Post vom Bosporus / Helter Skelter
- Posta restante für den Bären, falls er dann erwacht -
Merhaba Mahler!
Wie soll ich anfangen, wie soll ich enden und vor allem, was ist dazwischen? Ich war gelandet und innert 3 Sekunden sah, hörte, roch und spürte ich zehnmal soviel Menschen wie in der ganzen letzten Woche. Von Lautstärken brauche ich nichts zu bemerken. Dann lief ich einfach los. Dies sollte ich von nun an drei Tage lang tun. Berg auf, Berg ab – große Städte erbaut man wohl auf sieben Hügeln – durch Gassen, am Bosporus entlang, dem goldenen Horn, in Europa und sogar ein wenig in Asien. Es brummte und surrte und hupte und jaulte und gelegentlich bog ich um eine Ecke und die Stille empfing mich, nur ein kalter, durch die Strassen fegender Wind sprach zu mir, Fischerboote fuhren hinaus aufs Marmarameer, wieder um die Ecke und unter der Fußgängerbrücke staute es sich blechern und achtspurig. Und, Fähren und Boote und Schiffe und Kähne und Pötte, wohin das Auge blickte. Minarette zerstechen den Himmel, in vergessenen Winkeln ducken sich vergessene Kirchen und – ein bißchen zu stolz – flattert über allem der Halbmond. Unter der Galatabrücke speiste ich zu Abend und als die Sonne sich zum Schlafen legte, stand ich auf dem Dach meiner Bleibe und sah hinab auf die Moschee, welche ich morgen betrachten sollte. Das Rufen der Muezzine jagte ein Geschwader von Möwen in den Abendhimmel. Der Wind war noch kühler geworden. Er trieb mich ins Bett und auch die platten Füße und überquellenden Augen halfen dabei. Das iss ein Ding, diese Stadt. Helter Skelter, die Achterbahn. Es grüßt beeindruckt
Herzlichst Ihr Lippstadt – Budnikowski