Beiträge vom 17. März 2011

WER SICH NICHT IN GEFAHR BEGIBT!

Donnerstag, 17. März 2011 8:49

TFTW3

Aufrechtgeher wollen herausgefunden haben, daß, wer nur wenig oder gar nicht geschlafen hat, bereit ist höhere Risiken einzugehen, daß Schlafentzug also den Leichtsinn befördert. Dies hieße nun im Umkehrschluß, daß wer zum Beispiel einen viermonatigen Winterschlaf hinter sich gebracht hat, nach dem Erwachen die anstehenden Aufgaben mit ganz besonderer Vorsicht oder fast schon Ängstlichkeit angeht. Pustekuchen! Archibald Mahler, Bär am Rande eines stillgelegten Steinbruches über Dorlar, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Hier ist offensichtlich wieder jemand einer der Lieblingsbeschäftigungen der Aufrechtgeher nachgekommen: Man hat eine Verbotstafel aufgestellt. Man hat eine Verbotstafel aufgestellt und sie mit einem der Lieblingswörter der Aufrechtgeher bestückt: LEBENSGEFAHR. Gut, da unten ist ein kleiner Krater, mit Wasser vollgelaufen, kaltem Wasser und das Ufer ist steil. Und ein kleines Bärenhirn denkt dann: „Nicht anfassen, nur gucken. Man muß ja nicht gleich besoffen in den Teich hüpfen und sich zu nahe an den Kraterrand stellen. Oder?“ Diese Denkleistung scheint aber ein durchschnittliches Zweibeinerhirn zu überfordern, deshalb: Verbotstafel. Archibald aber denkt nach.

„Und warum weisen die Aufrechtgeher eigentlich nicht auf die wirklichen Gefahren hin. Hängen sich zum Beispiel Schilder um den Hals, auf denen zum Beispiel steht: ‚Achtung, ich bin ein sehr dummer Mensch, der nicht begreifen will, daß es vollkommen sinnlos ist mit einer Blechmilbe mit mehr als hundertdreißig Kilometer durch die Lande zu rasen, deshalb brauche ich alle hundert Meter eine Verbotstafel, die mich drauf hinweist, ich möge auf die Bremse treten. So find ich dann das Gaspedal leichter.’ Oder: ‘Hallo, ich bin ein Konsument. Sie können mir jeden Dreck andrehen. Aber schreiben Sie bitte drauf: Kein Atomstrom drinnen.’ Oder: ‚Guten Morgen. Gehen Sie davon aus, daß, wenn ich Sie freundlich angrinse und mit einem Schönen Tag noch verabschiede, ich Sie für eines der größten Arschlöcher auf Gottes Erdboden halte! Danke, daß Sie auf mich reingefallen sind.’ Oder: ‚Servus, ich bin ein sogenannter Kompetenzdarsteller und mache eigentlich Werbung für Haargel.’ Oder: ‚Mein Geländewagenpanzer frißt zwar zwanzig Liter auf hundert Kilometer, aber ich kaufe nur im Reformhaus ein und erziehe meine Kinder rein biologisch.’ Oder: ‚Habe die Ehre. Arbeite lediglich den göttlichen Auftrag ab und mache mir die Erde untertan.’ Oder einfach nur: ‚Hirn im Streik.’ Ja, da haben die Herren und Damen Aufrechtgeher doch noch einiges zu evaluieren und zu optimieren und zu positionieren und zu kümmereien, aber ich will mir das jetzt mal in die Haare, die ich nicht habe, schmieren, weil ich nämlich einen Riesenhunger haben.“

Da unten am Rande des Gewässers Bäume. An den Bäumen Äste. An den Ästen Weidenkätzchen. Ein Genuß und der perfekte Einstieg in ein kulinarisches neues Jahr. Archibald macht sich an den Abstieg. Der Weg ist steinig und steil. Beinahe wäre er ausgerutscht. Wer sich nicht in Gefahr. Denkt er. Aber ist nicht gerade das Denken die Gefahr? Selbstständiges Denken? Ein Denken außerhalb der Laufräder, die die Zweibeiner sich so gerne gegenseitig in ihre Käfige stellen, frei wie Hamster? Jeder zweite Hamster stirbt an Herzschlag. Aber sein Aktivitätswahn reißt wenigstens nicht andere Hamster mit in den Sarg. „Ob das nun ein tröstlicher Gedanke war?“ Jetzt rutscht der Bär aus und es haut ihn schmerzhaft auf den Pöter. „Potzrembel, die Waldfee aber auch. Erst eine Sache zu Ende bringen. Dann weiterdenken.“ Konzentriert und gedankenfrei setzt der Bär eine Tatze vor die andere und erreicht den Grund des Steinbruches. Der Pöter schmerzt. Doch der Hunger wird gestillt. Hört Archibald in der Ferne ein Martinshorn?

Thema: Thoughts From The Woods | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth