Beitrags-Archiv für die Kategory 'Küchenschypsologie'

Archibald Mahler kehrt heim / Thesen / Aussicht

Mittwoch, 29. April 2015 16:38

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Da saß sie die SIE, schwenkte Bein, starrte blond, plastikpuppte monoton, aber sehr freundlich, zahngrinste hübschgesichtig vom Küchenschrank hinab in die nächtliche Leere, drunten auf dem Küchentisch zog seit Stunden ein Tee vor sich hin, den wer vor der Bettruhe aufgegossen, dann ihn aber von Hypnos vorzeitig in die Laken gesandt vergessen hatte, der Herr Budnikowski zeigte Schulter und schwieg wohlgelaunt, Herr Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, heimgekehrt und mit einer ihm schwer unter dem Herzen dräuenden Frage belastet, wunderte sich, aber auch er schwieg, wohlgelaunt kaum, dennoch nicht gänzlich missmutig, eher besorgt auf Grund der unerwarteten Neuerung. Dazu sollte man wissen, daß ein Bär, dessen Leben schon einen radikalen Einschnitt (Das abbe Bein!) bereit gehalten hatte, kein großer Freund unliebsamer und (vor allem dies!) nicht angekündigter Neuerungen ist, sondern ein gewisses, vorrangig stabiles Gleichmaß und gesittete Alltäglichkeit bevorzugt. Dennoch schwieg er, genoß – beinahe – das Schweigen und die Absurdität der neuen Sitzsituation. Wie nun vor dem Küchenfenster Eos ihr Haupt erhob den neuen Tag zu grüßen und der Spatzen Chor die ersten Strahlen des Lichts begrüßte, hob der Herr Budnikowski an zu sprechen.

„Das Dasein eines Bären, der zum Intellektuellen sich hin neigt, besteht darin, daß er Grundfragen nach der Existenz stellt, daß er die Welt problematisiert und Unruhe stiftet – in anderen und in sich selbst. So schafft er keine Geborgenheit – zumindest nicht primär – und er ist nicht geborgen! Ein solcher Bär zu sein, heißt eigentlich allein, einsam zu sein!“

„Da sprechen Sie recht. Woher aber dies? Haben Sie in meinem Kopp Urlaub gemacht!“

„Angesammelte Zeit verbracht in einer gewissen Nähe – auch wenn vom Solitär nicht unbedingt gewünscht – gebiert manch sinnangereicherte Erkenntnis, lieber Herr Mahler!“

„Dann weiter im Text!“

„Der Zustand des Ungeborgenseins ist, auch weil der intellektuelle Bär, allen Anfechtungen einer sich ändernden Realität zum Trotz, wie ein Zinnsoldat, der nicht schmelzen mag, in der Hölle seines Denksystems verharrt, weil er will und muß (These!), also ein schmerzhafter und auf Dauer den schon vorhandenen Leidensdruck potenzierender Zustand. So mag es geschehen, daß bär, um einmal Geborgenheit zu erleben, den Intellekt verrät…“

„Meinen Sie sich über alle Maßen über die gestrigen Ausrutscher zu amüsieren, hömma?

„… vielleicht auch dies, also bär sich also einer Oberflächlichkeit hingibt, ja, also dies auch sollte, weil also… und deshalb… Kapierste?“

„Wie deshalb?“

„SIE! Genau! Angenommen mal die Welt wäre blondiert, überpinselt, weil man es auch so will, friedlicher, koloriert, das Häßliche könnte man nurmehr mit dem eigenen Rücken betrachten, Fluchtreflex und Selbsterhalt, und es zieht einen hinan und hinweg, das Ewige, Schöne, Weib, also…“

„Kann es sein, Sie verlaufen sich gerade im Dschungel Ihrer Theorie?”

„Therapie! Und Metapferd! Quatsch! Metapher! Metapheromene! Sie, Herr Mahler, nehmen Sie die SIE als Metapferd und also reiten Sie auf dem Rücken der Schönheit SIE – als Metapher – hinaus aus der Schmorhölle Denksystem Mahler und atmen ein frische Metapheromene und so weiter!“

„Ich will aber keine Freundin, Budnikowski!“

„Meine ich doch auch nicht, ich dachte nur an eine Antwort auf die Frage, die unter Ihrem Herzen dräut! Alles kein Problem.“

„Wie?“

„Ich mache es für Sie. Kein Problem!“

„Woher wissen Sie?“

„Sagten Sie nicht, ich hätte in Ihrem Kopp Urlaub gemacht?“

„Ja, ich sagte dies!“

„Eben!“

(Fortsetzung folgt)

Thema: Archibalds Geschichte, Back in Town, Hömma, wat ich grad am Denken bin, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Sechster Brief an den Ehrenwerten Herrn Albert

Freitag, 24. April 2015 12:59

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Sehr geehrter Herr Ernst Albert,

das mit dem Steuern wird bei mir wohl nix. Nach reifender Überlegung. Quatsch. Wenige Sekunden nur der Vorstellung: Archibald Mahler vor oder hinter einem Lenkrad: Angstperlen auf der Bärenstirn am Bärenkopp. „Was hast Du im Schädel? Dreck oder Stroh? Bist Du so dumm? Oder tust Du nur so?“ Nein, bester Herr Ernst Albert, nicht Sie meine ich mit diesem uralten Reim von Wolf B – mann, keine Beschimpfung ob meiner Verpflanzung aus der Anonymität in das karge Licht der beschauten Welt sei dies, nein dies ist lediglich Selbstbeschimpfung des Bären und geschuldet einer allgegenwärtigen Traurigkeit, die beim Schauen auf Dinge entsteht und wuchert, wenn man nicht aufpasst. Zurück zum Lenkrad. Wie gelingt dies den Aufrechtgehern – den meisten (Die Freiheit soll es ja sein, die Freiheit des Bürgers!) – vor und hinter den Lenkrädern auf den Betonbahnen, die Wald, Flur, Stadt und Wege zerschneiden, durchfurchen, schreddern, daß einem schlendernden Bären ganz bange werden mag: das Gas anbeten und alle Bremsen verachten? Und dann (Bummelant! Verkehrshindernis! Macht das weg, das Störding, das lahme!) auch noch: der Überholvorgang. Zahn auf Zahn knirschend, kiefermahlend selbstgerecht. Da möchte ich kein Hinderlichbär sein. Mein Tempolimit wäre fünfzehn Kilometer in der Stunde. Man darf nur so schnell fahren, wie der Liter Treibsaft kostet, das heißt eigentlich wirklich wert sein müßte. Aber das macht mal mit Euch selbst aus, die ihr Leib und Kopp in Blech geschneidert, von Licht, Luft und Verantwortung abgenabelt, die sagenumwobene Zeit zu sparen. Da denke ich ja gerne mal drüber nach zwischen Hölzchen und Schaltstöckchen: wie macht man das: Zeit sparen? Gibt es da Büchsen für? Zinsen? Spart man da eher im Fond? Oder im Heck? Teufel aber auch! Ein Boot vielleicht würde ich wohl lenken wollen. Wer über Bord geht, darf zumindest versuchen, an Land zu schwimmen. Aber braucht man da nicht einen Schein? Überall sind Scheine. Und ich habe keine. Ich mag auch keine haben wollen. Und machen schon gar nicht. Machen tu ich braune Haufen oder Wortberge. Und die sehen sich manchmal verflucht ähnlich. Aber es muß raus. So ein geplatzter Bär sieht auch Scheiße aus. Ich schweife weg. Und deshalb ist das auch mit dem Lenken nichts für mich. Der geschlagene Haken ist mir wichtiger als der eilige Hintermann. Apropos Haken: vielleicht mach ich jetzt einfach heeme und frag den Budnikowski, ob er sich mal für mich ans Steuer setzt und für mich aus dem Fester schaut und mir sagt, was er so sieht. Kommentieren kann ich das dann schlaubärenhaft immer noch. Selbstversuch. Gefilterte Ahnung. Fremde Sicht. Weniger Worte. Den Zweifel fressen. Ob ich dem Hasen auch glauben will? Kann? Solitärer Monobär, der ich am liebsten am eigenen Pöter rumkratze? Bevor das sich jetzt zur Selbstgeißelung auswächst, will ich den Schritt gen Heimat lenken. Morgen soll es ja auch regnen und winterschlaflos, wie ich dieses Jahr in den Lenz tapere, fröstelt mich schnell und ausdauernd. Ist das eine gute Idee. Sie könnten mir eigentlich auch mal schreiben, Herr Albert. Oder?

Bis dahin mit allerherzlichstem Bärengruß. Und nicht vergessen: Ein Leben ohne Führerschein besänftigt.

Ihr Herr Archibald Mahler

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Ein fünfter Brief an den Ehrenwerten Hr. Albert

Dienstag, 21. April 2015 20:39

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Sehr geehrter Herr Ernst Albert,

man spricht gerne vom Blick, welcher irgendwo hängen blieb. Woran dann? Griff etwa der Gegenstand einer wohlwollenden oder notwendigen (meint man gerne) Betrachtung nach einem vorbeihuschenden Blick seiner Wahl? Forderte er so uneingeschränkte Zuwendung? Ließ dann einfach los auf Grund mangelnder Hingabe? Fehlender Konzentration? Oder war es die ewige Blaupause im Kopp, welche dermaßen prägt, stempelt und lenkt, daß der Blick nicht mehr frei schweift, sondern im Vorselektier – Modus und so wohl ohne Bewußtheit seiner selbst sich stürzt auf das, was er erhaschen soll, in Erwarten fast schon vorfinden muß, um seiner Blaupausigkeit willen. Und dann verkaufe man dieses Ergebnis als Neuigkeit! Da blieb ich hängen! Sieh an, schau her! Nun ist ja ein neuerlicher Krieg, eine zum Abendbrot gereichte Katastrophe, der nächste neue Clown an der Außenlinie nichts wirklich bahnbrechend Neues, aber hingeschaut werden muß. Sofort! Wirklich? Ist es nicht schon wieder mal zu spät, viel zu spät? Aber die Neugierde, die heute – bewußt? – gerne zur Neugier verkürzt wird, sie reckt den ewigen Schwanenhals. Will ich sehen, was zu sehen ich vorgebe? Da wird eine weitere Katastrophe beblickt, entsetzt als hätte man sie gestern erfunden und gleichzeitig ist man aber in der Lage den Weg, der dorthin führte, genauestens zu beschreiben. Im Garten Eden war es auch zu langweilig. Man hätte verzichten müssen. Auf die Neugierde. Die wächst und wächst und ob dieser lange Schwanenhals immer so dolle ist? Geschnüffelt wird ja gerne. Man weiß von manchem, der sogar in Tagebüchern vertrautester – eben drum wohl – Genossen rum geschnüffelt hat. Heute reicht ein moderner Fingerwischer und wer da alles noch mit schnüffelt, weiß keiner so recht. Man veräppelt sich gern und gerner selber. Was machst Du grade? Wo bist Du grade? Was denkst DU so? Was denke ich gerade? Wo war ich? Was soll ich tun, wenn sie mir über den Kopp wächst, die neuGIER. Ich wollte doch nur aus dem Fenster schauen und mich interessiert lediglich, wann die Lachse mal wieder die Gießener Fischtreppe hochklettern und ob man Bären, die dann dort fischen, gleich mit wegfischt wegen Kompetenzüberschreitung und wegen ohne Genehmigung und so. Und wie ist die Prognose für die diesjährige Blaubeerenernte? Das interessiert mich. Aber dann hüpft man von Hölzchen auf Stöckchen und wird planlos verwirrter und erregt sich und der Blick vibriert. Das ist doof. Und was ich, bester Herr Albert, immer noch nicht raus gefunden habe, ob die Dinge mich rufen oder ich auch schon so vorsortiert bin im Kopp und ob am Ende überhaupt ich derjenige bin, der da guckt aus mir raus oder nur so ein leerer Reflex mich vor sich her treibt. Und falls was Anderes und Fremdes aus mir raus guckt, was und wer ist das? Ist es mein altes Leben? Das vor dem abben Bein? Jetzt nach Jahren? Wo will das hin? Will da was hin? Ich glaube, ich sollte eine Denkführerscheinnachprüfung beantragen. Mit Guckseminar. Als Versuch nur. Klingt das brauchbar, bester Herr Albert? Also den Schwanenhals lasse ich erst mal einschrumpfen. Und such mir ein Steuer.

Bis dahin mit allerherzlichstem Bärengruß. Und nicht vergessen: Nicht jeder Spiegel ist ein Lügenbeutel!

Ihr Herr Archibald Mahler

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Ein vierter Brief an den Ehrenwerten Hr. Albert

Montag, 20. April 2015 21:00

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Sehr geehrter Herr Ernst Albert,

als hätten Sie sich lediglich gebückt, nein, ziemlich exakt fünf Jahre nach meiner Bergung setzten Sie mich an mein erstes Fenster. Schauen sollte ich. Ich tat’s. Warum? Nun, zwei Augen habe ich im Kopp und hielte ich jene unentwegt geschlossen, dürfte man mich nicht weiter Bär nennen, sondern sollte mich Olm, Maulwurf oder Hamm heißen. Und was schaute ich also dann? Die Welt. Klein erst, weiter dann, länger auch, auswärts und wieder nach innen und nah. Die Welt? Ich? Die eine Welt? Da dieser, der vierte Brief ein überschaubarer soll bleiben, will ich hier nicht weiter in den Beeten der Bedeutung rumhacken wie eine durchgeknallte Amsel und allzu ausführlich berichten von all diesen gefilterten und ungefilterten und bedachten und unbedachten und zwanghaften und freien und viertelwissenden und scheinempathischen und gelangweilten und aufgeregten und tobenden und gähnenden und traurigen und teilenden und egomanen und oberflächlichen und manchmal dümmelnden und wieder und wieder schrecklich belanglosen Blicken, welche ich auf diese gefilterte und ungefilterte und bedachte und unbedachte und zwanghafte und freie und viertelwissende und scheinempathische und gelangweilte und aufgeregte und tobende und gähnende und traurige und teilende und egomane und oberflächliche und manchmal dümmelnde und wieder und wieder schrecklich belanglose Welt warf in all meinen Ein – und Auslassungen. Besser: die Blicke, welche man vielleicht aus mir heraus warf. Weil: war ich es denn wirklich selbst? Ist mein Kopp mein eigener Kopp oder nur ein ferngesteuerter Apparat mit getrübten Sehschlitzen? Eine wohlfeile Reflexmaschine? Und wer war der Werfer? Wer warf all diese Blicke durch meine auf die Welten in mir und außerhalb meiner gerichteten Augen, wer warf durch mein unruhiges Linsen hindurch mit schwungvollem Arme alle diese Blick hinaus? Und wichtiger: wer warf das zurück auf meine Linse, was mir dann blieb im Kopp und später wurde Wort, Wörter und wieder Wort? Wirft überhaupt wer irgendwas und irgendwo? Gibt es einen Plan? Kann man von Absicht sprechen? Gibt es etwas jenseits des Versuches den Pudding Welt sich an die Backe zu nageln? Und, bester Herr Ernst Albert, verfolgten Sie denn einen Plan, als Sie mich ans Fenster setzten? Was war die Absicht? Bekenne, Mahler, bekenne er? Pustekuchen mit Sahne und Lachskonfitüre auf Toast! Was ich sagen will? Lieber Herr Albert, jeden Morgen erwache ich und bin mir ein Fremder. Und jeden Morgen läuft mir eine der vielen Welten vor die verschlafene Nase und will beäugt werden. Sie bleibt mir fremd. Immer wieder auf ein Neues. An manchen Morgenden, wenn ich mir selbst ein Näherer scheine, begrüße ich mich freundlich, duze mich sogar und eine der vielen, gerade vorbeihuschenden Welten hebt grüßend den Arm und winkt mir zu. Wie diese chinesischen Glückskatzen. Dann freue ich mich. Den anderen Morgen mag ich nur schlafen. Einen ewigen Winterschlaf. Da kann zurück werfen, wer werfen mag und was immer auch. Aber dies ist seltener. Das mit dem ewigen Schlaf. Das gestehe ich hier und Ihnen. Meist blickt mir die Neugier über die Schulter, reckt ihren Hals wie ein Schwan auf Patrouille und ich – oder wer immer das tut – schaue weiter hin und wieder. Das wollte ich Ihnen kurz (na ja!) mitteilen. Das nächste Mal schreibe ich dann vom Schwanenhals und was das macht mit einem Bären. Sonst fehlt mir weiterhin ein Plan. Gut so. Oder?

Bis dahin mit allerherzlichstem Bärengruß. Und nicht vergessen: Viele Welten werden gerne übersch(w)ätzt!

Ihr Herr Archibald Mahler

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Ein zweiter Brief an den Ehrenwerten Hr. Albert

Freitag, 10. April 2015 9:15

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Sehr geehrter Herr Ernst Albert,

heute ein geschriebener Brief von den ungeschriebenen Briefen, den nicht abgesandten Briefen (verfasst oder auch nicht), den Briefen, die niemals Antwort finden, den Briefen, die keiner mehr schreibt und vom traurigen Briefträger noch. Die Sonne scheint. Dieser Brief wird nun verfasst. Das ist nicht besonders mühsam, so mühsam aber wie jede Überwindung hinzu etwas mühselig sein mag. Über Unüberwindbares kann ich jedoch nichts notieren. Die Sonne erwärmt den See heute schneller als erwartet. (Briefe und Erwartungen – davon aber heute nicht!) Manchmal ist mancher faul und ich sehr. Noch öfters ist die Feigheit das Motto des Tages. Und wie oft man haarscharf am Zustand fataler Dummheit vorbeischrammt, falls man überhaupt vorbeischrammt, davon heute ein Schweigen angesichts der Sonne. Briefe sind anstrengende, fordernde Zeitgenossen. Das ist positiv zu vermerken. Das Verfassen nimmt sich Zeit, fordert sie vehement ein. Wie gemächlich flink ein Füller übers Papier tanzen kann und dabei lacht über das larmoyante Gejammer mancher der Altvorderen, die unter den Anforderungen der Schule ach so entsetzlich litten. Der Brief also. Das Nachsinnen müssen oder zumindest sollen darüber, ob das Gekrakelte Bestand haben wird unter den Augen des Anderen. Die Zeit, die eingefordert wird, um Briefmarken zu erwerben, den Brief zum Kasten zu tragen (Tja! Wo isser denn?), die Wartezeit, die verbracht wird. Erreicht der Brief sein Ziel? Gibt es eine Antwort? Wochen, Monate, Jahre mögen da ins Land ziehen. Gelegentlich liest man von Briefen, die einer Verstorbenen zugestellt werden, um sie über den Tod des Gefährten auf den Feldern der Schande zu unterrichten. Hier entfällt der Antwortbrief. Und – ach – wie viele Briefe werden nicht geschrieben, eventuell im Kopp hin und her gewälzt, buchstabiert, gewütet, eingestampft, im Papierkorb gesucht, geglättet, geknüllt, vergessen, versoffen, verdaddelt, verworren, feige, vernünftig, sinnlos. Wie oft jagt der Stift erzürnt, entflammt, vergeblich werbend, baggernd, fluchend, suchend, verwünschend, fürchterlich vergeblich hoffend über die Zellulose. Von Bewerbungsschreiben gar nicht zu reden, lediglich von den Regenwäldern des Privaten. Dieser Brief hier wird geschrieben ohne ein großes nachsinnendes Hadern. Natürlich arbeitet der Kopp, aber der Füller ist frei und das Unterbewusstsein jagt ihn vor sich her, rasch und den Fehler suchend. Weil er spricht von den Sachen, die man sagen muß, bevor man spricht. Adressat ist ein Selbst und das nörgelt nicht rum. Theoretisch Die schlimmsten Briefe sind aber die, welche gar nicht mehr geschrieben werden, weil der Finger nur mehr über Tastaturen und Bildschirme huscht, die Rechtschreibung massakriert wird, während alle Tempolimits des Denken überschritten werden und die notwendigste Zeit, welche ein Hinwendung zum Gegenüber fordert, ignoriert wird im Sog der Selbstoptimierung. Der Rücken ständig gekrümmt, der Blick auf den Boden genagelt und eine Antwort bitte sofort, sonst schmollt und fällt der Kin(n)derladen. Und eben noch die traurigen Briefträger, die keine Briefe mehr tragen, die man Briefe nennen darf, Werbebotschaften nur noch, Forderungen der manischen Warenaustauscher, Amtliches vielleicht und so stehen sie vor anonymen Schlitzen und vorbei die Zeit, wo der Zusteller wußte, daß jener Brief wird er dem Kasten entnommen, ein Herz zerbricht oder es jubelnd aufsteigen lässt. Und so erreiche ich den vorläufigen Schluß meines Briefes und schreibe Ihnen, lieber Herr Ernst Albert, daß ich mich freue vor nun bald zehn Jahren Ihre Bekanntschaft gemacht haben zu dürfen, als ich mit einem abben Bein auf dem Brandplatz lag und der Unausweichlichkeit meines Schicksals harrte und sie sich bückten. Als nächstes, wenn der eigentliche Brief beginnt, will ich von Fritz Lang und seinem Freund Peter berichten.

Bis dahin mit allerherzlichstem Bärengruß. Und nicht vergessen: vor der Tastatur den Entwurf mit Füller aufs Papier!

Ihr Herr Archibald Mahler

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Ein erster Brief an den Ehrenwerten Hr. Albert

Mittwoch, 8. April 2015 10:43

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Sehr geehrter Herr Ernst Albert,

heute morgen bin ich zuerst mit meinem ehemals abben Bein aufgestanden. Das ist schmerzhaft, da auch die Nächte noch sehr frisch sind jetzt im Jahr. Offenbar nistet sich kalte Luft nächtens unbemerkt im Narbengewebe ein und versucht dann mit der aufkommenden Helligkeit und der nachrückenden Wärme die Hautwucherungen wieder zu verlassen. Der Austausch von Kälte gegen Wärme scheint demnach meist mit Schmerzen verbunden zu sein. Das macht jegliches Aufstehen etwas fragwürdig. Kein Ziel aber erreichbar ohne einen gewissen „amount“ – es gibt für dieses schöne englische Wort, welches den Teil des zu besteigenden Berges in sich trägt, keine entsprechend redende deutsche Übertragung – an Weh. Leben definiert sich so vielleicht als eine nicht enden wollende Trainingseinheit und ein Ziel bleibt – nehmen wir die unvermeidliche Rückkehr zum Anfang mal beiseite und verdrängen uns ins Ewige – unbestimmt. Das schoß mir heute morgen ins ehemals abbe Bein, als ich in bleierner Frühjahrsmüdigkeit – Ja, der Winterschlaf fehlt mir, mein Herr! – das bestiegene Lager verlassen wollte, um Ihnen den lange versprochenen Brief zu schreiben. Damals, als Sie mich zu sich riefen im noch blattlosen Wald hinter Kinzenbach, nachdem ich vom fliegenden Teppich gefallen war, anreisend aus dem kalten, aber freundlichen Norden. Sie schienen mir etwas wirr damals und ich wollte helfen. Vielleicht wußte ich in jenen Tagen, was ich Ihnen berichten wollte, heute aber ist es vergessen in meinem Kopp. Sonst auch. Selbst in den Narben. Oder ich hatte es nie gewußt. Nur so getan. Vielleicht eine Ahnung, ein Geruch, vorüberziehend und leicht. Oft scheint mir, alles was ein Tag zu meinen Pranken liegen lässt, ich werfe es des Nachts hinein in das Große Loch Meines Vergessenwollens. Oder ich finde Gefallen am blinden Säen und ziehe den wahren Genuß aus der sehnsüchtig erwarteten Überraschung, wenn nach langen kalten Wochen unbestimmtes Grün aus der Erde schießt und ich weiß nicht was es sein wird im Sommer, der vielleicht. Ich könnte Ihnen also schreiben, daß Bären keine Pläne machen, sondern wilde Beete. Daß Bären keine Rabatten wollen und Pläne nicht, weil sie die nicht machen können. Oder wollen. Oder besser doch nicht können. Und das muß man dann aber auch wollen. Aushalten. Sonst pocht und atmet die Narbe nicht nur auf Grund der aktuellen Kälte. Nun aber schaue ich auf den Launsbacher See und studiere wie dieser die aufkommende Wärme aufsaugt. Dabei denke ich über die Fortsetzung meines langen (vielleicht) Briefes nach.

Bis dahin mit allerherzlichstem Bärengruß. Fünf Krallen sind eine Tatze!

Ihr Herr Archibald Mahler

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Mr. A. Mahler träumt tageweise ins Buch / sechs

Samstag, 1. Februar 2014 16:01

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Und dann träumte Mahler, er verlöre sein Fell. Er war unterwegs, er hatte es eilig, oder besser: man hatte ihn eilig. Reisetraum. Unterwegs. Ziel vergessen. Oder keines angestrebt. Wer träumt, deutet nicht den Traum, den er träumt. Aber Mahler ahnte träumend, daß ein Mahler ohne Fell kein Mahler mehr ist. Was dann? Ein Fisch? Ein Bärfisch? Ein Fischbär? Eine Reinkarnation? Wiedergeburt als Lachs, der dann von Bären zerlegt wird? Herr Ober, zahlen bitte? Dann wurde der Traum entschieden enger. Zwei eitle Arschkrampen – das darf man schreiben; wenn man schwarz – weiß geträumt hat, lieber Leser – zwei eitle Arschkrampen also, mit denen Mahler in seinem früheren Leben zu tun gehabt haben mußte, grinsten ihn an. Unentwegt. Arschkrampen in Träumen grinsen immer blöd. Oder schießen in der 98. Minute noch ein Tor und dürfen zur Belohnung an der Freundin des Unterlegenen rumfummeln. Mahler aber hat keine Freundin, noch nicht mal im Traum. Wenn ihm das Fell abhanden kommt in Gänze, wars das eh mit dem anderen Geschlecht. Als Delilah dem Samson das wallende Haupthaar abschnitt. Mahler reicht einem der Arschkrampen den Vertrag. Da steht es doch. Schwarz auf weiß. Mahler hatte gelernt: was steht, das steht. Schwarz auf weiß. Vertrauen! Im Traum. Wann? Damals? In wessen Namen? Mahler geht weiter. Alle, die ihm entgegen kommen, grinsen. Auch diejenigen, welche keine Arschkrampen sind. Die Gehwege werden weggeklappt. Die Straße, auf der Mahler fellfrei traumwandelt, wird schmaler. Rechts und links des Steges steigt abendliche Warmluft auf, Dohlen spielen mit der Thermik, singen und schwingen. Leicht. Es abgründelt. Mahler wedelt mit einem Schriftstück, er besteht darauf, daß er den Vertrag genau gelesen habe. Auch das Kleingedruckte, Du Fisch? Gewiß und schwarz auf weiß. So habe ich das gelernt. Von wem? Dann träumt Mahler, daß er aufwacht und fürchterlichen Muskelkater hat. Der Traumschleicher Budnikowski steht neben ihm und schlägt ihm unentwegt die kleine weiße Pfote auf seinen Oberarm. „Hömma, BVB hat gewonnen.“ Mahler dreht sich um, schläft weiter und träumt davon, das Fell des Bären unter den Gerechten zu verteilen. Vor der Zeit, natürlich. Und dann steht er im Foyer eines Musentempels. Warum grinsen heute alle in seinen Wintertraum hinein? Und wer? Ernst Albert oder die Arschkrampen?

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Mr. A. Mahler träumt tageweise ins Buch / vier

Montag, 20. Januar 2014 17:05

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Es fasst mich etwas an, denkt man im Sinne der Klassiker und erwacht. So Archibald Mahler again während des diesjährigen Winterimitats auf der Suche nach dem Schlaf. Meist wird man ja von innen heraus erschreckt, meint aber gewiß außerliche Berührung zu spüren oder gibt der Matratze oder dem Wetter die Schuld, verlegt so küchenpsychologisch den inneren Schrei auf eine Außenhaut und vermutet einen fremden Biß. Doch heute in der Nacht war es andersrum. Eine weiße Pfote griff nach Mahler – das Ziel sei nicht näher beschrieben – die Pfote nun war nackt und trotzdem befellt und laberte ohn’ Unterlaß von der Pöhlerei. Mahler, als erklärter Laie in Sachen Fanatismus, trat heftig um sich und statt roter Karte erhielt er einen Kuß, immer noch nackt und befellt und dann war man auf der Flucht. Also der Küssende haute ab, hakenschlagend wie ein Hase. Bei Mahler dämmerte es. Der ewige Budnikowski, wer sonst soll es sein und buchstabiert ein halbwegs Denkender das Wort Pöhlerei, so steht da auf seiner Schiefertafel: Eskapismus. Hallo fremde Pfote, sei gegrüßt! Und es blieb weiterhin ein Traum und Mahler röchelte weiter, als der ewige Budnikowski plötzlich auf ihm liegt und es den Bären wohlig und feucht erschauert. Hatte er deshalb gestern nächtlich liebesgedichtet? Dann fährt der Traum um die eine Ecke und findet statt im fernen Brasilien. Ein Rasengeviert ist braun und es staubt und auf den Rängen ist es leer, aber auf dem braunstaubenden Festplatz liegen weinend hübsche junge Burschen und heißen Silva di Eduardo Renaldo Thiago von Nascimento oder einfach nur Zico oder Chico oder Mario Müller und schlagen ihre schwitzenden Fäuste in den Staub und um sie herum tanzend weißbehemdete blonde Recken, aber Mahler hat plötzlich schwarze Haare am Kopp – die Frisur sitzt -  und einen högschtwahrscheinlich sauteuren Kaschmirschal kunstvoll über sein weißes und eng und anliegendes Hemd geschlungen, neben ihm grinst der kleine Klassensprecher Kuno Budnikowski, reckt einen riesigen Pokal in die flimmernde Hitze einer Sambanacht und ein grinsend nacktoberkörpiger spanischer Türke aus Gelsenkirchen zwickt den Mahler ständig in den schwitzenden Pöter und ruft: „Jetzt sag es doch! Jetzt sagt es doch! Los!“ Und Mahler mit Schal und Budnikowski mit Hasenzahn, der eine schneller, der andere etwas lahmer, hüpfen in den Pokal und der Pokal schwimmt im Atlantik und es ist wie am Ende eines James Bond – Films, Champagner perlt und Rum, der Jesus von Rio will noch mahnend den Zeigefinger in die Luft recken, aber da war ein Blitz davor und aus dem Pokal tönt es: „Wir sind ein Paar!“ Und schon wieder ist es dem Mahler feucht zu Mute, aber nun auf der Stirn und er sitzt in einem Autobus, der fährt von Konstanz nach Kreuzlingen und weiter in die Schweizer Berge, weil da irgendwo olympisches Skifahren ist, da freut der neue Traum des Bären sich drauf und alle Bürger hinter der Grenze haben rote Hemden an, darauf weiße Kreuze und freuen sich auch, aber Mahler hat vergessen eine Fahrkarte zu lösen. Sonne Hureschieß!

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Ein Mahler macht noch keinen Winter(schlaf) 05 Weihnachtssonderspezialausgabe Ende Zwozwölf

Samstag, 22. Dezember 2012 17:52

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„Mahler? Tatsache!“

„Genau. Eine Tat und eine Sache ist weg!“

„Aber ein Baum ist eher keine Sache!“

„Technokraten, Herr von Lippstadt – Budnikowski von und zu Datteln!“

„Mein voller Name wieder. Dafür Dank. Ja und seufzend: Technokraten!“

„Das wüste ist…“

„Heißt es, Mahler, nicht die Wüste?“

„Gewiß, es redet von der Leere! Beides. Wüste Tat die Wüste schafft.“

„Aber die Sahara ist doch toll!“

„Da erwartet auf der Düne niemand einen Baum. Nicht mal der kleine Prinz.“

„Man hat die Leere behängt. Golden glitzert eine Kugel.“

„Lametta auch! Man hat’s gefunden. Budnikowski?“

„Ich höre!“

„Ich meine mich zu erinnern! Es gab schon Weihnacht, die ich nicht verschlief!“

„Und wo, Gefährte der Gedanken?“

„Zu Ilmenau und Thüringen und Goethe spielte Saxophon!“

„Er trank nicht roten Beaujolais?“

„Ich weiß es nicht, doch gab es Schnee!“

„Sie kommen mit, mein Seelenbär?“

„Auch wenn das baumfrei Herz mir schwer!“

„Dann auf und runter von der Trauer!“

„Das Jahr es endet feucht, ich rieche Schauer!“

„Vielleicht ein Lied noch!“

„Ganz gewiß!“

„Und welches dann?“

„Wir hören dies!“

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LETZTE FRAGE / VORLETZTE ANTWORT 5

Mittwoch, 23. November 2011 12:38

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Fast vergessen. Noch eine letzte Aufgabe. Die Neue Aufgabe! Ja, die neue Aufgabe also. Wie war noch mal die Frage?

„Warum habe ich eigentlich Eltern?“

Seltsame Frage. Doch bedenken wir, es naht der Aufrechtgeher wichtigstes Fest. Überall auf den Tannenspitzen. Weia! Das Fest! Tja, was soll man auch klagenfragen, wenn die Kühlschränke gefühlt sind und so genügend Zeit für Langeweile vorhanden ist. Lassen Sie mich raten! Sie wären gerne ein freies Wesen? Ein glückliches Wesen? Ein von allem Unbill der Aufrechtgeherexistenz abgekoppeltes Wesen? Sie wären gern ein Anderer, kommen aber leider nicht dazu? Schon gar nicht in der Vorweihnachtszeit? Weil, ja, genau weil? Wegen denen? Richtig! So ist es! Die sind schuld! Die Erzeuger! Genau! Was tun? Werden Sie konsequent, kündigen Sie nachträglich Ihre Geburt, geben Sie Ihren Personalausweis ab und lassen Sie sich aus dem universellen Melderegister streichen. Vielleicht adoptiert Sie ein Reagenzglas. Ach, das wollen Sie nicht? Schade. Dann werden die nächsten Wochen und die Planung des Großen Festes sicher wieder die schwersten Ihres ganzen Lebens. Warum? Ich verrate Ihnen mal was! Was glauben Sie, warum wir Bären uns so gerne in den Winterschlaf begeben? Denken Sie mal drüber nach. Sonst? Viel Spaß beim Parkplatzsuchen und Elternverfluchen und im März bin ich wieder für Sie da, wenn Ihnen folgende existentielle Frage auf den vorösterlichen Nägeln brennen wird:

„Wann wird es endlich wieder richtig Sommer?“

Thema: Küchenschypsologie, Letzte Fragen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth