Autorenarchiv

Unter grauer Blume Glückwunsch bunt und leise

Sonntag, 24. Mai 2015 20:41

blumen2

Sie hatten Blumen mitgebracht. Diese waren einst bunt gewesen. Dann stellte Budnikowski eine Frage. Mahler antwortete. Man sprach in fremden Zungen. Budnikowski war in die Rolle des Herrschers geschlüpft, also mußte Mahler den Alchimisten geben. So steht es im Buch. Dort duzen sich Herrscher und Alchimist. Budnikowski und Mahler aber sind eigentlich überzeugte Siezer. Eine Macke vielleicht, aber so tun sie eben. Man spricht leiser in jener Art. Nun steht es aber anders im Buch. Budnikowski beginnend demnach mit den Worten des Herrschers.

„Mir ist zu Ohren gekommen, du hättest da gewisse Fähigkeiten.“

„Hm, ich nicht, aber ich weiß, wen du meinst.“

„Du bist nicht der Alchimist?“

„Nein, aber ich seh ihn gelegentlich, wenn er mit seinen Taschen und Flaschen hier vorbeikommt. Wir unterhalten uns manchmal.“

„Und was sagt er?“

„Nichts Besonderes. Aber ich sehe ihn manchmal seltsame Zeichen machen. Ich sag nichts dazu. Ich seh es mir nur an.

„Was macht er denn?“

„Manchmal was ganz Kleines, manchmal was ganz Großes.“

„Zum Beispiel?“

„Na ja, einmal habe ich ihn Feuer an Eis halten sehen. Das war spannend. Der ganze Laden ist weggeschmolzen.“

„Du warst dabei?“

„Mittendrin. Ich habe mich nicht vom Fleck gerührt, um ihn nicht in seiner Kunst zu stören. Die anderen sind fast alle rausgerannt, aber ich war da und hab zugeschaut.

„Und was geschah dann?“

„Eh ich mich verseh, schlittern wir auf Eis. Er hat mir auch andere sachen gezeigt, aber das sag ich nicht.

„Warum nicht?“

„Ich will, daß er wiederkommt und mir noch mehr zeigt.“

„Ich frage ja nur, weil ich mir ein klein wenig Sorgen um das Reich mache.“

„Wieso?“

„Alle gehen pleite, und weil ich doch Herrscher bin, finde ich, ich muß sie da raushauen.“

„Ich kann ja mal mit ihm reden. Was brauchst du denn, Gold oder Gewitter?“

„Irgendwas, womit man Schulden bezahlen kann.“

„Bei wem hast du denn Schulden?“

„Gewissen Unsichtbaren. Genau weiß es keiner.“

„Wie bist du denn in so eine miese Lage geraten?“

„Ich habe sie geerbt.“

„Na ja, ich will sehen, was ich tun kann, aber wie gesagt, ich bin nicht er.“

„Ich wäre dir sehr verbunden.“

Mahler und Budnikowski riechen an den Blumen, welche sie mitgebracht haben. Das sind sie dem Darsteller des Alchimisten schuldig. Er hat heute Geburtstag. Der Darsteller des Herrschers ist verstorben. Er hatte einen Bart und eine Brille und dichtete Geheul. Das Buch in dem auf Seite 61 obige Worte stehen ist ein Logbuch. Dann singt der Alte. Mahler und Budnikowski hören zu und es wird Nacht und wieder Tag. Jetzt könnten sie aufstehen und gehen. Aber sie bleiben noch etwas unter den Blumen sitzen, denn der Alchimist und der Herrscher singen den Gratulanten noch ein Ständchen. Wenn man sich halt schon so lang’ kennt.

Thema: Anregende Buchstaben, Robert Zimmermann | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mit den Augen des befreundeten Fremd / Fünf

Freitag, 22. Mai 2015 21:36

fenster5

Alle reden vom Wettern, Budnikowski aber blickt weiter. Es besteht immer die Möglichkeit ein Gemeines Blutströpfchen zu erspähen, eine Gammaeule, einen Admiral. Eventuell und gerade heute fällt ein Mönchs – Kotkäfer, eine Blattschneiderbiene oder gar ein Trauerrosenkäfer ins Auge. Malt sich da ein Pinselkäfer ins Bild? Die Möglichkeit besteht. Jedoch besteht ebenfalls die Möglichkeit, daß alles Getier heute streikt und die Leinwand vor des Betrachters Auge öd und leer. Diese Möglichkeit besteht durchaus. Dann mag der Blick schweifen gen Innerei. Das tut der Mahler eben, wobei die Innerei in diesem Fall kein seelisches oder anderweitiges Gekröse darstellt, sondern den Raum hinter dem Fenster, durch welches Budnikowski hinausblickt. In diesem Raum, am anderen Ende des Raums, unter dem gegenüberliegenden Fenster zum Hinterhof hin, da steht ein Schreibtisch. Es ist der Schreibtisch des Herrn Ernst Albert. Auf dem Schreibtisch liegt ein aufgeschlagenes Buch. Mahler räuspert sich. Budnikowski erschrickt, kippt nach vorn und berührt die Fensterscheibe. Leichtes Scheppern. Vibration.

„Aua und verdammt! Mahler, elender! Jetzt ist der Pinselkäfer verschreckt davon.“

„Oh! Verzeihen Sie bitte! Aber dieses Gedicht da!“

„Ich weiß! ‘Krulls!’ Das Gedicht von Herrn Robert Schindel in diesen aufgeschlagenen Buch auf Ernst Alberts Schreibtisch. Ich kann es aufsagen, wenn gewünscht.“

„Haben Sie auch hinten Augen?“

„Das nicht, aber Sie haben mich gebeten für Sie zu schauen und ich pflege die mir gestellten Aufgaben ernst zu nehmen. Also hören Sie:

Krulls

1

Manche werfen zu viel ihrer Wörter

Aus der Seelengehirnfalte raus in den Schlund

Ohne fünf Texte ist der Tag gar nicht fertig

Stehn am Muskel und schleudern

Das Echo des Eignen auf den Marktplatz

Stapeln die Empfindlichkeit hoch die überwächst

Das genickgerechte Schauen. Durchfall

Des Wortdirigats und Winde. Sonnen

Fallen aufs Wortwerk, die Schatten im Ton

2

Nichtmal im Ton, die Wortscheißerei

Lässt zurück das lautlose widerristliche Harren

Zu viel schreiben viele. Die Krulls. Zu wenig

Noch mehr

Das war’s.“

„Weia! Und wer sind wir?“

„Tja, wenn ich das wüßte. Wir finden es aber raus!“

„Eine Idee, Herr Budnikowski?“

„Wir verabschieden uns und lassen nur mehr schauen.“

„Für uns?“

„Quatsch! Auf uns!“

„Na dann!“

„Darf ich jetzt weiter blicken! Der Pinselkäfer tunkt sich eben in den Farbtopf!“

„Gerne!“

„Danke, Herr Mahler.“

(Fortsetzung folgt)

Thema: Anregende Buchstaben, Das Fremd, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mit den Augen des befreundeten Fremd / Vier

Montag, 18. Mai 2015 21:08

fenster4

Budnikowski brauche immer soooo lange. Es läge vielleicht an seinem kleineren Kopp. Bis der mal Gesehenes verarbeitet und eingeordnet habe! Weia! Und welche Menge an Gedanken soll in dieser Nußschale schon Platz finden? Potzrembel! Du bleibst, was Du bist! Genau! Man murmelt so einiges. Doch Vorsicht, schnell ist das Urteil gefällt, welches am nächsten Tag dir auf die ungewaschenen Füße fällt. Mahler bekämpft seine Ungeduld. Eine fundamental unbärige Eigenschaft, die ihn aber befällt seit jenem Tage, da er seinen Blick dem Freund und so dem Fremd zur Verfügung gestellt hatte. Das Beifahrersyndrom! Demnach weiterhin Ruhe zwischen Bär und Hase. Und sonst? Budnikowskis Blicken hatte in den letzten Stunden oder Tagen die Straße gequert, ist zweimal rechts und einmal links abgebogen, trat durchs offene Eisentor und befand sich im Botanischen Garten. Und siehe da: durch die liebenswert milde Lenzluft taumeln und schwirren Dornröschen – Bläuling, Nierenfleck, Taubenschwänzchen, Großer Kohlweißling und der Wasserlinsenzünsler.  In den Beeten und Rabatten kriechen und krabbeln Rothalsbock, Weißpunktiger Schertlilienrüssler, Rothalsiges Getreidehähnchen, 12 – Punkt – Spargelhähnchen und mancher Gemeine Rosenkäfer. Pardauz, fiel dort nicht ein Stolperkäfer über eines seiner Beine?  Zwischen Ästen und Blattwerk weben und gestalten ihre Netze und Stuben  Streckerspinne, Gewächshaus – Springspinne, Zebraspringspinne, Gemeine Baldachin – Springspinne und die Veränderliche Krabbenspinne. Es summen und tönen zwischen Wegen und Büschen Späte Großstirnschwebfliege, Gemeine Narzissenfliege, Scheinbauch – Keilfleckschwebfliege, Gemeine Trauerbiene und einige Gemeine Stubenfliegen, die wohl Ausgang haben. Den Teich durchquert ein Gemeiner Rückenschwimmer und dem Budnikowski juckt das Fell. Ist es die Beifuß – Weichwanze? Die Grüne Stinkwanze gar? Oder nur eine gemeine Gemeine Feuerwanze? Und da ein Vierzehnpunkt – Marienkäfer. Der muß wohl nächstes Wochenende absteigen? Der Glückliche! Und Budnikowski sieht noch viel mehr an Gekreuch und Gefleuch, da aber stellt Mahler seine Frage.

„Budnikowski? Und das alles sehen Sie und wissen sogar die Namen und Bezeichnungen?“

„Ja, Mahler, ja! Aber erst las ich, dann sah ich, was ich sah!“

„Ihr Fremd bediente sich bei einem weiteren Fremd?“

„So ähnlich. Der Wahrheit die Ehre! Kaum etwas von dem, was ward beschrieben, ich sah es denn. Aber seit ich von der Existenz all dieser Wesen las und so weiß, habe ich Hoffnung, diese zu erblicken. Ist das nicht toll?“

„Ja, das gefällt mir gut. Und verzeihen Sie bitte meine an ihr Ufer schwappende Ungeduld.“

„Warten wir! Soll ich sagen, was es noch alles gibt?“

„Heute nicht mehr. Sehen Sie dort den Totenkopfschwertflieger?“

„Ich pfeif das alte lustige Liedlein.“

(Fortsetzung folgt)

Thema: Das Fremd, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mit den Augen des befreundeten Fremd / Drei

Mittwoch, 13. Mai 2015 21:09

fenster3

Budnikowski tut so als ob. Was bleibt ihm anderes übrig. „Am abben Bein vorbei gucken!“ Der Mahler kommt aber auch auf Ideen. Die Not wird es wohl sein. Nun gut, der Mahler ist dem Budnikowski ans Hasenherz gewachsen, aber zaubern oder Wunder vollbringen kann er deshalb noch lange nicht. Das abbe Bein rechts liegen lassen! Oder links! Hömma, iss man Lionel, der argentinische Rasenrastelli? Also simuliert Budnikowski lediglich ein Schauen. Den Blick stier gerichtet durchs Fenster auf eine Welt, die stündlich auf die Resettaste zu drücken scheint und sich dabei doch nichts Neues einfallen lässt als Wiederholung auf Wiederholung grinsekatziger Nichtigkeiten. Schlimm ist dies weiter nicht, schlimm allein ist die Erwartung, die Erwartung ein Drücken solcher Taste ändere irgendetwas am gnadenlosen Gleichmaß der Ein – und Ausatmerei des Großen Geistes. Geben. Nehmen. Erschaffen. Zerstören. So nun die Scheibe Welt plan und matt vor des Hasen gefurchter Stirn und dem Aug’ gegenüber nüscht als Huschen, Bewegung ziellos, manisch, verzweifelt und fröhlich, tapfer und blind, jeglichen Sinn verleugnend, als sich selber als vorhanden und so als gewichtig zu feiern. Gut so. Das Hirn des Schausimulierers, wohltuend leer fühlt es sich an, der Blick ruht aus pupillenstill und schweift mal nicht gen Innereien. Aber da wäre noch das abbe Bein. Der Auftrag. Die Bitte. Ein Einfall fasst den Budnikowski an. Er spricht also.

„Mahler?“

„Ja? Was sieht das Medium?“

„Ich denke, also blind ich!“

„Budnikowski, bester! Hunderte mal blickte ich aus dem Fenster hinaus und sie nach dem dritten oder vierten Male hauen mir erkenntnisschwangere Wortbasteleien ums Ohr!“

„Es ist lediglich das Fremd!“

„Ich lausche!“

„Sie müssen alles umdrehen!”

„Was bedeutet dies? Wir sitzen hinter dem Fenster als säßen wir davor?“

„So ähnlich! Stellen wir uns vor, ich blicke am abben Bein vorbei und es ist gar nicht das ihrige!“

„Das ist Blödsinn! Hier! Sehen Sie! Fassen Sie an!“

„Das geht schon nicht ab von ihrem Leib oder ihrer Seele ihr heiliges abbes Bein, wenn Sie es mal jemanden anderen überantworten, zeitweilig!“

„Budnikowski, Mann! Sie überfordern mich! Jetzt schauen Sie bitte aus dem Fenster und morgen will ich von Ihnen lediglich erfahren, was die Blumen tun!“

„Wie bär es wünscht! Ihr Auftrag, mein Blick!“

Und Budnikowski sieht ein abbes Bein da unten auf der Straße liegen, das legendäre abbe Bein des Archibald Mahler. Um das Bein herum schwellen Pfützen und Hagelkorn trommelt auf das Pflaster. Und wo gestern oder vorgestern noch Fäden – Zeugen einer noch nicht begriffenen Tat – aus dem oberen Teil des Beines ragten, da wachsen heute blaßrote Tulpen und recken ihre Köpfe in den Gewittersturm. Und Budnikowski summt ein altes Lied. Und Mahler nickt dazu, rhythmisch. Hat er schon lange nicht mehr gemacht.

