Beiträge vom 6. Januar 2025

Rau die Nacht und was der Tag gebracht / Epilog

Montag, 6. Januar 2025 12:09

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„Endlich, nachdem jetzt der alte Mahler unten seine eintönige Hirnerei eingestellt hatte, konnte sich auch Budnikowski nicht mehr länger aufrecht erhalten. Die lange Nachtwache, der scharfe Karboldunst, der berauschende Rauch, der das ganze enge, schwüle Zimmer füllte, das feine Ticken der Taschenuhr drüben vom Sofatische her, das leise, unermüdliche Brühen und Blaffen, mit dem sich das Öl in der kleinen, tief heruntergeschraubten Lampe verzehrte, sein eigenes Blut, das ihm in den Ohren summte und zwischendurch wie fernes, dünnes Glockengeläute klang: das alles betäubte ihn! Er hatte sich jetzt in den alten, großen, kattunenen Lehnstuhl dicht neben dem Bett noch tiefer zurücksinken lassen. Die glitzernde Flüssigkeit in dem halbvollen Glase neben ihm, die er vergeblich zu fixieren suchte, war jetzt in einen orangefarbnen Lichtklecks verschwommen, der allmählich ins Bläuliche überging, Schließlich war’s nur noch ein braunroter Funke, der übrigblieb, zuletzt war auch der verloschen. Alles schien jetzt schwarz! Das Glas, das Bett, die Lampe, das ganze Zimmer … Sein Kinn war ihm auf die Brust gefallen, er war eingeschlafen.“

„Mahler? Schlafen Sie schon?“

„Budnikowski! Was für eine Frage!“

„Für immer etwa?“

„Warum denn auch auch? Aber ab heute schon!“

„Und was haben Sie da eben im Schlaf kursiv gesprochen?“

„Das war nicht ich. Es war der Meister Albert. Er hatte mir vorgelesen in meinem ersten Traume des Jahres. Eine Erzählung, welche ihn beflügeln soll oder möge fortan für das eig’ne Schaffen!“

„So bin ich beruhigt und ruhe nicht an einem Grabe, sondern an einer Bettstatt?“

„Was gerne mal dasselbe!“

„Aber später! Viel später! Versprochen?“

„Ich bin nicht freiwillig hier und deshalb gehe ich nicht freiwillig weg von hier!“

„Na dann! Gute Nacht!“

„Eben! Schlafen Sie wohl!“

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Thema: Autor: Christian Lugerth, Rauhnächte | Kommentare (0) | Autor: Christian Lugerth