Ein Ausflug in eine Stadt. Anfangs schneit es, ein Grab wird gesucht und später gefunden 6
Samstag, 10. November 2012 23:38
Zu zweit als blinde Passagiere in einer Plastiktüte, zwischen den Knien eines Aufrechtgehers, tief unten in den Eingeweiden von Praha, in der Metroröhre, Fahrt geradeaus und nichts ist gewiß, denn das Aufrechtgeherpaar, das den Transport der Herren Mahler und Budnikowski zum Grabe des Herrn F. K. bewerkstelligen sollte, es hat vor der Reise in die Goldene Stadt wohl den selben Reiseführer erstanden wie unsere blinden Passagiere, die sich schon längst getroffen haben, jedoch sich woanders getroffen haben sollten, was eigentlich Wurst und Pelle ist, aber manchmal ist man Perfektionist und Korinthenkacker und der Geist des Herrn Poet schwebt verwirrend über den Köpfen der Besucher und die Vinohradska ist eine sehr, sehr lange Straße. Man entsteige der Metro Linie A in Jiriho z Podébrad, da ist dieser kleine Plan auf der Seite 243 des Reiseführers und eine Ziffer ‘19′ und ein Pfeil weist nach rechts die Vinohradska runter. Diese Strasse ist sehr, sehr lang. Das hatten wir schon. Die Sonne scheint und freundliche Passanten sind auskunftfreudig und der englischen Sprache mächtig. Jetzt ein paar Stationen Strassenbahn noch und da wäre ein Friedhof. Es ist nicht der gesuchte. Jan Palach liegt hier. Immerhin. Totenranking? Totenranking! Budnikowski reicht es nun, er springt aus der schwankenden Plastiktüte, der Mahler hinterher. Man geht die Vinohradska entlang. Die Vinohradska ist sehr, aber das hätten wir schon erwähnt. Da steht ein Hotel. Kettski Amerikanski. Budnikowski fasst seinen Mut zusammen.
„Ich frage da jetzt nach.“
Es dauert, doch dann kommt er zurück, grinsend mit einem handbemalten Zettel in der Pfote.
“Es gibt gebildete Rezeptionskräfte in Praha. Neben dem einen Friedhof wäre noch ein Friedhof und direkt hinter der Mauer dort, aber der Eingang wäre noch mal rechts und dann links.”
Man geht, findet eine Pforte. Ist dies nun endlich der richtige Friedhof? Weia! Der Zettel wird studiert.
„Da, Mahler, sehen Sie die Tafel an der Friedhofsmauer. Max Brod!“
„Ich glaube, wir sind nah dran!“
„Dann drehen wir uns mal um.“
„Später. Jetzt muß ich erst Mal ruhen!“
„Mache ich mit!“
„Was wollen wir hören?“
„Hat der Herr F. K. eigentlich auch etwas zum Thema öffentliche Verkehrsmittel geschrieben?“
„Wahrscheinlich!“
„Warum?“
„Weil man nicht immer ankommt!“
„Aber gelegentlich?“
Thema: Praha | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth