AUF MEINEM BALKON IN DER WIEHRE 18 (HEUTE MAL IM MUSENTEMPEL III)
Liebe Leser allerlei Geschlechts!
Da ist einer. Der ist immer nur einer. Halt, das versteht wieder nur ein Bär. Also: Einer der Aufrechtgeher im momentanen Musentempel ist immer der Eine mit einer Jacke und einer Hose, vielleicht mal ein Mantel, mal braun, mal schwarz. Den Hut hätte ich fast vergessen. Einer von vorne bis hinten. Also vom Anfang bis da wo es aufhört. Dann ist die weibliche Aufrechtgeherin. Die ist mehrmals. Dreimal glaube ich. Mal mit Mantel und dann tot, dann mit Pelz am Kragen, dann mit Gummistiefeln und bringt einen um, der ihr Mann ist und dann wieder mit dem Pelz am Kragen und Handschellen auch und am Ende so, huch, das darf ich hier nicht verraten. Hat Ernst Albert gesagt. Hat er wohl recht. Sonst kauft keiner Karten, weil er schon alles weiß. Musentempel muß aber Geld kosten. Man muß ja auch was essen. Und dann sind noch zwei da, die so viele sind, daß sie manchmal selbst gar nicht mehr wissen, wie sie eigentlich heißen. Ernie oder Bert? Marie oder John? Pilot oder Norman? Polizeichef oder Mrs Garrigle? Stöckelschuhe oder Trillerpfeife? Rechts ab, links oder gar nicht? Wo liegt das Messer? Dann setzen sie sich einen Hut auf oder eine Mütze und wissen wieder, wer sie sind oder besser: wer sie sein sollen werden. Dann tragen sie ständig Gegenstände von rechts nach links oder zurück und tanzen und singen und machen Faxen. Aber ganz ernste Faxen. Das gefällt mir. Das Ernste in den Faxen. Weil die Faxen sich nicht gegenseitig auf die Schenkel klopfen. Außer wenn Ernst Albert sagt, das einer derjenigen, der manchmal nicht mehr weiß, wer er jetzt ist, weil er so viele sein muß, dem Einen, der nur einer ist, ordentlich auf die Oberschenkel haut und dann „Gell!“ sagt. Da muß ich immer lachen. Aber so richtig erklären kann ich noch nicht warum. Und ganz begreifen, was ich da sehe, auch noch nicht. Aber heute schon mehr als gestern. Gesehen, meine ich. Und dann heute gen Abend sprang der kleinste der Aufrechtgeher im Musentempel ans Kletterseil, schwang über die Bühne und behauptete ein Pilot zu sein. Und ich hab es ihm geglaubt. Tja. Das versteht jetzt wahrscheinlich keiner. Aber Musentempel ist halt so. Da muß man sich eben anschauen. Erzählen hilft da nicht. Und die haben so viele Kleiderständer und die sind voll. Da sitze ich gerne und rieche den Staub und die vielen Geschichten. Und denke mir, huch, vielleicht bin ich tatsächlich schon ein älterer Bär. Muß ich mal wieder drüber nachdenken. Aber erst zu Hause. Hier muß noch weiter geschaut werden. Morgen wieder. Jetzt bin ich müde. Heute hat es ein wenigstens geregnet. Das gefällt mir noch mehr als Musentempel schauen. Die Tage sind da manchmal doch sehr lang, dunkel, lang und im Keller. Aber dann kommst Du raus und die Straßen funkeln naß. Schön! Danach kann man auch mal ins Bett.
Gute Nacht!
Ihr Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz z.Z. auf einer Probebühne im Heckerland