A 45 gegen Frankfurt, Deutscher Fußballmeier und warum das die Gesundung fördert
Sonntag, 9. Mai 2010 20:15
Nach dem Eingriff ist man schlauer. Nach der Wahl auch. Und erst recht am letzten Spieltag. Davor ist viel Lärm. Aber das ist nunmal die Art der Aufrechtgeher, mit dem kurzem Hemd den langen Wind zu machen, davor, egal um was es sich auch handelt. Prognosen, Spekulationen, dick geschnürte Angstpakete und mahnende Zeigefinger. Archibald jedoch hatte keinen Grund zu klagen, jetzt da alles vorüber. Der Eingriff war nur noch Erinnerung, Eva Pelagias sorgende Hände hatten sauber gearbeitet und wat mutt, dat mutt eben. Die Nachversorgung war zu seiner Zufriedenheit bestellt. Honig fürs Interne, außen Franzbranntwein, Talismänner für die Seele und – das war neu – die sagenumwobene Schlußkonferenz.
Ernst Albert war seit längerer Zeit dazu übergegangen, die Balltretkunst nicht mehr im Bilderapparat zu betrachten, sondern meist im Wortegerät zu hören. Dies hatte weniger mit der Qualität des gezeigten Sports zu tun, sondern mit den Begleitpersonen. Die Betrachtung der Posch-, Beck- und bald auch noch Klinsmänner bereiteten ihm einfach nur körperliche und seelische Pein. Und noch springt – Heiliger Günter Koch verhindere dies! – der Hörfunkberichtererstatter nicht auf das Spielfeld, um den abspielbereiten Balltreter zu fragen, warum er den Paß nach rechts spielen wolle und nicht nach links und ob er wirklich nach Mailand oder Spanien wechsle.
Ernst Albert hatte Archibald erlaubt, auf dem Wortegerät zu sitzen und zu lauschen. Gut, der Bär schob manchmal gelbe Tennisbälle mit dem geheimen Fieberthermometerhalter hin und her, wenn Ernst Albert und Eva Pelagia außer Haus, aber als einen der etwa zwanzig Millionen Balltretkunstnationalspielleiter würde er sich nicht bezeichnen und wer da gegen wen rannte, das war ihm bärig wurst. Jedoch machte es einen Riesenspaß dem Stimmengewirr zu lauschen, dem Umgeschalte von Spielort zu Spielort, den aufgeregten Hinweisen darauf, daß jetzt hier und dort ein Ball ins Netz gekugelt worden war oder ein Schweinepriester das Feld verlassen muß. Die Sprecher waren ganz heiser vor Aufregung und selbst als alles gegessen und erledigt, wie erwartet, sagte einer von ihnen: „Wir unterbrechen für eine Verkehrsmeldung: Auf der A 45 gegen Frankfurt liegen Gegenstände auf der Fahrbahn.“ Und der andere sagte: „Beim neuen Deutschen Fußballmeier ist noch kein Bier verschüttet worden.“ Und das hatte Archibald tatsächlich gehört, weil es genau so gesagt wurde. Das gefiel ihm, weil es doof war, er darüber lachen konnte, es keine Bedeutung hatte und so etwas die Gesundung fördert. Manchmal ist es einfach. Alles. Fast alles. „Zurück nach München.“ „Nach Berlin.“ „Sag ich doch.“
Thema: Archibalds Geschichte, De re publica, Öffentliche Leibesübungen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth