolgt / die Ernte just eingebracht / werden Laken gereinigt / bevor man in sie / wer lacht / die Stürme sie brausen / wollen wir wetten / gestern heut’ morgen / gestern / wütende Ketten / haben sie dich gesteinigt / wandelt sanft noch dein Tag / wer zu erkennen vermag / was die Stunde geschlagen / läßt die Eingeweid’ klagen / was wolltest du sagen / was / all’ deine ach hohen Werke / auf dem Pfad des Donnerschlages / sie stolpern und taumeln / und wer ist’s der vermag / zu erahnen und nennen / wo wohnt das Erkennen / die Kreuzung scheint frei / und wer kommt vorbei / es ist ja er ist’s / Hallo Herr Mephistopheles?

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MDdW / Im Vorspiel tritt auf ein Direktorenreim

Samstag, 23. Februar 2013 15:37

DW06

Der Menschen sind genug verwechselt, laßt mich nun endlich Kleingeld seh’n! Dann fremdes Gut zu Eintopf häckselt, und ene, mene, Du darfst geh’n! Was hilft es von den Träumen reden? Der Haushaltsplan verzeiht sie nie. Zwei Pfund Lasagne dem Poeten, so kommandiert man die Regie. Euch ist bekannt, was wir bedürfen: wir wollen Eure Säfte schlürfen; wer muckt, der stellt sich hinten an! Was heute ward vergessen, morgen wird es nicht getan, das Übermorgen werden wir verpassen; verschont mich bitte mit Entschluß, heut’ erst mal alles ruhen lassen, vielleicht noch einen fahren lassen, es dringt ins Freie, weil es muß. Ihr wißt, auf unsern deutschen Bühnen probiert man Nacht, probiert man Tag, drum schweig ein jeder, der was mag, bewegt Prospekte, nicht die Mienen! Und schreitet in dem engen Bretterhaus, den ganzen Kreis der Selbstausbeutung aus und mangelt es an Licht und Helle, so tretet weiter auf der Stelle, bewegt das Hirn nicht, sondern nur die Sohlen, die letzte Birne ward gestohlen, man mag es glauben oder hoffen, mir ward’s es dunkel, der Vorhang auf, und alle Fragen offen.

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MDdW (Berlin and Break ‘13) / Nachdenkzeiten

Freitag, 22. Februar 2013 20:46

DW05

„Mahler, die Frage?“

„Wer sie stellt, Herr Budnikowski!“

„Fange ich einfach mit der Antwort an!“

„Und?“

„Auf keinen Fall Gaulhacktheater!“

„Sie meinen eine Inszenierung für € 1,99!“

„Genau! Brutto, Netto und Plus!“

„Tara na ja?“

„Mit Praktikanten, aber mit kostenfreier Garderobenmarke!“

„Am besten noch mit ohne erlernte Worte, die man hören soll, aber nicht kann? Das meinen Sie, Herr Budnikowski?“

„Bär, man ist nicht blöde!“

„Hauptsache, es kostet keinen Penny! Man ist sich ja selbst Soufflage genug.“

„Und wer bezahlt den Eintritt? Der, der den Einen tritt?“

„Meist derjenige, der rausfliegt!“

„Gott sei Dank ist die S- Bahn beheizt!“

„Für heute ist das Thema ausgereizt!“

„Und was ist mit der Faust?“

„Dem Faust!“

„Mir graust!“

„Fahren wir erst mal weiter!

„Aber heiter!“

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MDdW (Giessen ‘13) / Vorspiel auf der Heizung

Montag, 18. Februar 2013 19:53

DW04

Die Direktoren, die Dichter und lustige Personen / behaupten im Herzen der Zuschauer zu wohnen / die Einen ringen / die Anderen singen / alle woll’n es erzwingen / des Zuhörer’s Freud / eine johlende Meut’ / Kritikasters Geläut / voll und voller die Kassen / ist’s nicht besser / dass sie uns hassen / denn es befriedet wer reimt / bevor Ergebnis entkeimt / meist die Scharwenzler und Speichellecker / lieber schauen die Schwarzenegger / Glitschen befriedet keine Menschen und meist nur Aale / Schlechtreim / war nicht grad Berlinale / der Bär kauft ein Ticket / der Hase reist mit / es wird gelaufen / von hier bis nach Tegel / an den Herzen der Dichter saugen die Egel / Schreibmaschinen fordern Blut / so Ernest Hemingway / die Heizung funktioniert gut / what we say / shut up or play!

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Mahlers Dichtung der Wahrheit / Hinneigung 3

Samstag, 16. Februar 2013 18:37

DW03

Und wenn sich öffnet das Denkermaul zu begrüßen den erhofften Lenz und der faulig’ Geschmack aus dem Rachen in die erwachende Nase steigt und der Zahn, belegt mit Mehltau der durchrungenen Nacht, modrig schreit nach Bürstung, doch der Arm sich nicht hebt, das Herz noch nicht bebt, kein Gedanke, der strebt, das was lebt nur so tut und kein Muskel voll Mut springt hinaus aus dem Haus alter Träume, kahlgraue Bäume auf Wiesen, die vom Regen vollgesaugt. Ob das neue Jahr was taugt? Der Leib vom kurzen Winterschlafe ausgelaugt, hängt auf der Wäscheleine alter Gedanken, leise, leise, höre es spricht ein weises Weib, mein Bester! – oh Du – vernehme mich – Du weise die Vergangenheit in ihre Schranken, denn nicht mehr ist sie als verschüttet’ Milch, der Krug, der sie vom Markte trug, er meidet keck den Brunnen, vielleicht das neue Jahr uns wohl gesunnen? Instant karma? We all shine on? Blick in den Himmel und neige das Haupt vor Herrn Lennon. Er ist tot und wir noch nicht. Jeder Tag sei uns Gedicht. Nicht? Licht. Kalt!

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