Beitrags-Archiv für die Kategory 'Thoughts From The Woods'

CHIEF LITTLE BEAR SCHEITERT AN DER FÜNFPROZENTHÜRDE

Sonntag, 27. März 2011 14:24

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Vielleicht sind es ja auch keine Raben -, sondern Taubenfedern. Archibald Mahler ist sich da nicht ganz sicher. Mit ein klein wenig Harz sind die Federn schnell und sicher am Hinterkopf befestigt. Wer bemerkt da ein ‚IGITT’? Das wächst sich raus und zur Not muß halt Eva Pelagia ran, mit Nagellackentferner oder so was. Kann sie schließlich! Archibald Mahler muß sich eingestehen, daß etwas tief in ihm sich noch nicht wirklich von den Segnungen der Zivilisation und der gelegentlichen Notwendigkeit helfender weiblicher Hände verabschiedet hat. Wollte er eigentlich nicht das ganze restliche Jahr allein in den Wäldern verbringen? Die Ambivalenzen! Er muß an Heidelbeermarmelade denken. An Lachsfilet mit Feigensenf. Oder an das rote Sofa und den Lütten Stan und der guckt Pöhlerei im Bilderapparat und regt sich schrecklich drüber auf. Na ja. Ein andermal. Jetzt hat der Bär Federn an seinem Kopp und ist erstmal ein richtiger Durchreisender. Ein Durchreisender vom Stamme der Cree. Zum einen, weil die Cree gesagt haben sollen, daß man lieber Bäume essen möge statt Pferde und nicht in die Flüsse reinpinkeln, weil sonst alles in die Binsen geht und Brötchen mit Geldscheinen drauf zum Frühstück auch nicht der Knaller sind. Oder so ähnlich. Aber wahrscheinlich stimmt das alles gar nicht, aber das ist Archibald egal. Weil, was da zitiert wird, gar nicht dumm ist, auch wenn es ausgelutscht ist und die sogenannten Weissagungen der Cree als Aufkleber auf hunderttausend alten vergammelten Blechmilben kleben und klebten. Auch doof. Dann sollen die doch besser laufen, die Schlaulis. Und müssen sich nicht über E 10 erregen. Dösbattel! Aber vor allem die Cree, weil der Chef von den Cree einen Herrn Archibald Mahler – Pardon: ab sofort Chief Little Bear bitte! –  sehr angemessenen Namen hat. Hugh! Der Bär hat gewählt!

Was man ja von den meisten Aufrechtgehern, also den reichen, weißhäutigen, seelisch halbvernarbten Luxus – und Klagezweibeinern, leider nicht sagen kann. Während sich in anderen Teilen der Welt dieser Tage Aufrechtgeher über den Haufen knallen lassen, weil sie unter Einsatz ihres Lebens dafür kämpfen, zumindest ein wenig Einfluß auf die Gestaltung ihres Landes ausüben zu dürfen, gefällt sich der hiesige Aufrechtgeher im großen „Bringt doch alles nix!“ oder im allwissenden „Einer korrupter als der andere!“ und regt sich am liebsten und längsten über das auf, was ihm tief im Grunde seines leeren Herzens meilenweit am gut beheizten und pensionsgesicherten Arsch vorbeigeht. Oder – was noch schlimmer ist – hat den Löffel schon komplett abgeben und schaut nur noch achselzuckend zu, wie ihm von den Altvorderen erkämpfte Rechte Tag für Tag unter dem Hintern weggezogen werden. Chief Little Bear würde also am liebsten eine Partei gründen, die dafür sorgen will, daß, wer dreimal hintereinander an der Wahlurne zetternd oder naserümpfend vorbeischlendert, bitte sein Wahlrecht zurückgeben möge. Für immer. Wie alte Tatteriche den Führerschein. Könnten ja dann in Syrien, Jemen oder Weißrußland einen neuen Führer – bzw. Wahlschein machen. Viel Spaß dabei. Und wie Chief Little Bear – formerly known as Archibald Mahler, Bear from the Fireplace in Watering, Middlehassonia (just say: ARMBEAF!) – darüber nachdenkt, wo und wie man so einen Verein gründet, merkt er, wie dieser Gedanke an seiner inneren Fünfprozenthürde scheitert. Und besinnt sich auf die wahren Bedürfnisse eines Durchreisenden.

Als erstes braucht man ein Pferd. Ein starkes Pferd. Oder besser noch, zwei Pferde. Eines für sich und eines fürs Gepäck oder falls man unterwegs mal Hunger bekommt. „Ach so! Pferde soll man nicht essen?“ Dann könnte man auf das andere Pferd jemanden draufsetzen. Einen Blutsbruder zum Beispiel. Aber nur wenn der nicht so viel quasselt, hier draußen in den Wäldern. Und dann geht es los. Wenn man nicht weiß wohin, am besten das Pferd machen lassen. Oder, immer richtig: in Richtung untergehende Sonne reiten. Hugh! Und Chief Little Bear sattelt seine zwei Pferde – nennen wir sie Wise Raven und Silent Dove  – und reitet los. In seinem Bärenkopp. Da ruft man ihn.

Thema: Thoughts From The Woods | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

WIE ARCHIBALD BESCHLIESST DIESES JAHR EIN DURCHREISENDER ZU SEIN

Freitag, 25. März 2011 17:15

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(Der folgende Text muß atmen. Jedem Inszenator, der diese Worte irgendwann mal auf die Bühne stellen will, sei geraten und befohlen Luft zwischen den Sätzen zu lassen. Stille. Schweigen. Atmerei. Gedenke. Der Autor wünscht sich eine Dauer von etwa dreiundsiebzig Minuten für den nun folgenden Dialog. Den Dialog können zwischen drei und siebzehn Personen führen. Nur die Dauer wäre wichtig. Dreiundsiebzig Minuten eben. Kann aber auch was mehr sein.)

„Herr Mahler?“

„Herr Mahler?“

„Herr Mahler?“

„Entschuldigung, Herr Mahler?“

„Ja?“

„Herr Mahler?“

„Nein?“

„Und warum?“

„Ich esse gerade!“

„Guten Appetit!“

„Ja!“

„Wollten Sie heute nicht eigentlich?“

„Nein!“

„Was sagen?“

„Ich esse.“

„Trockenes Zeugs?“

„Mein Körper! Mein Darm! Mein Sie wissen schon!“

„Das sehen wir!“

„Sehen Sie!“

„Nur weil eben!“

„Man kann ihn ja auch mal in Ruhe lassen!“

„Wen?“

„Den!“

„Mich?“

„Nein, Dich!“

„Depp!“

„Gehen Sie bitte weiter, hier ißt ein Bär!“

„Quatsch!“

„Wieso?“

„Hier ist ein Bär!“

„Sag ich doch!“

„Ich könnte einen Witz erzählen!“

„Na endlich!“

„Ich aber nicht!“

„Herr Mahler?“

„Also!“

„Ruhe! Jetzt kommt der Witz!“

„Herr Mahler?“

„Ich erzähle keinen Witz!“

„Dann erzähle ich jetzt einen Witz!“

„Also?“

„Sitzen zwei Bären auf einer Bank über Dorlar und schauen ins Tal. Eine Stunde rum. Kommt einer. Wahrscheinlich ein Aufrechtgeher. Setzt sich zu den Bären. Wieder eine Stunde. Sagt dann: ‚Ach!’ und geht. Noch mal eine Stunde. Dann sagt der eine Bär zum anderen: ‚So ein Schwätzer aber auch.’ Fertig! “

„Das war der Witz?“

„Meinetwegen können Sie jetzt lachen!“

„Nicht wirklich?“

„Herr Mahler?“

„Ich erzähle keine Witze!“

„Morgen?“

„Ist Samstag!“

„Tschüß!“

„Ich wäre dann auch mal.“

„Kleine Königstiger?“

„Wo sind sie denn jetzt alle?“

„Auf Wiedersehen, Herr Mahler!“

„Jetzt wollte ich noch was sagen!“

„Machs gut, Bär.“

„Wieso haben es alle so eilig? Keiner hört zu. Das ist gut. Sehr gut. Sternchengut. Ich konzentriere mich. Also lieber Waldrand, liebe Aue, liebe Äcker, liebe Bäume, liebe Pneus, liebe Wintersaat, liebe Burgruinen, lieber Handkäs von Atzbach, liebe Ameisen und Wolken über Kinzenbach: ich sag jetzt mal was. Nämlich, daß ich beschlossen habe dieses Jahr ein Durchreisender zu sein!“

(Ein Bär sitzt im Baum und ißt so vor sich hin. Manchmal kaut er. Der Wind, der den Waldrand beweht ist weiterhin milde. Das fördert die Verdauung. Morgen ist Samstag. Ein Rabe verliert zwei Federn.)

Thema: Musentempel, Thoughts From The Woods | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

RESTERAMPEN, HALBVERNARBTES UND WENN DAS HIRN DANN ERKRANKT

Donnerstag, 24. März 2011 11:49

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Archibald, Bär im Lenz bei Kinzenbach, hirnt heute über die Angewohnheit der Aufrechtgeher ständig und überall Spuren hinterlassen zu müssen. Burgruinen, Gummireifen, Gedankenschrott. Zerstörtes, Unkaputtbares, Halbvernarbtes. Die ganze Welt ein einziges großes: „Entschuldigung, wenn ich das gerade mal hier fallenlassen dürfte!“. Ein einziges großes: „Ach, das wußte ich nicht, daß das hier nicht abgeholt wird.“ Oder noch schlimmer ein gigantisches: „Das tut uns jetzt aber leid, das mit dem Restrisiko war uns nicht so klar gewesen. Na ja! Was soll man da machen?“ Und dann liegen die Reifen rum bis zum Sankt Nimmerleinstag, außer ein Zweibeiner gießt ein wenig Brennsaft drüber und anschließend stinkt es gottserbärmlich zum Himmel und was dann an Kleingetier und Krabbelviechern draufgeht, wenn sie sie wegfackeln wollen, ihre Hinterlassenschaften. Aber das ist dem Aufrechtgeher schnuppe. Weiß man ja. Haben die denn alle keine Keller, Garagen und Hinterhöfe, um dort die Hinterlassenschaften ihrer Existenz zu stapeln? Obwohl, was der gemeine Aufrechtgeher ab und an in seinen Kellern, Garagen und Hinterhöfen treibt. Der Bär möchte es gar nicht wissen. Seltsame Brut! Aber prinzipiell sitzt sich bequem auf diesen Gummidingern. Und riechen tun sie auch nicht schlecht. Wenn man es mag.

Und die zwei Burgruinen in seinem Rücken? Na ja, eigentlich ganz nett, so zwei klare Punkte hier oben in der Weite. Das Auge hält sich fest, der innere Navi weiß nun, wo man sich befindet und wenn man den Berg erklommen hat, kann man weit gucken. Trotzdem: woher kommt dieses tiefsitzende Bedürfnis immer etwas hinklatschen zu müssen, was Bestand für alle Ewigkeiten hat? Es sollen ja einst Aufrechtgeherstämme gelebt haben – das haben Archibald die Ahnen aus Kamschatka und Wyoming zugeflüstert – die sich selbst als die Durchreisenden bezeichnet haben, als Wesen, denen der große Manitou ein wenig Zeit in den Wäldern und Steppen zur Verfügung gestellt hat und sie zur Einhaltung der Prämisse „Bitte verlassen Sie diesen Ort so, wie Sie ihn vorgefunden haben!“ verpflichtet hat. Kennt man ja von Zugtoiletten und man weiß, was der gemeine Aufrechtgeher usw. Aber die Durchreisenden haben sich dran gehalten, haben in mobilen Hütten aus Tierhäuten genächtigt und wenn das Gras abgefressen und die Beeren geerntet waren, zogen sie weiter und nichts blieb zurück. Nur die feine Nase eines Bären konnte riechen, wer auf dieser Lichtung noch vor wenigen Tagen genächtigt hatte. Daß die Durchreisenden ab und an mal einen von Archibalds Urahnen getötet, verspeist und sein Fell zu Mützen oder Schlafsäcken verarbeitet haben, das sei ihnen verziehen. Als Gegenleistung haben sie den Bären als das klügste unter allen Tieren verehrt und ihm magische und heilende Kräfte zugeschrieben.

