Wie wir den Nachbarn im Osten besuch(t)en 20
(Und wieder blickt man auf die See. Nachdenklichkeit. Wind. Richtung wechselnd. Und dies schnell und häufig.)
„Man leckt doch immer nur etwas an den Rändern rum, nicht wahr, Mahler?“
„Das haben Besuche so an sich.“
„Diese Erinnerungsfelder, diese Schnittstellen, diese geschichtlichen Nähte und Narben. Faszinierend! Man bräuchte mehr Zeit zu sehen und zu hören!“
„Ein Pole sagte mal in Bezug auf das Verhältnis zum westlichen Nachbarn: ‚Wir brauchen keine Liebe, wir brauchen Normalität!’ Sie verstehen?“
„Leuchtet mir ein! Wer war das?“
„Wladyslaw Bartoszewski, erst von den Nazis ins KZ gesteckt und später nach Kriegsende von den Russen eingebuchtet, dann zweimal polnischer Außenminister. Nun gut!“
„Sie sind etwas unruhig, Mahler, oder täusche ich mich?“
„Es neigt sich dem Ende zu. Und der Sturm steht vor der Tür. Morgen schon?“
(Eine Hand greift nach dem Bären. Ein Aufschrei des Hasen.)
„Zu Hülf! Greift ein! Hier bahnt sich eine Entführung an! Zu Hülf!“
„Budnikowski, lassen Sie ab. Es hat seine Richtigkeit. Die Heimat braucht mich.“
„Aber sehen Sie, wie schön die See und nächste Woche naht das Hoch.“
„Dann bleiben Sie doch noch und schreiben mir die eine oder andere Postkarte. Ich muß.“
„Ich verstehe nicht!“
„Herr Zimmermann singt neue Lieder und da muß ich dem Ehrenwerten Herrn Albert zur Seite stehen.“
„Das ist also der ‘Sturm’. Ich hab’s geahnt!“
„War schön, Budnikowski! Mach er es gut!“
„Gute Reise, Mahler! Bis die Tage!“