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Die „kanadische“ Bank

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Viele Schritte waren es nicht, welche ich gehen mußte … (Pause) … Was für ein entsetzlicher, selbstvergessener Lügner bin ich! … Getragen wurde ich, getragen als einer, der gerne selber tragen würde, aber so müde ist, zu erschöpft, dies zu tun, getragen also vom Aufrechtgeher, der mich fand. Am Boden. Also auf der Gass` in der Kleinen Häßlichen Stadt, wo wir noch hausen. Mich fand er dort dazumal. Aber hier ist das dröge Mittelhessen kein Thema. Zurück an den glitzernden See. Da läuft man wenige, dieser Tage gewiß sehr erhitzte Schritte und ist in Kanada. Die Bank ist ein von virtuos geführter Kettensäge zur Sitzgelegenheit umgestalteter Baumstumpf. Dort sitze ich, Archibald Mahler unten am See und mein Namensgeber schwitzt mehr als ich, obwohl er ohne Fell. Aber mich ertragen … Verzeihung! … einfach nur tragen, dies muß er schon. Und dann erzählt er. Britisch Kolumbien nannten er und seine alten Gefährten vor vierzig und mehr Jahren, bevor sie aufbrachen hinaus aus den Idyllichkeiten in die auch nicht hübschere Welt, diese Gegend. Ein Wald wild wie ihr damals wirres Haar und da gab es auch einen Vater, der früher mal Bäume absägte. Oder dabei half. In Kanada! Wohin Britisch Kolumbien gehört. Sagte mir der noch mehr als ich schwitzende Träger. Das wollte ich jetzt nicht hören, weil ich schauen will. Mal nach Süden, mal nach Norden. Eben noch hatte ich eben gen Süden geblickt. Nun eben in die Gegenrichtung. Und? Nach Norden hin brach der Abgrund jäher und unvermittelbarer als gen Süden zur reichen Aue hin. Gen Nord der schmale – fast schon ein Fjord – drüber liegende See, tiefer, kälter – mancher tollkühne Taucher wurde da schon verschluckt am Fuße des Teufelstisches – Das habe ich, Archibald Mahler, Übertreiber im Namen der Geschichten, jetzt nicht erfunden! – und dieser Teufelstisch, unsichtbar lauernd weniger als dreißig Zentimeter unter der Wasseroberfläche gelegen, liegt zu Füßen einer wilden Schlucht, welche die Einheimischen oder die Römer nach der Jungfrau Maria benannt hatten. Das alles im Norden! Da unten! Auf der anderen Seite der reichen Auen! Was rede ich da! Ich sitze hier auf diesem zur Bank zurecht gesägten Baumstumpf und blicke nach Sipplingen rüber. (Wohlfeile Gescheitheit! Hat mir der Mann, dessen Gattin mir mein Bein drangenäht hat, eben erzählt.) Es ist wild und ich denke, daß meine Vorfahren in Wyoming oder Kamtschatka durch ähnliches Gestrüpp streiften und es wird immer heißer und der Träger und Namensgeber kritisiert mit vergangenheitsgewölbtem Flunsch, daß Waldarbeiter den Weg, den wir eben begangen und er mich dort entlang trug, vor bestenfalls zehn Jahren geschoben hatten – “FRÜHER!!!” – sagt er und gleichzeitig, wie sehr er dieses Wort nicht mehr hören möge – wäre man hier durchs Gestrüpp und so weiter. Mir, Archibald Mahler ist das so was von egal, ich schwitze, habe Durst, genieße die unfassbar freundlichen Ausblicke, jetzt gen Norden, nachher gen Süden, manchmal einfach nur in den Himmel rauf, haben einen BÄRENHUNGER und mir ist als müsse ich gleich mal so eines jener Felltiere anfallen, die ich vor einer Stunde sah, roch und Angst hatte vor ihnen. Sogleich sprechen meine Gene zu mir. Mein Urgroßvater ernährte sich, erzählen die mir, im Wesentlichen von Brombeeren, Lachsen und … BISONFLEISCH. „Hatten die Cree oder Dakota oder Kiowas gerne mal für uns liegen lassen! Auf der Prärie! Sei schneller als der Geier!“ Sprach der Uropabär. Und dann sagt mein Begleiter: „Mahler, wie wäre es mit einer Bisonbratwurst?“

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Dienstag, 18. August 2020 18:19
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