Und die heutigen Zweibeiner? Die reichen, weißhäutigen, halbvernarbten Luxus – und Klagetierchen? Da finden sie einen „süüüüüß!“ Und dann soll man auch noch das Klima retten! Und sich tagtäglich begaffen lassen und in Fernsehkameras winken. Und so lustig tolpatschig auf dem Betonboden im Gehege rumhoppeln. Und Politikern, die plötzlich im Käfig stehen, nicht ins Bein beißen oder auf die feinen Treterchen urinieren. Und irgendwann kommt einer der Aufrechtgeher auf die glorreiche Idee, Deine Frau Mama, die Dich nach der Geburt nicht mit dem Eisbärenarsch angeschaut hat, mit Dir in ein Einraumgehege zu sperren. Und noch zwei andere Weiber, damit Du denen Kindlein machst, wo Du noch nicht mal das Wort Erektion buchstabieren kannst. Wo die zooleitenden Aufrechtgeher doch in jedem Handbuch nachlesen könnten, daß wir Herren Bären es lieber ein bißchen einsamer haben. Und zwischen Beton und Eisschollen zumindest ein gradueller Unterschied besteht. Und dann wird Dein Hirn krank und Du plumpst ins Wasser, was ursprünglich Dein eigentliches Element war und durch Deinen Schädel jagen Blitze, durch Deinen schlappen Leib zucken Krämpfe und Du ersäufst elend. Und denkst vielleicht im letzten Moment: „Wie pervers, eigentlich hätte mich eine Kamera erschlagen müssen! Hätte eher gepasst!“ Und Archibald Mahler, entfernter Verwandter der armen toten Socke, ist ganz froh in diesen Moment keinen Aufrechtgeher zu erblicken. Rechts nicht, links und so weiter. Man möchte sich ja nicht in einen unschuldigen Wanderer verbeißen. Wegen der emotionalen Resterampe und so. Und während er über den Tod und die Risiken der Existenz nachdenkt, bekommt der Bär einen riesigen Hunger. Nach Rohkost. Nach Leben. So ist das eben. Da bleibt man wach. Und jemand singt Dir kein Gutenachtlied. „Viel zu bedenken, dieses Jahr! Wach bleiben! Jetzt: fressen!“ Der Waldrand ruft. Der Bär folgt.

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ZWEI BURGEN, AMBIVALENZEN, YING UND YANG (UNENTSCHIEDEN IST DOOF!)

Mittwoch, 23. März 2011 23:05

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Man hat den Steinbruch verlassen. Jetzt vor Nase und Auge des Bären: Felder. Zartes Grün. Wintergetreide, unter Schnee und Eis ausgetrieben,  dem ersten Hauch von Wärme entgegenwachsend. Warum liegen diese runden Gummiteile auf den erwachenden Äckern? Sammlerleidenschaft? Der Bauer verunstaltet sein eigenes Territorial? Künstler waren es gar, oder Kunstakteure, dem Alltag entnommen haben sie den Gegenstand, der Natur ward er zurückgegeben? Nun behaftet mit Bedeutung? Der Reifen, der einst zum Rollen brachte, nun der Muttern entledigt, liegt, steht still und kompostiert doch nicht? Mahnmal? Menetekel? Manifestation? Drauf gepupst! Tatsache ist, Archibald Mahler, Bär am Waldesrand von Kinzenbach, erklimmt einen riesigen Haufen von Traktor- und Lastwagenpneus, die irgendein Landwirt hier oben an den Rand seiner Äcker geworfen hat. Vorteil: der Blick schweift weiter. Was ist das da hinter seinem Rücken? Zwei Erhebungen, Hügel. Jede Erhebung, jeden der zwei Hügel ziert eine Burg, genauer eine Burgruine. Fast scheint es, sie blicken sich an die Burgruinen. Die eine Burg und die andere Burg.

Und des Bären Phantasie sattelt das Geschichtenpony und stürmt los. Ist die rechte Ruine nicht jener magische Ort, vom dem Heino Runkel von Rübenstein einst hinaus zog in die Welt, der Liebe seiner angebeteten Adelaide von Möhrenfeld verlustig gegangen, jenes bezaubernden Burgfräuleins, welche auf der Burg gegenüber gegen ihren Willen dem schrecklichen Diktat des Grafen von Kuckucksberg ausgeliefert war? Hört das empfindliche Ohr des Bären aus der Ebene zwischen den zwei erloschenen Vulkanen, die in Blechbüchsen gewandete Aufrechtgeher vor langer, langer Zeit mit Bergfried, Ringmauer, Mantelmauer, Schildmauer und Palas bestückten, um das Ganze dann Ritterburg zu nennen, noch das Klirren aneinander rasselnder Kurzschwerter und Morgensterne hinübertönen? Old School batteling? Analoges Scheppern? Und was spricht der gute Ritter Runkel an wahren Worten dort unten mitten in der Schlacht? „Ein Ritter ungeharnischt taugt so gut wie gar nischt? Ein Ritter kämpfe nur mit Drachen, das Schreiben sollen andre machen? Wer sich bei Damen schlecht benimmt, der werde fürchterlich vertrimmt? Für Ritter an des Abgrunds Rande ist die Vorsicht keine Schande?“ Archibald Mahler schüttelt sich. So ein volliger Blodsinn! Da hat ihm der Herr Ernst Albert mal wieder was ins Ohr geflüstert, von dem ein Bär gar nücht wissen kann.

Ganz anders ist das alles. Sie schauen sich an, die zwei Ruinen, sind so gleich und doch dann zwei und sind verbrüdert und auch nicht und drohen finster und sitzen oben auf dem Berg und sind gepanzert und wollen anders sein und sind es wieder nicht und doch und wie die Aufrechtgeher es halt gerne tun, mit ihren ausgestreckten Zeigefingern und Parteien und Panzern und Kanonen und Bleistiften und Federkielen und Tastaturen und “Gesichtsbüchern” und kommen alle doch aus einem Topf. Und schauen sich an und können nicht weg und unter ihnen heizt der erloschene Vulkan den Hintern und man schaut in den Spiegel und will nicht sehen, sich selber nicht sehen und schaut hin und weg und hin und Ying und Yang und vor mir selber wird mir bang und irgendwann muß wer gewinnen, weil Unentschieden ist doch doof! Und Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz mit zwei Burgbergen im Rücken, denkt, daß das Unentschieden vielleicht doch das der Rasse der Aufrechtgeher am ehesten angemessene Ergebnis ist. Nur wissen die das noch nicht. Bären wissen das. Man kann Aas fressen, Beeren, tote Pferde und alles andere auch. Hauptsache es schmeckt. Und zwar nicht der Burg gegenüber. Sondern einem selbst. Aber ob das alles so seine Richtigkeit hat? Morgen will der Bär da noch mal drüber nachdenken. Aber jetzt bleibt das erstmal so stehen. Oder liegen. Wie diese ganzen Reifen da oben am Rande des Steinbruchs. Nicht so einfach die Zeiten, wenn man sich umschaut. Zur Zeit.

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VOM HÜBSCHEN FEBRUARMÄDCHEN UND DER MILCHBLÜTE UND VON ARCHIBALD

Dienstag, 22. März 2011 14:20

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Wenn man so viel und so schnell und so viel und das auch noch schnell gleichzeitig denkt, obwohl man gerade erst aus dem Winterschlaf erwacht ist und sich sofort wieder an den Welten reibt und schubbert und flucht und hadert und träumt und tanzt und was noch nicht alles, muß man seinen Arzt und Apotheker fragen wegen all der Nebenwirkungen des beschleunigten Hirnens und vergißt wahrscheinlich beim Überschreiten der Apothekenladeneingangsstufe, was man eigentlich und warum. „Was wollte ich sagen?“ Archibald Mahler hat das Gefühl zum Demenzbär zu mutieren. Selber schuld! „Siga, siga!“ Mister Jack–in-the–Green kann sogar griechisch. „Mister Ursus mittelhassonia, ich glaube Ihnen sagen zu müssen, wenn Sie freundlichst erlauben, daß eine Tasse heißen Wassers mit etwas Kräutersud versetzt auch Ihnen durchaus wohltuende Dienste erweisen könnte, ist es nicht?“ Der Bär protestiert aufs Heftigste. Herr Mahler und eine Teetasse? Undenkbar, unfaßbar, ehrabschneidend, fatal. Mister Jack-in-the–Green bewahrt britisch kontenant den Überblick. „Dann riechen Sie sich gelassen, mein Freund. Soll doch Ihre Nase von weltberühmter Sensibilität sein, ist es nicht?“ Es wird vernehmlich gemurrt und am Pöter gekratzt. Ein Gentleman wertet dies als Zeichen der Zustimmung. „Galantamin! Wenn diese Bemerkung mir erlaubt sei, bewege er das, worauf er zur Zeit noch sitzt. Die Götter winken den Aktiven, ist es nicht?“

Oben am Rande des Steinbruchs: der Wald von Kinzenbach. Da sitzt er, der Archibald Mahler, dem gerade eine Kurzkur verordnet wurde. Kleine weiße Krankenschwestern umrahmen ihn. Sie haben Namen: Milchblume, Hübsches Februar-Mädchen, Lichtmeß-Glöckchen, Lichtmeß-Glocken, Marienkerzen, Weißglatze, Schnee-Durchstecher, Weiße Jungfrau. Aber eigentlich heißen sie alle Galanthus, also die Milchblüte. Und noch eigentlicher Schneeglöckchen. Und der Bär findet, daß das die schönsten Blumen überhaupt sind. Das ist ihm gerade eingefallen. Weil er heftig eingeatmet hat. „Galantamin! Die reine Weltarznei! Das ist ja fast so eine Art Bärenkokain. Das pustet die Hirnwindungen. Stop! Wir wollten ja langsam machen!“ Mister Jack–in–the–Green meldet sich zu Wort. „Entschuldigen Sie, wenn der Ratgeber in mir das Ruder ergreift, doch ich sehe mich genötigt folgenden Hinweis zu zitieren: ‚Mögliche Vergiftungssymptome: Es kommt zu vermehrtem Speichelfluß, Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Gelegentlich werden Kreislaufstörungen mit Schweißausbruch und Benommenheit beobachtet.’ Vielleicht übertrieben, doch beachtenswert, ist es nicht?“ Archibald zieht die Nase aus den Kelchen. Zu spät!

Ein wildes Lied jagt ihm durch die Ohren. Er versteht wenig vom dem was der wilde Sänger und Flötenspieler da erzählen will, der Flötenspieler und Sänger der, so scheint es, von einer gnadenlosen Gitarre vorwärts getrieben wird. Dann kehrt Ruhe ein. Ach holde Vermeintlichkeit! Schon wieder dengelt der Gitarrenmann sein Plektrum gnadenlos über die Saiten und der Flötenmann steht auf einem Bein. Fällt der gleich um? Und Archibald Mahler schwant das, wenn er dieses Jahr weiterhin auf diese Welt blicken will, die offensichtlich zur Zeit in größter Konfusion um die Sonne trudelt, noch einiges zu erwarten ist. Wohlan denn mein Hirn und gesunde! Aber eines ist sicher: Schneeglöckchen findet Archibald Mahler einfach nur großartig! Dann dreht er sich um. „Warum liegen da unzählige Blechmilbenreifen auf einem unschuldigen Acker?“

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DAS DORF, DAS DORF, DIE ERDE, DIE ERDE UND DER SELBSTMORD DES ASTRONAUTEN *

Montag, 21. März 2011 16:17

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Eine pralle Frühlingssonne hat den Vollmond vom Himmel gefegt und über dem kleinen Teich unten im Steinbruch über Dorlar beziehungsweise über Archibald Mahlers Kopf – was im Prinzip dasselbe ist – schwebt eine Überschrift*, eine Überschrift*, wie sie der Herr Denkbär gerne einmal in seinem Leben selber ersonnen hätte. Andererseits möchte man ja nicht mit einem durchgeknallten Turbanträger, der auf der anderen Seite des Mare mediterranum in einem Wüstenzelt sitzt und dem jetzt seine ehemals besten Freunde von der anderen Seite des Mittelmeeres Granaten vor die Füße schmeißen, nachdem er wiederum seinen ehemals besten Freunden, dem ihm angeblich die Füße küssenden Volk, ähnliches pyrotechnisches Material vor den Latz und auf die baufälligen Hütten geknallt hatte, in einen literarischen Topf geschmissen werden. Da unterscheidet sich der Blogbär kaum von den Herren und Damen Entscheidungsschiebern: erst den Wind abwarten und dann das Fähnlein hochgereckt. Man hat da ja nun mal keine Wahl oder wahlweise zu viele. Wahlen eben. Kann andererseits aber in die schon volle Hose gehen, das mit dem sich winden. „Mer hotts it leicht, aber leicht hotts ein!“, sagen die südbadischen Aufrechtgeher mit  Recht. Über Japan drehen die Winde. Oder auch nicht.

Was gewiß ist, weil es heute offiziell verlautbart wurde: Herr Iwan Heribert Wintersen hat heute seinen Rücktritt erklärt. Und da er nie ein Interesse an einer akademischen Karriere hatte, darf er auch im Dezember wieder in den Ring zurückkehren. Wobei sich niemand allzu sicher sein sollte, ob der Herr von und zu Frost und Glatteisen in den nächsten Wochen dem Genossen Lenz nicht doch noch den ein oder anderen gelbwürdigen Tritt ans Schienbein verpassen wird. Und da wir gerade dabei sind: wenn einer den Lederball mit voller Wucht vor die Männlichkeit bekommen hat und sich deshalb in völliger Umnachtung über den Pöhlerrasen wälzt, sollten die konkurrierenden Spielgefährten ein Päusken einlegen, wegen Fairplay und so. Da gitt et kein Vertun! Hömma, darüber darf sich hier vor Ort bald wieder der glorreiche Lütte Stan aufregen tun. „Wo waren wir stehengeblieben?“ Archibald Mahler atmet ein und aus, die Oberfläche des kleinen Teichs unten im Steinbruch über Dorlar funkelt ihm entgegen und er begreift zum ersten Mal, was es heißt sich in einem Steinbruch niedergelassen zu haben. Was da so alles rumliegt! Potzrembel die Waldfee aber auch! Welcher Stein auf welchen nun gehöre? Bis der Kölner Dom der geworden war, der er heute ist, sollen ja bald tausend Jahre ins Land gezogen sein. „Viel Spaß, Freund Archibald.“ Beinahe hätte der Bär einen Mittelfinger in die herrlich milde Lenzluft gereckt. Aber er hat keinen. Peching!

Deshalb denkt er über diese Überschrift* nach. Wie so alles anfängt, nicht aufhört, sondern weitergeht. Und daß da unten im Teich kein Ungeheuer vom Loch Dorlar lauert, sondern nur Wasser. Und Gedankenblasen und Wünsche und Träume und Echos und Nichts und dann wieder ganz viel: Wasser. Und wie man sich wünscht, der Sturm möge in dieses ruhige Wasser fahren. Und wie man es genießt, wie das Wasser stille vor sich hin liegt. Und wie das so ist! Und über Ikarus und Dädalus nachsinnt und darüber was man alles noch bedenken kann. Von wegen Flugverboten. Und Tieffliegern. Und was man erst alles sein lassen kann! Weia! Puuh! Bär! Da hallt der Sound klatschender Hände von den Wänden des Steinbruches hinüber. Mister Green, unser kleiner Gast aus Caledonia, mahnt zur Rückkehr zum Wesentlichen. Vor drei Monaten die Wintersonnenwende. In drei Monaten die Sommersonnenwende. Halbzeit also. „Zeit zu nehmen eine Tasse mit heißem Wasser und etwas Kräutern, ist es nicht! Und zu läuten die Glocken! Glück auf, Herr Lenz, wie ich bemerken möchte!“ Herr Mahler schließt sich selbstredend den guten Wünschen an.

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WENN DER AUFRECHTGEHER GERÜHRT IST, ERGREIFE DIE FLUCHT! (KNUT – EDIT)

Sonntag, 20. März 2011 17:04

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Die Nacht entert den Steinbruch über Dorlar. Es wird kühl. Ratsam enger zusammen zu rücken. Oder ein Feuer zu entzünden. Da ist eine Feuerstelle. Lassen wir sie brennen! Ein Steinkreis. Nehmen wir Platz! Einer nach dem anderen betreten die Gäste den Raum. Archibald Mahler, Jack-in-the-Green, vielleicht Winnetou, Robert Zimmermann, die Ahnen und ein Handelsvertreter auf der Suche nach einem günstigen Hotel. Was gibt es zu bedenken? Was hinterläßt der heutige Tag an Überhang? Der Mond ist voll.  Die Herzen?  Die Zungen schwingen. Wer sagt was? Wer sagt was zu wem? Wer ist wirklich da? Gibt es eine Sitzordnung? Wer spielt welche Rolle? Wer ist überhaupt besetzt? Und dort im Gebüsch? Es raschelt. Die Konkurrenz schläft nicht. Egal. Die Worte, der Gedankenblock, der Textberg. Des Bären Verdauung arbeitet. Weidenkätzchenodeur, anverdaut. Pupse sind wie Kinder. Die eigenen erträgt man. Das Gespräch beginnt.

„Der weiße Spielzeugbär aus der Hauptstadt ist tot!“

„Warum?“

„Nicht warum, sondern wie?“

„Wie also!“

„Schwamm tot im Becken! Plötzlich! Heute morgen noch hatte er die Wiederholung von DSDS angeschaut. Mopsfidel!“

„Reboxetin und Viloxazin sei Dank!“

„Sein Pfleger war aber auch eine Seele von Mensch!“

„Meinen Sie Sigmund Gabriel!“

„Zyniker! Pietätloses Schwein!“

„Zurück zum Thema!“

„Solch ich moderieren?“

„Frau Will, wir haben Sie nicht eingeladen. Herr Jauch bringt Sie gerne nach Hause!“

„Und sonst? Mutmaßungen?“

„Aber man sagt, die drei Eisbärenweiber, die das arme Tier bis an die Grenze des Selbstzweifels gemobbt haben, hätte man weggesperrt!“

„Der Symbolbär des Jahres 2007 war sich seiner sexuellen Orientierung nie ganz sicher gewesen. Nur eine kurze Frage in die Runde: Müssen wir Trauer tragen? Er war ein Artgenosse!“

„Überlassen wir das Kai – Mann sind die Dick! – Mann. Und Philipp Lahm soll ja jetzt auch ein Buch schreiben!“

„Gibt es einen Redebeitrag, der über die Tagesaktualität hinaus eine Art Conclusio anbietet?“

„Ähem!“

„Ja bitte?“

„Wenn ein Aufrechtgeher Dir eine Handaufzucht angedeihen lassen will, ergreife die Flucht. Der gerührte Zweibeiner ist die endgültige Verlängerung der unerbittlichen Natur: das hundertprozentige Todesurteil!“

„Unnötige Verlängerung des Leidens?“

„Im Gegenteil! Endlich hat Leiden wieder einen Namen. Diese ganzen japanischen Ortsbezeichnungen kann eh keine Sau aussprechen.“

„Das haben Sie gesagt!“

„Welche Art der Zubereitung macht Eisbärenfleisch eigentlich genießbar?“

„Also! Bitte! Gleich schreib ich einen Leserbrief!“

„Mir ist im übrigen kalt!“

„Dann gehen Sie doch schlafen!“

„Siga, siga!“

„Genau! Ich wäre jetzt auch lieber auf Kreta!“

„In Athen hat es aber letzte Woche geschneit!“

„Hat das Herr Kachelmann behauptet?“

„Sie sind doch….“

„Was?“

„Kennen Sie Steve Hillage?“

Der Vollmond scheint hinab auf eine angeregt diskutierende Runde. Einiges wäre noch zu bemerken gewesen. Dann gähnt Archibald laut und vernehmlich, pupst, kratzt sich am Pöter. Er hat dezente Gäste geladen. Sie wissen, wann es Zeit ist zu gehen. Man muß nicht mit dem Zaunpfahl winken, ein Streichholz genügt. Der Bär wird verlassen. Recht dunkel inzwischen. Ein wenig Schiß am neu erwachten Pöter. Besser etwas Holz auflegen. Die letzten Minuten vor Mitternacht ganz alleine. Schön. Das Feuer glimmt weiter.

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ERST KOMMT DAS FRESSEN, DANN IST MAN SATT!

Freitag, 18. März 2011 16:58

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Der gemeine Aufrechtgeher betrachtet sich ja gerne als eine Art von 1. FC Bayern München unter allen Geschöpfen, welche den Planet Erde mehr oder weniger freiwillig bevölkern. Selbst wenn die Kakerlake, der gemeine Schnittlauch oder die südelsässische Weinbergschnecke durchaus ernstzunehmende und zukunftsträchtige Überlebenskonzepte entworfen oder gar in die Tat umgesetzt haben, das Gen rummenniga hoenensis semper mirsanmira geht davon aus, daß es bis ans Ende aller Tage nur eine Nummer Eins geben kann, wird und überhaupt: Den Aufrechtgeher. Und sollten sich in den ewigen Tabellen mal irgendwelche Verschiebungen ergeben haben, die den ursprünglichen göttlichen Entwurf konterkarieren durch etwas was man nennen mag: den Einbruch der Realität – hängt man die Tabelle einfach andersrum an die Küchenwand. Und da in der Küche gerne mal gegessen wird, hat der heute sehr hungrige Herr Archibald Mahler, Bär in den Zweigen eines ihm unbekannten Baumes (Pflanzenbestimmungsbuch vergessen, menno!) in einem Steinbruch über Dorlar, gerade mal eben wieder die Kurve gekriegt zu dem, über was er heute eigentlich nachdenken wollte.

Der Bär sitzt in den Zweigen. Leckere Weidenkätzchen. Kann man fressen. Frißt der Bär auch. Süß, ein bißchen staubig im Abgang, faserig, aber mit Zahnzwischenraumbürsten kriegt man das Gebiß wieder auf Vordermann. Der Aufrechtgeher ist empört. Junges Leben wächst! Der Lenz, der Frühling, die blauen Bänder! Was da noch draus werden kann! Wie kann man nur in junge Triebe beißen? Dem Bären wurscht. Hunger und nach dem Winterschlaf braucht der Leib Grünfutter. Reinigung. Darmspülung. Fertig. Empörung in Freiburg – St.Georgen! Bald sind Wahlen! Dann werdet Ihr sehen! Politisch korrekt wird gedroht. Der Bär kaut. Er ist in keiner Partei. Halt! Natürlich ist er in einer Partei. Die Partei heißt: Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz. Frag Ernst Alberts Vater – falls er noch leben würde – was der im Zweiten Weltkrieg alles gegessen hat. Essen mußte. Wohlgenährte Aufrechtgeher protestieren. Alleinerziehende Mütter halten ihre Kinder weinend in die Luft. Das junge Leben! Böse, diese Welt, so böse! Archibald Mahler weiß, daß man auf Pferden reiten kann. Aber wer einmal im Leben einen original rheinischen Sauerbraten verzehrt hat, der nun mal traditionsgemäß vom Pääd aka Ross aka Schindmähre stammt, weiß das diese Tiere nicht nur dazu dienen Indianer von Nord – nach Süddakota zu tragen und jungen Maiden ihre ersten Ähem. Schweige, Bär! Hunde? Schlangen? Krokodileier? Niemals und nie mehr wieder!  Vor den Alnaturamärkten wird hyperventiliert. Selbst Frau Merkel ist doch seit gestern bekennende Vegetarierin. Brennesselsuppe und Tang-Omlett, Bohnensouflee und Rotkrautkuchen. Was interessiert mich mein dämliches Geschwätz von vorvorgestern?

Jetzt wird verdaut. Archibald wird eins, eins mit dem Baum und der Schalk fährt ihm in die wiedererstarkten Glieder. „Was, säße ich nicht nur im Baume, was, wäre ich ein Teil – Quatsch und Pöterkratzen! – bin ich der Baum? Was, zöge ich dieses Jahr aus die Aufrechtgeher zu necken und zu schrecken und die ein oder andre Gemeinheit auszuhecken? Fühlt Euch nicht zu wohl unter Euren kunstseidenen Decken! Potzrembel und Vivat die Überzwercherei!“ Unten am Fuße des Baumes ein kleines englischsprechendes Maanderl. „May I please introduce myself? My name is Jack-in-the-Green!“ Archibald stutzt. Aus den Tiefen seiner verdauenden Eingeweide steigt eine Erinnerung. Spricht dort gar ein entfernter Verwandter? Eine dieser mystischen Gestalten, die in den letzten Wochen damit beschäftigt waren dem Herrn Iwan Heribert Wintersen einen beherzten Pötertritt zu verpassen, um ihn zu veranlassen sich vom jetzt zu bestellenden Acker zu machen? Ein Strohbär gar? Archibalds Traditionsherz jubelt und spricht. „Herzlich Willkommen in Mittelhessen! Mein Name ist Archibald Mahler, der Bär, der sich erinnert. Mister Green, wollen wir dem Winter gemeinsam eine Abfuhr erteilen? Was meinen Sie?“ „Das ist eine blendende Idee, ist es nicht?“ Und dann singen die zwei gemeinsam ein kleines Lied. Die Töne einer Querflöte brechen sich an den Wänden des Steinbruchs.

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WER SICH NICHT IN GEFAHR BEGIBT!

Donnerstag, 17. März 2011 8:49

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Aufrechtgeher wollen herausgefunden haben, daß, wer nur wenig oder gar nicht geschlafen hat, bereit ist höhere Risiken einzugehen, daß Schlafentzug also den Leichtsinn befördert. Dies hieße nun im Umkehrschluß, daß wer zum Beispiel einen viermonatigen Winterschlaf hinter sich gebracht hat, nach dem Erwachen die anstehenden Aufgaben mit ganz besonderer Vorsicht oder fast schon Ängstlichkeit angeht. Pustekuchen! Archibald Mahler, Bär am Rande eines stillgelegten Steinbruches über Dorlar, kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Hier ist offensichtlich wieder jemand einer der Lieblingsbeschäftigungen der Aufrechtgeher nachgekommen: Man hat eine Verbotstafel aufgestellt. Man hat eine Verbotstafel aufgestellt und sie mit einem der Lieblingswörter der Aufrechtgeher bestückt: LEBENSGEFAHR. Gut, da unten ist ein kleiner Krater, mit Wasser vollgelaufen, kaltem Wasser und das Ufer ist steil. Und ein kleines Bärenhirn denkt dann: „Nicht anfassen, nur gucken. Man muß ja nicht gleich besoffen in den Teich hüpfen und sich zu nahe an den Kraterrand stellen. Oder?“ Diese Denkleistung scheint aber ein durchschnittliches Zweibeinerhirn zu überfordern, deshalb: Verbotstafel. Archibald aber denkt nach.

„Und warum weisen die Aufrechtgeher eigentlich nicht auf die wirklichen Gefahren hin. Hängen sich zum Beispiel Schilder um den Hals, auf denen zum Beispiel steht: ‚Achtung, ich bin ein sehr dummer Mensch, der nicht begreifen will, daß es vollkommen sinnlos ist mit einer Blechmilbe mit mehr als hundertdreißig Kilometer durch die Lande zu rasen, deshalb brauche ich alle hundert Meter eine Verbotstafel, die mich drauf hinweist, ich möge auf die Bremse treten. So find ich dann das Gaspedal leichter.’ Oder: ‘Hallo, ich bin ein Konsument. Sie können mir jeden Dreck andrehen. Aber schreiben Sie bitte drauf: Kein Atomstrom drinnen.’ Oder: ‚Guten Morgen. Gehen Sie davon aus, daß, wenn ich Sie freundlich angrinse und mit einem Schönen Tag noch verabschiede, ich Sie für eines der größten Arschlöcher auf Gottes Erdboden halte! Danke, daß Sie auf mich reingefallen sind.’ Oder: ‚Servus, ich bin ein sogenannter Kompetenzdarsteller und mache eigentlich Werbung für Haargel.’ Oder: ‚Mein Geländewagenpanzer frißt zwar zwanzig Liter auf hundert Kilometer, aber ich kaufe nur im Reformhaus ein und erziehe meine Kinder rein biologisch.’ Oder: ‚Habe die Ehre. Arbeite lediglich den göttlichen Auftrag ab und mache mir die Erde untertan.’ Oder einfach nur: ‚Hirn im Streik.’ Ja, da haben die Herren und Damen Aufrechtgeher doch noch einiges zu evaluieren und zu optimieren und zu positionieren und zu kümmereien, aber ich will mir das jetzt mal in die Haare, die ich nicht habe, schmieren, weil ich nämlich einen Riesenhunger haben.“

