WIE ARCHIBALD BESCHLIESST DIESES JAHR EIN DURCHREISENDER ZU SEIN
(Der folgende Text muß atmen. Jedem Inszenator, der diese Worte irgendwann mal auf die Bühne stellen will, sei geraten und befohlen Luft zwischen den Sätzen zu lassen. Stille. Schweigen. Atmerei. Gedenke. Der Autor wünscht sich eine Dauer von etwa dreiundsiebzig Minuten für den nun folgenden Dialog. Den Dialog können zwischen drei und siebzehn Personen führen. Nur die Dauer wäre wichtig. Dreiundsiebzig Minuten eben. Kann aber auch was mehr sein.)
„Herr Mahler?“
„Herr Mahler?“
„Herr Mahler?“
„Entschuldigung, Herr Mahler?“
„Ja?“
„Herr Mahler?“
„Nein?“
„Und warum?“
„Ich esse gerade!“
„Guten Appetit!“
„Ja!“
„Wollten Sie heute nicht eigentlich?“
„Nein!“
„Was sagen?“
„Ich esse.“
„Trockenes Zeugs?“
„Mein Körper! Mein Darm! Mein Sie wissen schon!“
„Das sehen wir!“
„Sehen Sie!“
„Nur weil eben!“
„Man kann ihn ja auch mal in Ruhe lassen!“
„Wen?“
„Den!“
„Mich?“
„Nein, Dich!“
„Depp!“
„Gehen Sie bitte weiter, hier ißt ein Bär!“
„Quatsch!“
„Wieso?“
„Hier ist ein Bär!“
„Sag ich doch!“
„Ich könnte einen Witz erzählen!“
„Na endlich!“
„Ich aber nicht!“
„Herr Mahler?“
„Also!“
„Ruhe! Jetzt kommt der Witz!“
„Herr Mahler?“
„Ich erzähle keinen Witz!“
„Dann erzähle ich jetzt einen Witz!“
„Also?“
„Sitzen zwei Bären auf einer Bank über Dorlar und schauen ins Tal. Eine Stunde rum. Kommt einer. Wahrscheinlich ein Aufrechtgeher. Setzt sich zu den Bären. Wieder eine Stunde. Sagt dann: ‚Ach!’ und geht. Noch mal eine Stunde. Dann sagt der eine Bär zum anderen: ‚So ein Schwätzer aber auch.’ Fertig! “
„Das war der Witz?“
„Meinetwegen können Sie jetzt lachen!“
„Nicht wirklich?“
„Herr Mahler?“
„Ich erzähle keine Witze!“
„Morgen?“
„Ist Samstag!“
„Tschüß!“
„Ich wäre dann auch mal.“
„Kleine Königstiger?“
„Wo sind sie denn jetzt alle?“
„Auf Wiedersehen, Herr Mahler!“
„Jetzt wollte ich noch was sagen!“
„Machs gut, Bär.“
„Wieso haben es alle so eilig? Keiner hört zu. Das ist gut. Sehr gut. Sternchengut. Ich konzentriere mich. Also lieber Waldrand, liebe Aue, liebe Äcker, liebe Bäume, liebe Pneus, liebe Wintersaat, liebe Burgruinen, lieber Handkäs von Atzbach, liebe Ameisen und Wolken über Kinzenbach: ich sag jetzt mal was. Nämlich, daß ich beschlossen habe dieses Jahr ein Durchreisender zu sein!“
(Ein Bär sitzt im Baum und ißt so vor sich hin. Manchmal kaut er. Der Wind, der den Waldrand beweht ist weiterhin milde. Das fördert die Verdauung. Morgen ist Samstag. Ein Rabe verliert zwei Federn.)