(Fortsetzung folgt)

Thema: Archibalds Geschichte, Das Fremd, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mit den Augen des befreundeten Fremd / Zwei

Dienstag, 12. Mai 2015 19:56

fenster2

Mahler beginnt zu zweifeln. Budnikowski schaut und sacht nüscht. Schaut der dann überhaupt? Hömma, dat iss ebend dat Problem. Budnikowski schaut hin und her und schaut und findet und verwirft und ist gewissenhaft und schaut. Wer sagt, daß man Mitteilung machen muß, wenn man schaut? Mahler täte aber gerne was wissen wollen und ob hinter seinem Rücken Welt noch stattfindet ist ihm durchaus von Interesse. Hömma, dat iss ebend dat Problem. Die Welt tut dat nich mal mitkriegen tun mit des Mahlers sein haarigen Rückenteil und dat mit die ganze Versuchsanordnung am hessischen Fensterbrett. Das ist dem Mahler vollkommen klar, aber der Unruhe, welche im Bären steppt, offensichtlich nicht. Der Stolz nun, welcher auch in Mahler ruht und sich dort mit manchem moralischen Axiom das durchwühlte Lager teilt, lässt ungeduldige Nachfrage nicht zu. Was tun? Zu spät jedoch die falsche Bescheidenheit des Mahler, denn Budnikowski spürt trotz aller eigner Aufgeregtheit und angespannter Pflichtbewußtheit der neuen Aufgabe gegenüber, wie hinter seinem Rücken ein Bärenkosmos unruhig vibriert. Ein erster Satz mag sich so bilden, dann formen im Bereich der Sprechmuskulatur. Doch er wird noch gebremst von Onkel Kleinhirn und anderen Prinzipienreitern. Spürt Budnikowski da, nachschmeckend noch was ihm eben fast auf der Zunge gelegen wäre, einen Bärenellenbogen in den dürren Rippen? Der sinnende Hase räuspert sich, spannt Gaumensegel und Zungenboden, sucht nach neuen Textbausteinen, um seiner Empörung angesichts unangemessener Ungeduld und egomaner Drängelei Ausdruck zu verleihen, als er einen tiefen Bärenseufzer vernimmt und – zeitgleich fast – ein hingehauchter Bärensatz seine Löffel vibrieren lässt.

„Budnikowski? Ist das abbe Bein noch da?“

„Mahler! Das abbe Bein ist immer da!“

„Ich meinte, liegt das abbe Bein noch auf der Straße? Vor Ihrem wachen Aug’?“

„Das kann ich nicht sehen!“

„Ja schauen Sie denn nicht?“

„Ob das abbe Bein jetzt da liegt oder nicht, es ist immer da! Das sehe ich.“

„Das können Sie sehen?“

„Das ist der Vorteil des Fremd!“

„Das verstehe ich nicht.“

„Mahler! Auch wenn Ihr abbes Bein an Ihnen dran ist, liegt es da unten rum. Selbst wenn es da nicht rumliegt. Sie haben mich gebeten für Sie zu schauen und also sehe ich nur abbes Bein!“

„Habe ich immer nur abbes Bein gesehen, als ich schaute?“

„Geht gar nicht anders. So ist die Welt!“

„Sie sagen, mein abbes Bein ist die Welt, die mein?“

„Oft ist das so!“

„Budnikowski? Könnten Sie für mich das abbe Bein wegschauen?“

„Kaum! Ich könnte versuchen daran vorbei zu blicken.“

„Und das abbe Bein links liegen lassen?“

„Oder rechts!“

„Wollen Sie das mal versuchen!“

„Gerne. Und jetzt bitte Ruhe im Bärenfell! Hören Sie?

(Fortsetzung folgt)

Thema: Das Fremd, Küchenschypsologie, Letzte Fragen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mit den Augen des befreundeten Fremd / Dank

Sonntag, 10. Mai 2015 11:37

feiertag

Satz mit x. Die Versuchsanordnung wurde nach dem ersten Treffen inne Tonne gekloppt. Ein Tadel eilt heran und erteilt sich den Laboranten. Die denken gar nicht daran schuldbewußt zu nicken. “Aber der vorgestrige Freitag war als fester erster Versuchstag gebucht und angekündigt.” So war der Vorwurf.  Gespannt lauschen wir dem Dialog von den Gründen.

„Mensch, Budnikowski, da haben wir ja gerade noch mal die Kurve gekriegt!“

„Den Göttern eines wie auch immer schmerzhaften Friedens sei Dank. Am 8. Mai zu arbeiten gehört sich wirklich nicht.“

„Das Antiquariat gegenüber hatte auch geschlossen letzten Freitag!“

„Der hat ja immer noch ein ‘Je suis Charlie’ – Plakat im Fenster hängen!“

„Solange sie es nicht einschmeißen!“

„Mahler, passen Sie auf, daß Sie wegen dieser Äußerung nicht beschimpft werden in den Netzen und Blöcken!“

„Ja, ich weiß. Schlimmer als ein Waffenhändler ist immer noch ein Intellektueller!“

„Tja, man mag es fast glauben, liest man die Ergüsse der ständig wachsenden Gemeinde der DasMußManDochMalSagen-Dürfer!“

„Wahrscheinlich haben die fürchterliche Angst im Main der veröffentlichen Meinung zu ertrinken und versuchen sich deshalb in manifesten Denkimitationen! Den Versuch einer Erklärung, die im Bereich einer Annäherung an (Teil)Wahrheiten stehen bleibt, zu ertragen und sich selbst als außen vor zu begreifen, ist nicht einfach. Her mit den Schuldigen!“

„Mama!“

„Gewagter Schlenker, lieber Budnikowski!“

„Ja, weil wir heute auch nicht arbeiten dürfen!“

„Haben Sie eigentlich eine Mutter!“

„Die Mär geht, man habe mich an einer Autobahnraststätte erstanden. Man kam von einer Pöhlerei.“

„Sie sind käuflich?“

„Wer ist das nicht, Herr Mahler! Und Ihre Frau Mama? Oder stammen Sie direkt von Matunus ab, der Sie auf die Erde sandte, nach den Aufrechtgehern zu sehen?“

„Ich bin ja kein katalanischer Fuchtelaugust in zu engen Hosen!“

„Hömma, dat Thema iss mein Brevier.  Desweiteren: Ihre Antwort fehlt noch, die auf den ersten Teil meiner Frage!“

„Meine wesentlichen Erinnerungen setzen erst nach dem abben Bein ein. Der Rest davor ist zu schwammig und jede Äußerung dazu wäre bloße Spekulation verbunden mit der Gefahr sich im Vorwurf zu verheddern. Aber ich gehe prinzipiell von der Existenz meiner Mutter aus. Und bei Ihnen?“

„Wollen Sie mich adoptieren, Herr Mahler?“

„Um mir dann ein Leben lang Vorhaltungen machen? Nein danke!“

„Nun gut. Wollen wir ein Lied anhören und aller Mütter dankend gedenken, auch wenn wir die unserigen noch suchen müssen?“

„Wissen Sie, mancher der, obwohl er eine wunderbare Mutter hat, sucht den Idealentwurf seiner Mutter auch ein Leben lang. Dummerweise haben aber Mütter auch Mütter. Und die Suche höret nimmer auf!“

„Tja, vergißt man gerne. Ähem, das Lied ist sehr kitschig und sehr alt! Nur als Warnung!“

„Wenn Erinnerungen damit verbunden sind, geht das schon in Ordnung! Drücken Sie auf die Taste!“

„Und wissen Sie was, Väter haben ja auch Väter!“

„Später! Los jetzt! Das Lied!“

(Man hört das Liedchen. Und gedenkt. Die Tulpen öffnen sich. Das Hase bleibt etwas unruhig. Sein Naturell.)

„Mahler?“

„Ja, was ist denn schon wieder?“

„Die Blumen sind schön!“

„Das sehe ich doch, Budnikowski.“

„Aber manchmal muß man es auch sagen.“

„Nervsack!“

„Los!“

„Ok! Die Blumen sind schön. Sehr schön sogar.“

„Geht doch! Danke!“

(Fortsetzung folgt.)

Thema: Archibalds Geschichte, Das Fremd, De re publica | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Mit den Augen des befreundeten Fremd / Eins

Donnerstag, 7. Mai 2015 17:57

fenster1

Vom Regelwerk heute und der Tat

Archibald Mahler lässt schauen. Aha! Der Herr von A PUNKT Mahler lassen ab sofort schauen. Hört hört! Ach? Ach! Gründe wird er wohl haben. Ob er nun müde oder angeschlagen oder angewidert oder ein arroganter Schnösel oder einfach nur einfach ist, was er eben ist, es ändert nichts an der Tat, der Vorgang bleibt der, welchen er darstellt und zwar selbiger: Archibald Mahler lässt schauen und der Herr von und zu Lippstadt – Budnikowski übernimmt dies für ihn. Der wiederum weiß warum er diese Aufgabe übernommen hat, denn auch er hat gründlich Gründe. Welcher Natur diese sind, ob er vom Helfersyndrom angefasst ist, von der Selbstsucht gar, der Hase lediglich eine Selbstverständlichkeit leistet, man ihn überrumpelt hat, er Größe findet in tätiger Naivität, er sich an etwas zu erinnern sucht, was sich wie eine Freundschaft anfühlen möge, wir wissen es nicht. Wir sehen lediglich ein Handeln. Das möge uns reichen. Nennen wir den Vorgang vorläufig eine Versuchsanordnung.

Im folgenden werden die zwei Teilnehmer, Laboranten, Versuchskaninchen und – bären versuchen ein grobes Regelwerk zu erstellen. Wer mal Kind war, mag sich daran erinnern, daß der Erstellung eines dem Spiel vorauseilenden Regelwerks oft mehr Reiz innewohnt als dem Spiele selbst. Auch wurde schon oft festgestellt, daß der Energieaufwand, der beim Finden und Festsetzen von Regeln betrieben wird, ein dermaßen gewaltiger ist, daß für den Vollzug eines angestrebten Spiels nicht mehr allzu viel übrig bleibt an Kraft. Hören wir rein.

„Was sehen Sie, Budnikowski?“

„Allerhand!“

„Genauer!“

„Tja, Mahler, da geht es schon los. Spielen wir mit oder ohne Filter?“

„Reden wir hier über Kaffee aufbrühen?“

„In gewisser Weise. Was ich sehe, in dem Moment da Sie mich fragen, was ich eben dann sehe, ist schon kalter Kaffee in dem Moment, da ich eine Antwort versuche!“

„Das heißt? Für Sie? Für mich?“

„Ad eins: was soll ich Ihnen mitteilen? Moment? Bewertung? Soll ich sammeln, zusammenrechnen, abwarten? Eine Art Quersumme übermitteln? Ad zwo: wünschen Sie Live – Berichterstattung, detailverliebt? Dürfen Emotionen meinerseits einfließen in die Schilderung? Geben Sie sich vorbehaltlos zufrieden? Darf ich die Kommentarfunktion deaktivieren? Prokura ohne Vetorecht?“

„Tja! Bedenkenswert. Gut, erster Versuch wäre: wenn da draußen etwas, was länger liegen bleibt, rumliegt oder steht, selbst wenn Sie bei einen zweiten Blick keine Veränderung feststellen, also Sie nach einer geflissentlichen Beschreibung mir kalt und nicht wertend Mitteilung machten, ginge das?“

„Sie treffen also eine Vorauswahl?“

„Lässt sich das vermeiden?“

„Vertrauen ist ein hartes Geschäft!“

„Neigen Sie zur Lüge?“

„Ich finde eine gewisse Ausschmückung bei der Weiterleitung von Wahrnehmungen durchaus legitim!“

„Recht so! Wir sind keine Wissenschaftler, Herr Budnikowski! Und wenn Sie länger schauen und mir gelegentlich ein Destillat – reichlich ausgeschmückt und garniert mit allen Arabesken tausend und mancher Nächte – rüber reichen?“

„Was halten Sie davon, wenn Sie mich fragen, was ich gerade erblicke?“

„Was erblicken Sie eben?“

„Mahler, ich erblicke das abbe Bein!“

„Aber…!?!“

„Was aber?“

„Das ist unmöglich! Das ist doch an mir dran!“

„Ja, das denken Sie, lieber Mahler! Da denken Sie nur! Soll ich also nochmals genauer hinschauen? Ausnahmsweise?“

„Bitte!“

(Lange Pause. Etliche Einatmer. Diverse Ausatmer. An Intensität zunehmend. In Archies scheppsen Kopp viele Töne.)

„Da unten auf der Straße liegt ein etwa dreizehn Zentimeter langes, im Umfang elf Zentimeter dickes, braunes Fellding, welches sich – momentane Lage – nach rechts hin zu einer sieben Zentimeter breiten und vier Zentimeter dicken Tatze oder Pranke verbreitert, die mit drei drei Zentimeter langen Nähten abgenäht ist, welche wohl zur Darstellung der Klauen dienen sollen. Nach links hin dringt Holzwolle aus dem Etwas und einzelne Fäden lugen heraus. Die Außentemperatur misst sich – eben um sieben Uhr fünfundvierzig – auf windige neun Grad hoch. Eventuell zu kühl, also gefährlich für frisch gesetzte Tomaten. Mögen Bären eigentlich Tomaten? Übrigens, soll ich die Amsel verscheuchen?“

(Fortsetzung folgt.)

Thema: Das Fremd, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Archibald Mahler kehrt heim / Thesen / Aussicht

Mittwoch, 29. April 2015 16:38

dschungel2

Da saß sie die SIE, schwenkte Bein, starrte blond, plastikpuppte monoton, aber sehr freundlich, zahngrinste hübschgesichtig vom Küchenschrank hinab in die nächtliche Leere, drunten auf dem Küchentisch zog seit Stunden ein Tee vor sich hin, den wer vor der Bettruhe aufgegossen, dann ihn aber von Hypnos vorzeitig in die Laken gesandt vergessen hatte, der Herr Budnikowski zeigte Schulter und schwieg wohlgelaunt, Herr Archibald Mahler, der Bär vom Brandplatz, heimgekehrt und mit einer ihm schwer unter dem Herzen dräuenden Frage belastet, wunderte sich, aber auch er schwieg, wohlgelaunt kaum, dennoch nicht gänzlich missmutig, eher besorgt auf Grund der unerwarteten Neuerung. Dazu sollte man wissen, daß ein Bär, dessen Leben schon einen radikalen Einschnitt (Das abbe Bein!) bereit gehalten hatte, kein großer Freund unliebsamer und (vor allem dies!) nicht angekündigter Neuerungen ist, sondern ein gewisses, vorrangig stabiles Gleichmaß und gesittete Alltäglichkeit bevorzugt. Dennoch schwieg er, genoß – beinahe – das Schweigen und die Absurdität der neuen Sitzsituation. Wie nun vor dem Küchenfenster Eos ihr Haupt erhob den neuen Tag zu grüßen und der Spatzen Chor die ersten Strahlen des Lichts begrüßte, hob der Herr Budnikowski an zu sprechen.

„Das Dasein eines Bären, der zum Intellektuellen sich hin neigt, besteht darin, daß er Grundfragen nach der Existenz stellt, daß er die Welt problematisiert und Unruhe stiftet – in anderen und in sich selbst. So schafft er keine Geborgenheit – zumindest nicht primär – und er ist nicht geborgen! Ein solcher Bär zu sein, heißt eigentlich allein, einsam zu sein!“

„Da sprechen Sie recht. Woher aber dies? Haben Sie in meinem Kopp Urlaub gemacht!“

„Angesammelte Zeit verbracht in einer gewissen Nähe – auch wenn vom Solitär nicht unbedingt gewünscht – gebiert manch sinnangereicherte Erkenntnis, lieber Herr Mahler!“

„Dann weiter im Text!“

„Der Zustand des Ungeborgenseins ist, auch weil der intellektuelle Bär, allen Anfechtungen einer sich ändernden Realität zum Trotz, wie ein Zinnsoldat, der nicht schmelzen mag, in der Hölle seines Denksystems verharrt, weil er will und muß (These!), also ein schmerzhafter und auf Dauer den schon vorhandenen Leidensdruck potenzierender Zustand. So mag es geschehen, daß bär, um einmal Geborgenheit zu erleben, den Intellekt verrät…“

„Meinen Sie sich über alle Maßen über die gestrigen Ausrutscher zu amüsieren, hömma?

„… vielleicht auch dies, also bär sich also einer Oberflächlichkeit hingibt, ja, also dies auch sollte, weil also… und deshalb… Kapierste?“

„Wie deshalb?“

„SIE! Genau! Angenommen mal die Welt wäre blondiert, überpinselt, weil man es auch so will, friedlicher, koloriert, das Häßliche könnte man nurmehr mit dem eigenen Rücken betrachten, Fluchtreflex und Selbsterhalt, und es zieht einen hinan und hinweg, das Ewige, Schöne, Weib, also…“

„Kann es sein, Sie verlaufen sich gerade im Dschungel Ihrer Theorie?”

„Therapie! Und Metapferd! Quatsch! Metapher! Metapheromene! Sie, Herr Mahler, nehmen Sie die SIE als Metapferd und also reiten Sie auf dem Rücken der Schönheit SIE – als Metapher – hinaus aus der Schmorhölle Denksystem Mahler und atmen ein frische Metapheromene und so weiter!“

„Ich will aber keine Freundin, Budnikowski!“

„Meine ich doch auch nicht, ich dachte nur an eine Antwort auf die Frage, die unter Ihrem Herzen dräut! Alles kein Problem.“

„Wie?“

„Ich mache es für Sie. Kein Problem!“

„Woher wissen Sie?“

„Sagten Sie nicht, ich hätte in Ihrem Kopp Urlaub gemacht?“

„Ja, ich sagte dies!“

„Eben!“

(Fortsetzung folgt)

Thema: Archibalds Geschichte, Back in Town, Hömma, wat ich grad am Denken bin, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Archibald Mahler kehrt heim / Leere / Gespräch

Montag, 27. April 2015 18:59

dschungel1

Archibald Mahler war wieder zu Hause. Leise, sehr leise zog er die Türe hinter sich ins Schloß. Dies war eine alte Gewohnheit. Gelegentlich – wenn er über diese Gewohnheit nachsann, meist in dem Moment da die Klinke seine Tatze verließ – schien ihm, er wolle mit einer möglichst geräuschlosen Rückkehr den Eindruck erwecken, niemals weg gewesen zu sein. Darin glich er den meisten Reisenden, die, so gerne sie einem ihnen allzu engen und langweiligen Zuhause entflohen, doch gleichzeitig ordentlich vermisst werden wollten, andererseits es aber nicht mochten, wenn auf Grund ihrer Rückkehr ein lautes und allzu körperliches Gewese stattfand. Aber so überhaupt keine Reaktion wie in den jetzt immerhin schon zehn Minuten, die Mahler im Flur stand und in die erbarmungslose Stille der restlichen Wohnung hinein lauschte in der Hoffnung ein kleines, kleinstes, ein „Da bist Du ja wieder!“ zu vernehmen, so hatte der heimgereiste Bär auch nicht gewettet. Dies schien ihm eine erstaunliche und absolut neue Erfahrung zu sein. Er räusperte sich. „Herr Budnikowski?“ Nichts. Draußen prasselte der Regen gegen die Fensterscheiben. Mahler beglückwünschte sich zu seinem Entschluß seinen Guck – und Denkposten an der Lahn verlassen zu haben. Sonst nur die große Stille. „Aha! Das meinen die Aufrechtgeher mit Falschgeld.“ Er verlagerte sein Gewicht von der rechten auf die linke Tatze. Langsam, ohne zu zürnen. „Wären Sie hier, Herr von und zu Lippstadt – Budnikowski?“ Vernahm er ein Rascheln? Aus der Küche? Von oben? Budnikowski saß auf einem Küchenschrank. Man sah ihn kaum, vernahm nur ein Wispern. „Mahler! Schön festhalten.“ Der Hase ließ einen seiner langen Löffel herab von seinem begrünten Ausguck und zog unter Aufbietung aller Kraft seiner Nackenmuskulatur den Bären zu sich hoch in luftige Küchenhöhe. Nach geraumer Zeit fand der Bär erste Worte, im Ausdruck eher erstaunt.

„Was machen Sie hier oben, Herr Budnikowski?“

„Ich benötigte Erholung nach den österlichen Erledigungen.“

„Und sonst?“

„Es erfrischt, von oben auf die Leere hinabzublicken! Und man wird nicht gesehen!“

„Ähem, ich wäre jetzt wieder da!“

„Ihre Abwesenheit ließ mich nicht erblinden, bester Mahler!“

„Und wer ist das bitte?“

„Mir war nicht nach Einsamkeit! Aber keine Angst, sie redet nicht!“

„Sicher?“

„Bist jetzt jedenfalls. Auch ich habe geschwiegen.“

„Ähem, ich hätte da… also der Grund meiner Heimkehr… da wäre ein Bitte…“

„Ich sehe, der Bär ist wieder im Zweifel!“

„Na ja! Also… könnten Sie vielleicht…?“

„Kann das bis morgen warten?“

„Übermorgen ist auch gut! Hat sie einen Namen?“

(Fortsetzung folgt)

Thema: Back in Town | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

Sechster Brief an den Ehrenwerten Herrn Albert

Freitag, 24. April 2015 12:59

lahn3

Sehr geehrter Herr Ernst Albert,

das mit dem Steuern wird bei mir wohl nix. Nach reifender Überlegung. Quatsch. Wenige Sekunden nur der Vorstellung: Archibald Mahler vor oder hinter einem Lenkrad: Angstperlen auf der Bärenstirn am Bärenkopp. „Was hast Du im Schädel? Dreck oder Stroh? Bist Du so dumm? Oder tust Du nur so?“ Nein, bester Herr Ernst Albert, nicht Sie meine ich mit diesem uralten Reim von Wolf B – mann, keine Beschimpfung ob meiner Verpflanzung aus der Anonymität in das karge Licht der beschauten Welt sei dies, nein dies ist lediglich Selbstbeschimpfung des Bären und geschuldet einer allgegenwärtigen Traurigkeit, die beim Schauen auf Dinge entsteht und wuchert, wenn man nicht aufpasst. Zurück zum Lenkrad. Wie gelingt dies den Aufrechtgehern – den meisten (Die Freiheit soll es ja sein, die Freiheit des Bürgers!) – vor und hinter den Lenkrädern auf den Betonbahnen, die Wald, Flur, Stadt und Wege zerschneiden, durchfurchen, schreddern, daß einem schlendernden Bären ganz bange werden mag: das Gas anbeten und alle Bremsen verachten? Und dann (Bummelant! Verkehrshindernis! Macht das weg, das Störding, das lahme!) auch noch: der Überholvorgang. Zahn auf Zahn knirschend, kiefermahlend selbstgerecht. Da möchte ich kein Hinderlichbär sein. Mein Tempolimit wäre fünfzehn Kilometer in der Stunde. Man darf nur so schnell fahren, wie der Liter Treibsaft kostet, das heißt eigentlich wirklich wert sein müßte. Aber das macht mal mit Euch selbst aus, die ihr Leib und Kopp in Blech geschneidert, von Licht, Luft und Verantwortung abgenabelt, die sagenumwobene Zeit zu sparen. Da denke ich ja gerne mal drüber nach zwischen Hölzchen und Schaltstöckchen: wie macht man das: Zeit sparen? Gibt es da Büchsen für? Zinsen? Spart man da eher im Fond? Oder im Heck? Teufel aber auch! Ein Boot vielleicht würde ich wohl lenken wollen. Wer über Bord geht, darf zumindest versuchen, an Land zu schwimmen. Aber braucht man da nicht einen Schein? Überall sind Scheine. Und ich habe keine. Ich mag auch keine haben wollen. Und machen schon gar nicht. Machen tu ich braune Haufen oder Wortberge. Und die sehen sich manchmal verflucht ähnlich. Aber es muß raus. So ein geplatzter Bär sieht auch Scheiße aus. Ich schweife weg. Und deshalb ist das auch mit dem Lenken nichts für mich. Der geschlagene Haken ist mir wichtiger als der eilige Hintermann. Apropos Haken: vielleicht mach ich jetzt einfach heeme und frag den Budnikowski, ob er sich mal für mich ans Steuer setzt und für mich aus dem Fester schaut und mir sagt, was er so sieht. Kommentieren kann ich das dann schlaubärenhaft immer noch. Selbstversuch. Gefilterte Ahnung. Fremde Sicht. Weniger Worte. Den Zweifel fressen. Ob ich dem Hasen auch glauben will? Kann? Solitärer Monobär, der ich am liebsten am eigenen Pöter rumkratze? Bevor das sich jetzt zur Selbstgeißelung auswächst, will ich den Schritt gen Heimat lenken. Morgen soll es ja auch regnen und winterschlaflos, wie ich dieses Jahr in den Lenz tapere, fröstelt mich schnell und ausdauernd. Ist das eine gute Idee. Sie könnten mir eigentlich auch mal schreiben, Herr Albert. Oder?

Bis dahin mit allerherzlichstem Bärengruß. Und nicht vergessen: Ein Leben ohne Führerschein besänftigt.

Ihr Herr Archibald Mahler

Thema: Archibalds Geschichte, Küchenschypsologie | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth