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Donnerstag, 8. Oktober 2020 12:42
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Vom Tagesrest und dem Überwintern in der Bettritze
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Der Mann mit der Zigarre und dem würdigen Bart, der am Beginn des letzten Jahrhunderts in der Berggasse zu Wien die von mir geschätzte und gern verwurstete Küchenschypsologie begründet hat und viel Geld und Renommee erwarb, indem er eine Couch in seine Arbeitswohnung hinauftragen ließ und dort dann seine Klienten hinlegte, hat den Tagesrest erfunden. Quatsch, natürlich nicht erfunden, aber zum Begriff gemacht. Die Reste des Tages, so sagt der Mann mit der Zigarre und dem würdigen Bart, sind quasi die Regisseure meiner Träume. Vielleicht auch die Dramaturgen oder Dramatiker dieser nächtlichen Erzählungen. Egal. Das ist auch Lachs wie Preiselbeere. Vielleicht gibt es ja auch, wenn das Leben ein Tag ist, und das ist es verglichen mit den Ewigkeiten, Lebensreste. Und die nimmt man mit in den Traum und lässt sie dort rumfuhrwerken. Ich mag ja besonders diesen Moment, kurz bevor ich die Zügel aus der Hand gebe und das Pferd selbstständig nach Hause trabt, wo ich noch da bin, aber auch schon unterwegs und davon weiß und es doch im nächsten Moment vergessen habe. Und ähnlich, wenn der Traum mich verlässt, ich erwache, aber noch im Nachtrest verweile, während der Tag mich wach blendet und beginnt die nächsten Tagesreste einzusammeln. Ja, als Bär auf den Weg in den Winterschlaf muß man sich solche Gedanken machen. Auch und gerade wenn der Reiseleiter – ich hatte mich gestern schon beschwert – immer noch mit Abwesenheit glänzt. Vor mir der Tisch der letzten Wochen, dieses Sommers. Leergeräumt, regenfeucht. Und hinten, drüben, dort am gegenseitigen Ufer? Schwäne? Sind dies die Gefährte Charons? Warum ist hier eigentlich alles schwarz und weiß? Es brummt in meinem plüschigen Ohr. Der Schrei der Schmetterlinge, bevor man in den letzten Schlaf hinabtaucht? So sang zumindest einst der Sänger der Türen. Es fällt mich eben der Gedanke an, ob nicht das wahre Leben in den Bettritzen zwischen Wachen und Schlaf stattfindet. Lediglich dort. In den Zwischenräumen. Und nicht bunt. Farbe ist Ausschmückung. Und Bewertung. Ich, Archibald Mahler, nun wieder in Mittelhessen, behauptete gestern der große Schwan, sei wieder zu Hause. Könnte sein. Kann der Ehrenwerte Herr Ernst Albert (PS: Ich wollte Sie gestern nicht beleidigt haben. Ich war halt so alleine!) mal wieder vorbeischauen? Weia!
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Thema: Klebebilder | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth