Beitrags-Archiv für die Kategory 'Musentempel'

Spuren. Suchen. Ilmenau. (Geheimrat edit)

Samstag, 22. Mai 2010 11:09

ilm2_1„Heraus in eure Schatten, rege Wipfel / des alten, heil’gen, dicht belaubten Haines / wie in der Göttin stilles Heiligtum / tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl / als wenn ich sie zum erstenmal beträte / und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher.“ Fremde, wohlklingende Worte. Wer sprach? Es war das Gespenst der Iphigenie des Herrn Geheimrat. Die zwei Reisenden standen vor der Grabplatte einer Mimin, der Schröterin. Diese hatte einst zusammen mit dem Geheimrat auf der Bühne gestanden, sie als Iphigenie, er der Orest. Offensichtlich hatte die Dame noch heute Verehrer, denn frische Blumen zierten die liebevoll gestaltete Grabplatte. Archibald dachte kurz darüber nach, ob er sich der Arbeit am Musentempel verschreiben sollte, verwarf den Gedanken aber sofort. Nein, solch Leben war ihm dann doch von zu vielen Unwägbarkeiten bestimmt und rechte Zeit zum Weltschauen ließ es auch nicht. Nee, lieber bin ich mein eigner Bär! Ernst Albert jedoch erinnerte sich mit Freuden daran, wie er im Jahr nach dem Fall der Mauern zwischen den BRÜDERN UND SCHWESTERN unter der Spielleitung eines Musentempelrecken aus dem Osten an einem Theater in Süden den Thoas gegeben hatte. Eine seiner schönsten Arbeiten überhaupt. Hunger meldete sich und der wollene Mantel, den er trug, begann an den Ärmeln zu tropfen, so hatte er sich mit Wasser vollgesaugt. Die Gespenster weinten. Ernst Albert teilte seiner Mutter mit, wo er sich gerade befand. Sie freute sich von ihrer Heimat zu hören. Und der Regen regnete wie jeden Tag in diesem fatalen Mai.

ilm2_2Sie stiegen hinab in den Ort, kleine Sturzbäche rechts und links des Weges begleiteten sie. Und da saß er auf einer Bank, erstarrt in Bronze und Kupfer. „Guck mal! Er schaut Welt! Wie ich!“, rief Archibald erfreut und sprang dem Geheimrat auf den Schoß. Er war sehr stolz einen so bekannten Kumpan gefunden zu haben. Und der Geheimrat flüsterte dem Bären ins Ohr, wie er einst von seinem Fürsten den Auftrag bekommen hatte, hier in diesem kleinen Ort die alten Bergwerke in Schuß zu bringen, wie er sich in den Ort verliebt hatte, wie, da die politischen Arbeiten in der Fürstenstadt – Dichter bleib bei Deinen Leisten! – ihn gar nicht mehr erfreuten, sondern lähmten, er öfters nach Ilmenau geflohen war, um wieder an seinem dramatischen Werke zu arbeiten, im Jagdschloß Gabelbach gleich um die Ecke seine Iphigenie vollendet hatte und gar – wenige Monate bevor er starb – an den Ufern der noch jungen Ilm seinen allerletzten Geburtstag gefeiert hatte. Dieser Ort war ihm lieb gewesen. Ein paar hochoffizielle Geheimratstränen kullerten über Archibalds Rücken. „Komm Archibald, gehen wir in die Kneipe, bevor wir hier absaufen.“ „Was ein Banause, dieser Ernst Albert!“, dachte der Bär und reichte dem Geheimrat zum Abschied seine Pfote. Hessen in der Fremde müssen zusammenhalten. Die Reisenden betraten ein Gasthaus. Hundert Elefanten begrüßten sie. Man bestellte. Zwei Bier. Zwei frisch zubereitete Thüringer Klöße. Sauerkraut. Schweinebraten. (Wieviel? Der Setzer) Zehn Taler. (Glaub ich nicht!) Doch! Und es war köstlich. Beim Verdauen belauschte man das Gespräch zweier Einheimischer, die am Tresen dem mittäglichen Biergenuß der Erwerbslosen huldigten. „Frare! Meenste do Euro überläbt?“ „Awer säbforschdänsch!“ “Sischer?“ „Glor!“ “Meenste wörglisch?“ „Och, sch sare daderrdsu nüschd mähr!“ “Nu! Un do Ballag?”

ilm2_3Die Henne ist das Wappentier von Ilmenau und der Geheimrat der Ortsheilige. Der Kickelhahn ist der Hausberg von Ilmenau und an seinen Hängen stand und steht eine Schutzhütte, das Goethehäuschen. Den Turm, der auf den Gipfel des Kickelhahns errichtet wurde und das Goethehäuschen hat man im Größenverhältnis WZA (Welt zu Archibald) wirklichkeitsgetreu nachgebaut und vor dem Bahnhof aufgestellt. Archibald setzte sich auf die Bank vor der Hütte. Er war durchnäßt wie ein dreifach begossener Pittiplatsch. Sind wir denn Radieschen? Egal! Einfach ignorieren! Er ging in sich, kam wieder heraus und reimte: „Über allen Gipfeln ist Ruh / In allen Wipfeln spürest Du / kaum einen Hauch / Die Vöglein schweigen im Walde/ Warte nur balde ruhest Du auch.“ Ernst Albert lachte und sprach seine übliche Warnung aus. „Hüte Dich vor Plagiaten! Doch stehle ungeniert und lasse es alle wissen! Dem Brecht war es recht!“ Sie erblickten ein Plakat. Eine Wählerinitiative namens „Pro Bockswurst“ lud zu einer Veranstaltung ein. Sie hatten es geschafft bei der letzten Wahl in den Rat der kleinen Stadt einzuziehen. Was es nicht alles gibt! Archibald war erfreut. Das ist Weltschauen auf hohem Niveau. Es erfolgte der Aufbruch! Schade!

“He, Chef! Du hast was vergessen!” “Was denn, Archibald?” “Du wolltest Deiner Schwester noch zum Geburtstag gratulieren!” “Aah! Danke schön, Bär. Liebe Schwester: Bitte schön! Und alles Gute!”

Thema: Eastward ho!, Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Ein Tag in einer Stadt im Osten

Donnerstag, 20. Mai 2010 11:58

„Auch wenn von einer früheren Vergangenheit nichts existiert nach dem Ableben der Personen, dem Untergang der Dinge, so werden allein, zerbrechlicher, aber lebendiger, immateriell und doch haltbar, beständig und treu Geruch und Geschmack noch lange wie irrende Seelen ihr Leben weiterführen.“ Dies hatte Marcel Proust einst geschrieben. Es sollte die Überschrift werden über die nächsten zwei Tage, die Archibald Mahler, Herr Ernst Albert und all ihre Gespenster gemeinsam verbringen durften.

weimar1_1Sie waren angekommen. Der Bahnhof lag auf einer Anhöhe am Rande der Stadt im Osten. Eine schnurgerade Allee führt hinunter in die Stadt. Der Himmel war grau, bleiern. Nach wenigen Metern rechter Hand das monumentale Denkmal eines Mannes, der vor sechsundsechzig Jahren von Vertretern der übelsten Sorte Aufrechtgeher, die jemals auf diesem Planeten gewütet hatten, in einem Vernichtungslager vor den Toren der Stadt hingerichtet wurde. Nach seinem Tod diente er der Jugend im Osten des Landes als Idol. Heute bleibt er Symbol für das recht kleinlaute Scheitern eines einst großen Entwurfs. Ernst Albert freute sich, daß man dieses Denkmal nicht – wie so viele andere in den letzten zwanzig Jahren – geschleift hatte. Sie erreichten das Zentrum der Stadt. Wunderbare alte Häuser, dezent restauriert. An jedem zweiten Haus hing eine Gedenktafel. „Hier wohnte, lebte, arbeitete oder ward geboren!“ Alles atmete Geist und Gesinnung. Zu Füßen des großen Schlosses im Herzen der Stadt: eine Talsenke, ein weitläufiger Park, ein Flüßchen. Archibald bat darum seiner Lieblingstätigkeit nachgehen zu dürfen: aufs Wasser zu schauen. Man kam der Bitte nach. Er ließ die Ilm an sich vorrüberfließen, gemächlich, milde. Ernst Albert sprach: „Eine knappe Bummelzugstunde flußaufwärts von hier, in der Nähe der Quelle des Flüßchens, wurde ich gezeugt.“ Gespenster huschten durch das Ufergebüsch.

weimar1_2Der Park weitete sich nach Osten hin. Am anderen Ende erblickte man ein kleines Gartenhäuschen. Der berühmte Geheimrat und Liebhaber der Grünen Soße hatte es vor über zweihundert Jahren des öfteren als Schreibstübchen genutzt. Archibald schloß das himmelgraue Häuschen sofort ins Herz. Warum Ernst Albert dieses Häuschen nicht auf der Stelle anmiete und mit ihm, Archibald Mahler, Denkbär im Osten, hier ein beflissenes und ruhiges Leben führe, wollte er wissen. Tja, daß dies so einfach nicht sei, wurde geantwortet. Außerdem ginge so etwas ohne Eva Pelagias Zustimmung auf keinen Fall. Und Ernst Albert erzählte, daß der Geheimrat einst die hessische Händlerstadt, in der er geboren ward, fluchtartig verlassen habe, weil ihn – nach eigenen Worten – „die Geldgier und Geistlosigkeit dort rasend machte.“ Er war dem Ruf eines jungen Fürsten an den Hof in dieser Stadt gefolgt. Hier wollte er seinen literarischen Elfenbeinturm verlassen und „das wirkliche Leben wirkend gestalten.“ Und tatsächlich, der Geheimrat mühte sich als Teilzeitpolitiker um Reformen. So arbeitete er Sparprogramme aus, die den doch sehr exzessiven Lebensstil am Hofe des stürmenden und drängenden Jungfürsten in gesündere Bahnen lenken sollten. Oberste Maxime war, daß „die Staatsausgaben stets unter dem Niveau der Einnahmen“ liegen sollten. Man muß nicht erwähnen, daß dem Versuch ein grandioses Scheitern folgte. Archibald dachte an die Türme der Gier und es schien ihm, als habe sich nicht viel geändert in all der Zeit.

weimar1_3Man erreichte den Musentempel. Dies war nicht irgendein Musentempel. Lange Zeit sah man in ihm – und manche tun das noch heute – den Musentempel des Landes schlechthin. Und so stehen, Arm in Arm, der Geheimrat und sein junger, schwäbischer Freund, Mitstreiter, Konkurrent und Kritiker vor dem Gebäude und blicken bedeutungsschwanger und Ewigkeit verheißend in die deutsche Ferne. Ernst Albert verschwand hinter den Mauern der heiligen Hallen. Er war auf Arbeitssuche und geladen, sich dort zu zeigen. „Halt mir die Daumen, kleiner Freund.“ Und Archibald sah die Aufrechtgeher unter den wachsamen Augen der zwei Klassiker hin und her schlendern und er drückte Daumen, so weit das bei einem Bären eben geht. “Toi, toi, toi!”, murmelte er vor sich hin. “Toi, toi, toi?” Wer hatte ihm das nur eingeflüstert?

Thema: Eastward ho!, Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Es ist ein Krug zerbrochen und wie Archibald zum Feierbiest wird

Dienstag, 4. Mai 2010 10:37

krug1Der Musentempel war ein altes und wuchtiges Haus im Herzen der Stadt. Oben saßen die Aufrechtgeher, welche die alte Stadt regierten und unten in einem kirchenähnlichen Kellergewölbe waren die Bretter aneinander genagelt, auf denen die zweibeinigen Gaukler ihrer Arbeit nachgingen. Die zwei Gefährten betraten einen klitzekleinen Raum. Zwei Spiegel, zwei Stühle, zwei Tische. Einige fremdartige Kleidungstücke hingen an der Wand. „Hier findet die Verwandlung statt. Warte! Bis gleich.“ Und weg war Ernst Albert. Archibald blickte das erste Mal in seinem Leben in einen Spiegel. Seltsam sich selbst zu sehen. Ein kleine Aufrechtgeherin betrat den Raum der angekündigten Verwandlung, erblickte den Bären, stieß ein spitzen Schrei der Freude aus und der Bär hatte für den Rest des Abends eine neue Patentante. Und er sah die Verwandlung. Vor seinen Augen wurde aus der Frau ein Mann, ein kleiner Mann in einem verbeulten Anzug, der einige Jahre auf den Schulterpolstern hatte, ein Bart wurde über die Lippe geklebt und alle weibliche Zierat von Aug und Wange entfernt. Der Keller füllte sich. Nach und nach trudelten die Mimen ein. Verwandlungen noch und nöcher. Alte Kleider, Hüte, bemalte Wangen, Fett in den Haaren und ein Zweibeiner ohne Haare auf dem Schädel klebte sich eine riesige blutige Beule auf denselben. Er sah aus, als hätte ein Grizzly versucht ihm die letzten drei Haare aus der Stirn zu streichen. Und Ernst Albert trug ein edles Tuch am Laib, wie es sein Hausbär selten an ihm gesehen hatte. Ein gestrenger Herr war er geworden. Unaufhörlich wurde geredet. Unverständliches, Silben, Rufe, fremde Worte, seltsame Witze, die Archibald nicht verstand. Hibbeligkeit, ein bißchen Hysterie und freudige Erwartung erfüllten die Gänge hinter den Brettern. Archibald wußte nicht recht, ob er als eher ruhebedürftiger Solitär ein solches Gebrumme und Gesumme jeden Tag aushalten würde. Draußen wurde geklingelt, einmal, zweimal, dreimal. Gespannte Ruhe. Es ging los.

krug2Und davon wurde erzählt: Ein Krug ward zerbrochen. Wer hatte ihn zerbrochen? Eine wütende Frau klagt an. Nicht nur der Krug sei zerbrochen, sondern auch die Ehre ihres bis zum gestrigen Tage reinen Töchterlein. Ein Rüpel ward in deren Kammer entdeckt, tobend und krugzertrümmernd. Der mit der Bärenbeule auf dem Schädel ist ein Richter und soll die Sach entscheiden, die Frau mit dem Bart schreibt auf, was alles gesprochen und Ernst Albert, als strenger Herr von auswärts, schaut zu und lenkt das Geschehen. Es wird gestritten und gehadert und gelogen, daß sich die Balken biegen. Archibald sitzt nicht unter den zuschauenden Aufrechtgehern. Aber hinter den Brettern, auf dem Tisch, vor dem Spiegel hört er mit. Ein kleiner Lautsprecher hängt über seinem Haupt. Er hörte eine Sprache, wie er sie noch nie gehört hatte. „Wenn Ihr die Instruktion, Herr Richter Adam / nicht des Prozesses einzuleiten wißt.“ „Da muß submiss ich um Verzeihung bitten!“ „Hier standen rings, im Grunde, Leibtrabanten / Mit Hellebarden dicht gedrängt und Spießen.“ „Und schicke freudig Euch, von wo die Ohren / Mir Kundschaft brachten, meine Augen nach.“ „Geh, Mutter, mag es werden, wie es will!“ „Schweig Du mir dort, rat ich, das Donnerwetter / Schlägt über Dich ein, unberufene Schwätzerin.“ „Sehr sonderbar, bei Gott.“ Archibald verstand anfangs kein Wort. Doch er gab sich den fremden Versen, dem ständigen Voranschreiten der altehrwürdigen Worte hin und so entpackte sich der Kern der Geschichte langsam vor seinem inneren Auge. Der Richter selbst war der Ganove, die Maid mißbrauchend, überrascht vom Rüpel, den Krug zertrümmernd und auf der Flucht seinen Klumpfuß unübersehbar in den Februarschnee drückend. Das bezeugte am Ende eine verrückte Frau mit fettigen Haaren und fast entblößtem Hinterteil. Das Spiel endete. Ratlos. Jede der Figuren auf den Brettern hatte gelogen, sein klein bißchen Welt verteidigt und sie gleichzeitig verloren. „Das ist ja richtig harte Arbeit, was Ernst Albert und die anderen da abliefern.“, dachte Archibald. Die Zuschauenden klatschten, lange und rhythmisch.

krug3Und dann wurde gefeiert. Und Archibald durfte dabei sein. Ernst Albert hatte ihn seinen Mitstreitern vorgestellt und ihm wurde ein herzlicher Empfang bereitet. Und das bekam Archibald mit: Es war offensichtlich das letzte Mal gewesen, daß man die Geschichte vom zerbrochenen Krug erzählt hatte. Und so ist es  alter Brauch während der letzten Erzählung Schabernack zu treiben und seine Mitspieler mit kleinen, mehr oder weniger gemeinen Überraschungen zu irritieren und zum Lachen zu bringen. Dies war wohl zu aller Zufriedenheit geschehen – zum Beispiel mit dem fast entblößten Hinterteil – und die Stimmung war prächtig. Unzählige Tabakstäbe wurden verbrannt, entspannende Getränke wurden gereicht und flugs verzehrt. Geschichten und Anekdötchen flogen umher. Damals, ach, damals, wie schön. Die Köpfe wurden geschüttelt, man begann zu tanzen. Die Mimen mochten einander und feierten das Auseinadergehen, wenn auch mit etwas Wehmut. Archibald schwirrte der Kopf. Die Konturen verschwammen in Rauch und Gelächter. Doch das gefiel ihm. Heute nacht war er ein Feierbiest. Als der Abend voran geschritten war, hörte Archibald Altvertrautes. Robert Zimmermann sang und Ernst Albert dozierte dazu. Wie zu Hause in der guten alten Höhle. Ja, es war höchste Zeit heimzukehren. Eva Pelagia und der geheime Fieberthermometerhalter warteten. Mach es gut, Heckerland!

Thema: Im Heckerland, Musentempel, Robert Zimmermann | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Wer zu lange schläft, den bestrafen die Träume

Samstag, 6. März 2010 0:28

Ernst_Albert2Kurz war Archibald wach gewesen. Er hatte sich etwas Honig auf das Zahnfleisch gerieben. Das weckt die Lebensgeister und hilft zumeist den lästigen Aufstehvorgang zu beschleunigen. Da fiel dem Bären ein, daß heute Samstag ist. Der Samstag war aber schon immer Bärenruhetag gewesen und so sollte es auch bleiben. Also drehte sich Archibald um und schlief wieder ein. Es träumte ihm von einem Männlein, das sich auf seinen Bauch setzte, ihm anschließend mehrmals den Kopf in den selbigen rammte, um dann grinsend zu fragen: „He, Bärenviech, weißt Du überhaupt, wer Ernst Albert ist?“. Als Archibald daraufhin sein Bärenhaupt schüttelte, sprach der kleine Störenfried:

„Ernst Albert ward geboren am 21. Mai 1859 in Thüringen und verstarb am 2. November 1936 zu Lübeck. Er war ein deutscher Theaterschauspieler und Biologe. Albert kam 1908 nach Lübeck, nachdem er über mehrere Jahre Teil des Ensembles des Herzoglichen Hoftheaters in Altenburg gewesen war und dort den Titel eines Hofschauspielers verliehen bekommen hatte. In Lübeck wirkte er vor allem als Charakterkomiker am Stadttheater und war zugleich als Entomologe für das Naturhistorische Museum tätig. Zeitweilig leitete er zudem als Intendant das Hansa-Theater. Darüber hinaus trat er als Verfasser humoristischer Bücher und Bühnenstücke in Erscheinung. Ernst Albert, über den zahlreiche Anekdoten existieren, war eines der Lübecker Stadtoriginale der 1920er Jahre. Bekannt war er als Zylindermann, da er fast immer einen Zylinder trug, in dessen Innerem er gerade gefangene Insekten auf einer Korkplatte aufgespießt bei sich führte. Der Zylinder war so typisch für ihn, daß er ihn gelegentlich auf die Straßenbahnschienen legte, um auf diese Weise den Straßenbahnfahrer zu bitten, einen Augenblick zu warten, während er noch in einem nahen Geschäft etwas kaufte. Obwohl Ernst Albert sich in Lübeck bewußt als operettenhafte Persönlichkeit in Szene setzte, galt er in Fachkreisen als anerkannter Insektenkundler, der unter anderem als erster das sporadische Vorkommen potentiell malariaübertragender Arten von Stechmücken in Norddeutschland dokumentierte.“

Auweia! Archibald erwachte. Was war das denn? Dreimal Potzrembel und Sapperdautz! Was war in dem Honig drin gewesen? Mein Gott, es war högschte Zeit aufzustehen und der Welt ins Antlitz zu schauen, auch wenn da draußen morgen die Hand Gottes drei Meter Schnee aufgehäuft haben sollte. Denn: wer zu lange schläft, denn bestrafen die Träume. Wie sagte schon Boo Boo immer: “Yogibär! Der Förschter kommt!”

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth