Autorenarchiv

MDdW / Im Ostwind eine Wahrheit?

Sonntag, 24. März 2013 18:17

DW22

Kalt pfeift es und Fell sträubt sich dichtend / dem Wind ist es schnurz / man läßt einen Furz / das Haupthaar sich lichtend / und gestern bleibt gestern / dreh deinen eigenen Western / in porösen Stiefeln / alte Wahrheiten miefeln / ich hab doch schon immer / schales Gewimmer / gewußt und erwähnt / die Gegenwart gähnt / an einer Mauer man lehnt / die längst schon gefallen / im eigenen Hirnsaal die Einwände knallen / wie Hiebe von Peitschen am Hals toter Pferde / begrabe die Wahrheit in faulender Erde / und lege dein trauriges Ego daneben / auch ohne Dein Zutun / die Erde wird beben / über den eigenen Scheitel rollt grinsendes Leben / vergesse nur nicht für die Rente zu kleben / denn sonst wird es teuer / es sei denn die Steuer oder Mama und Papa / vielleicht sind sie da noch / klage nie ohne Zweck / der Ostwind pfeift weiter / doch der Lenz rennt nicht weg / er sitzt seiner Wanstigkeit seit Wochen im Nacken / die Faust wird geballt / morgen wird er ihn packen / doch hacken wir besser noch Holz / statt von Rosen zu träumen / eine Ahnung von Wahrheit / gibt’s nur ohne zu schäumen? / Hoch lebe die Wut!

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MDdW / Freiheit egal iss heut’, Fraternité? Nee!

Samstag, 23. März 2013 17:54

DW21

so dem mahler freigestellt ward

zu schweigen

frei er war und weil

gestern hatte er als er aufgestanden

beschlossen was und war er weg darauf

eisbachend osternglockend lockend

und so hängt man über und allein

herum und dumm

was gestern war geschehen

wir können es verstehen

wir müssen nicht

ein kurzgedicht

hallt nach und von der mauer putz der

bröselt löselt und so staubt’s

und mosert man

gelegentlich und

häufig läufig häuft man haufen auf und auf und

immer noch doch wieder

gerne wäre ruhe eingezogen

das trommelfell trommelt

alles andere gelogen und gesogen

aus klammen fingern wunderbar

(rettet die east side gallery! hihi!)

noch was?

i feel free

von cream

so hang on to – genau

mehr dann sonntags

weiter kalt

aua

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MDdW / Herr Beckett, Sie übernehmen, please!

Dienstag, 19. März 2013 13:34

DW20

Wir nehmen an, daß die Narzissen heute Samuel Beckett hießen und daß das geschwoll’ne Geheimratgezeter dem Bären vorbeirutscht am frierenden Pöter und das Warten so bleibt, als wär’s sich selbst genug, frierend, aber durchaus klug:

Stell dir vor wenn dies

Eines Tages dies

Eines schönen Tages

Stell dir vor

Eines schönen Tages dies

Aufhörte

Stell dir vor

Und ein Lächeln eilt herbei im zitt’rigen Flug, bis die Falten des Maules sich spannen und breit bis zum Schmerz, entquillt heizendes Lachen dem kalten Herz:

Bis zum Äußersten

Gehen

Dann wird Lachen entstehn

Mit Euch, Herr Beckett, zu sinnieren ist, trotz überlaufend’ Regentonne, stets mir:

Eine Sonnenwonne!

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MDdW / Vor dem kalten Tore man wartet

Sonntag, 17. März 2013 18:16

DW19

Vom Eise befreit? Dazu nicht mal ein Wort zur Zeit, denn Strom und Bäche künden von des Lenzen’ Schwäche, gluckern kühl und trübsalzäh. Winters Faust deckt braune Flur mit unerbittlichlich’ Weiß, Kranich kehrt und wendet und ihm schwindelt, alles Streben zarter Triebe wartet, es wandeln frierend Aufrechtgeher aus dem hohlen, finstren Tor, erkältet krächzt der Engel Chor, die Auferstehung wird verschoben, der Tag entgraut und ihn zu loben, fällt bestenfalls dem Teufel ein, doch selbst sein glühend’ Pferdefuß verlöscht in einem Regenguß. Man putzt nicht sich heraus, man putzt verschlammten Schuh, blickt nassen Auges auf der Stadt Getümmel, sucht hinter Wolken einen Himmel, ungläubig flüstert groß und klein: Wo ist der Lenz? Bitt’ ihn herein! Und auch Herr Mahler wär’ bereit, das Willkommenstuch zu hissen. Vielleicht tun’s die Narzissen, vielleicht auch können Osterglocken den späten Bengel locken, den Schritt nun eilend zu gestalten, mag er bald Einzug halten. Doch solang die Wolke weint: Warten ist die wahre Zeit.

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MDdW / Phantasie oder kühner Flug auf der MZ

Samstag, 16. März 2013 17:50

DW18

Wenn Phantasie sich sonst mit kühnem Flug und hoffnungsvoll, springt sie noch an die gute, alte MZ? Wenn ich nur einen Sturzhelm hätt` am Hirn. Ob ich ihn brauch’ im Zeitenstrudel, wo manches scheitert, Sorgen nisten, tiefe Herzen, geheime Schmerzen? Gib Gas, wo weilt der Has’, oh Mahler, wo? Den Göttern gleicht man nicht, das wurde schon bemerkt, der Aufrechtgeher zwergt so gerne doch und wurmt und staubt und trotzdem, er glaubt stets doch am Tisch der Götter Supp’ zu schlürfen und trödelt, tausendfach voll Tand, von der Jugend voll Versprechen ins taumelnd’ traurig Gottesland. Der Bart ist kraus, der Riegel, schwer liegt er im Schloß, wie finde ich den Bogen in den klingend’, singend’ Abschlußreim nun bloß? Es hebt und atmet Bärenbrust und fast, was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Kann Lenzbär sicher sitzen auf der versunkenen MZ? Im Hier und Jetzt? (Dieses sei nun ein Gesang zu Ehren des Kickstarters!) Merke: Schwächelt sie die Wade, so ist dies meistens schade!

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MDdW / Buchberührung, Flamme und Erdgeist

Donnerstag, 14. März 2013 17:56

DW17

„Wer ruft mir? Schreckliches Gesicht!“ Oder andersrum: wer spricht wann und dann mit wem, auch wenn es nicht sehr angenehm? „Schreckliches Gesicht! Wer ruft mir?“ Wer zieht wen mächtig an oder ran an sich, auch gerne dann und wann und brüllt mit Freud’ und Inbrunst dann: „Weh, ich ertrag Dich nicht!“? Das kann ja wohl jeder verlautbaren, mit gerauften Haaren oder verlautbaren lassen! Die Worte all’ in Massen. Viel wird gefurzt! Man versteht nix, doch es riecht ganz kurz. Mal nach Professor oder Doktor, meist nach alten Halden, deren Weisheiten erkalten, bevor sie heiß gegessen. Man weicht der Flammenbildung aus, behauptet man sei Faust und noch bevor es Gretchen graust, wallt und hallt der abgeholzte Wald, und der Späne Geknirsch’, als sei’s ein neuer Tisch, ist dennoch nur verdorb’ner Fisch. Die weite Welt wird nicht umschweift, der Doktor nach dem eig’nen Schwänzlein greift und läßt es wedeln. Dies wird den Quark, den seinen, heut’ nicht mehr veredeln und morgen kräuseln sich der Menschheit Schnitzel so unerquicklich wie der Nebelwind, der diesen Lenz beatmet noch! Oh Aufrechtgeher, so trete ich zurück, der Vortrag macht des Redners Glück, doch nicht mein’s, ich brauch’ kein’s, denn auf der Such’ nach redlichem Gewinn, ich bin!

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MDdW / Schneefall und die anderen Kälten

Sonntag, 10. März 2013 17:38

DW16

Wenn Ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen, wenn es nicht aus der Seele dringt und mit urkräftigen Behagen die Herzen aller Hörer zwingt. Da hilft kein Schal zwischen Schnee und Haut, da hilft kein leises Zeigen auf, da hilft nur laut und gleich danach verzichten, schlachtet die Kühe, bevor sie Euch vernichten, wenn es nicht längst schon, Tag für Tag, gescheh’n, die Uhren dreh’n sich kopflos schnell, zu hastig, Donnerwetter, schießt hinein in die Ziffernblätter, schießt die Zeit aus ihren Fugen, dämlich die Einzelhändler lugen, heilig’, heilig’ mein Geschäft, der Dackel Fortschritt pinkelnd kläfft, am Bein der Vernunft perlt dumpf Urin, wer jetzt nicht schaut, schaut nie mehr hin, Frostschutzmittel in den Adern, vom ewigen Wachstum tun sie salbadern die lebensfeigen Geldzählwanzen mit schlank trainierten Wohlstandsranzen, ausgebrannt und feig’, zu feig’ die Melancholie zu nehmen als ihr Kind, was ein weiter Weg, oh Menschenkind, dort könnte Heimat sein, wo man nicht jeden Stein aufs nützlich hin betastet und hodenlos mit Kaffeebechern, wohin eigentlich, wohin denn hastet? Man denkt, der Schnee am Pöter er sei so kalt! Die Welt ist kälter doch, du Narr! Im Süden Frostbrand, im Norden einzeln Krisenschnee! Noch, oh germanische Wanstrepublik! Mich fröstelt.

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MDdW / Meteorologie, Klagen und „No Lenz“

Samstag, 9. März 2013 18:34

DW15

(Mahler hat nicht vor einzufordern, denn immer ist es nicht angebracht das Maul aufzureißen, wenn die Welt schlingert. Heute jedoch ein empörter Leserbrief an den Lenz. Geschrieben hat ihn der andere Lenz.)

(AN DIE SONNE)

„Seele der Welt unermüdete Sonne

Mutter der Liebe, der Freuden, des Weins

Ach ohne dich erstarret die Erde

Und die Geschöpfe in Traurigkeit.

Und wie kann ich von deinem Einfluß

Hier allein beseelt und beseligt

Ach wie kann ich den Rücken dir wenden.

Wärme Milde! mein…“

(Mahler wird es jetzt zu jammerig. Also obiges Poem. Jammern kann er auch. Was stand da? „Wärme Milde?“ Wahrscheinlich folgt noch: „Süßer Strahl.“ Oder gar: „Vaterland!“ Weia! Seine Wanstigkeit zweifelt an der Empfindung. Sein Pöter aber ist mit wärmenden Textilien unterlegt. Das hilft ihm nicht wirklich. Seine Wanstigkeit friert. Morgen dann ein eigen’ Poem.)

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MDdW / Wo wären wir denn jetzt eigentlich?

Mittwoch, 6. März 2013 23:18

DW14

„Sie gleichen dem Geist, den Sie versuchen zu begreifen, nicht mir, bester Mahler!“

„Nicht Ihnen? Wem denn dann, ich als Ebenbild der Gottheit? Noch nicht mal Ihnen? Wo sind wir denn nun?“

„Hinter uns küssen sich Honecker und Breschnjew.“

„Küssen oder Küsten?“

„Egal! Es geschah!“

„Weia? Wann ging diese Welt unter? Erinnern Sie sich!“

„Nein!“

„Wo sind wir jetzt?“

„Hier!“

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MDdW / Pandämonium Germanikum ‘21 / Nr. 1

Dienstag, 5. März 2013 20:55

DW13

„Welche Wonne ein Kuhfladen zu sein und in der Sonne zu liegen!“

„Wer hat’s gesprochen?“

„Der Lenz!“

„So ein Quark! Gekackt wird auf die Wiesen erst im Herbst!“

„Sie zweifeln, Ihro Wanstigkeit, nun am Ertrag, den auch die Jugend bringen mag?“

„Mag, bester Freund, bedenk’ er: mag!“

„Es stürmt und drängt und der steil’ Berg, er mag erklommen werden.“

„Nun, nicht vom Zwerg! Verzeih, der Pfad hinauf, er ruft nach Schritt!“

„Noch denk ich nach, doch prinzipiell, da komm ich mit!“

„Dann aber schnelle, denn lenkt der Fuß hinab ins Tal und Bett, dann bitte helle sei es noch am Firmament und auch im Hirne, gelle!“

„Ich biete, bester Mahler, der Vernunft sofort die Stirn und steig’ hinauf, hinab auch gern auf allen vieren.“

„Herr Lenz, den Wettstreit werden Sie verlieren!“

„Wart doch, wo willst Du hin, ich hab Dir noch so manches zu erzählen.“

„Ein andermal.“

(Mahler geht um den Berg herum und verschwindet.)

„Wenn er hinaufkommt, werd ich ihn schon zu sehen kriegen. Hätt ich ihn gern kennen lernen, er war mir wie eine Erscheinung. Ich denk, er wird mir winken, wenn er auf jenen Felsen kommt. Unterdessen will ich den Regen von meinem Reiserock schütteln.“

(Budnikowski erscheint an der anderen Seite des Berges, naß und schlammig. Er kriecht auf allen vieren. Noch oder noch immer.)

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