Da unten am Rande des Gewässers Bäume. An den Bäumen Äste. An den Ästen Weidenkätzchen. Ein Genuß und der perfekte Einstieg in ein kulinarisches neues Jahr. Archibald macht sich an den Abstieg. Der Weg ist steinig und steil. Beinahe wäre er ausgerutscht. Wer sich nicht in Gefahr. Denkt er. Aber ist nicht gerade das Denken die Gefahr? Selbstständiges Denken? Ein Denken außerhalb der Laufräder, die die Zweibeiner sich so gerne gegenseitig in ihre Käfige stellen, frei wie Hamster? Jeder zweite Hamster stirbt an Herzschlag. Aber sein Aktivitätswahn reißt wenigstens nicht andere Hamster mit in den Sarg. „Ob das nun ein tröstlicher Gedanke war?“ Jetzt rutscht der Bär aus und es haut ihn schmerzhaft auf den Pöter. „Potzrembel, die Waldfee aber auch. Erst eine Sache zu Ende bringen. Dann weiterdenken.“ Konzentriert und gedankenfrei setzt der Bär eine Tatze vor die andere und erreicht den Grund des Steinbruches. Der Pöter schmerzt. Doch der Hunger wird gestillt. Hört Archibald in der Ferne ein Martinshorn?

Thema: Thoughts From The Woods | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

VOM GEDANKENSCHRANK ÜBER DEN STEINBRUCH ZUR WUNDERTASSE

Dienstag, 15. März 2011 17:09

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„Ich öffne den Schrank. Ich sehe Regalböden. Die Abstände zwischen den Regalböden differieren. Sie suggerieren Möglichkeiten. Hier dicke Pullover, dort Unterwäsche, da klare Gedanken, rechts davon zerknüllte Socken, darüber Unerledigtes, Angedachtes. Auch das Unerledigte scheint ordentlich gefaltet. Es riecht nach: Lavendel, Oleander, Jasmin. Oder nach Sekundärliteratur und Halbwissen. Wie das geballte Fäustchen wuchtig auf die Sperrholzplatte niederrumpelt! Das hätten wir auch noch bemerkt! Fachlaie. Expertenidiot. Doktormami schaukelt den Schlaubär in den Schlaf. Am nächsten Morgen wacht man auf und hat sich ein Loch ins Hirn gedacht. Und weil die Welt kein Vakuum duldet – außer in den Aufrechtgeherlaboren – kommt was nach. Erst wird die Kohle aus der Erde gekratzt, löst sich in Rauch auf, man hatte warme Füße für die eine Nacht oder die andere und dann brechen die Steine an den Rändern. Von unten her drückt das Wasser. Vom Grunde her drückt gründlich Grundwasser ohne Grund. Was leer gemacht wurde, füllt sich schneller als es dem Zweibeiner lieb. Als hätte er vergessen, daß er ohne einen Kreislauf umkippt. Wie der Handwerker gerne bemerkt: Nach fest kommt lose! Linear hätte er es gerne, der Aufrechtgeher! Immer nach vorne! Pöterkratzen einsfuffzig, der Herr! Die Nacht heißt Nacht, weil sie dunkel war. Sieht noch jemand einen Stern in den Urbanwüsten? Das hat Mister Edison gewiß nicht so gewollt. Die Rückkehr der Kerzenzieher ist nicht mehr fern. Kreislauf! Am Rande meines Gedankensteinbruches steht der Gedankenschrank des letzten Jahres und rutscht und rutscht und rutscht so langsam vor sich hin. Das Leben eines Bären ist eine Wundertasse!“

Was man in den Wäldern so alles denkt! Archibald Mahler ist der alten Trasse der Kanonenbahn gefolgt, die unterhalb seiner Grillhütte verläuft. Er erreicht eine Anhöhe. Der Wind pfeift. Weiterhin milde. Das ist gut so. Zu seinen Tatzen die Lahnaue. Direkt vor seiner Nase: ein Loch. Ein wildes Loch. Ein – Darf man das denken? – romantisches Loch. Einen Augenblick lang hat er das Gefühl, dies sei der Ort, wo Old Shatterhand einst seinem Blutsbruder Winnetou das Versprechen gab ihn in Santa Fe und so weiter. Aber rein genetisch bedingt hat Archibald Mahler, Bär über Dorlar, kein wirklich entspanntes Verhältnis zu Rothäuten aller Art. Egal. Später davon. Das Wasser da unten lockt. Der Bär hat Durst. Und dort blühen Weidenkätzchen. “Folge dem Rumpeln des Magens!” Aha! “Kratz Deinen Sterz an der Biegung des Flußes!”

Das Jahr des Herrn Mahler ist noch ein junges Jahr. Es beginnt andererseits recht rasant. Archibald weiß noch nicht so recht, was er davon halten soll. Letztes Jahr hat er den Gedankenschrank erfunden. Jetzt sitzt er am Rande eines Steinbruches. Zweitausendelf scheint sich zur Wundertasse auszuwachsen. Die Welt tanzt eine Walpurgisnacht.

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