Beiträge vom 26. September 2014

Appenzeller Vergewisserungen / Das Scheiden

Freitag, 26. September 2014 15:55

app_13

„Werter Mahler, Sie findet man tatsächlich überall.”

„Ist nicht, Budnikowski mein, Ihr Geschlecht verantwortlich für das gelöffelte Wort: ‚Ick bin all hier.’?“

„Gewiß, aber entsinnen kann ich mich nicht, jemals einen Hasen, der auch noch – wie Ihr werter Vorfahr – einen Aufrechtgeher nachäfft, auf einem Bierglas verewigt gesehen zu haben.“

„Nun, einen Gegenbeweis verifizieren, dazu bin ich ad hoc nicht in der Lage, hätte aber Lust das zu kugeln.“

„Hä?“

„Nun, so im App und…“

„…im Cellphone dann finden?“

„So ist es!“

(Wir blenden uns aus und lassen die Zwei sich über ihr – so meinen sie – gelungenes Wortspiel etwas rumkugeln. Überzwerch rules ok! Währenddessen schweigen sich Ernst Albert und die wunderbare Eva Pelagia frohgemut, aber auch etwas wehmütig, an. Die Sonne wärmt gewiß noch, doch die gelegentlichen Böen, die dem Herrn Säntis den kahlen Rücken runterrutschen, sind kühl und riechen nach Abschied und erstem Schnee.)

„Haben Sie das gehört, Mahler? Morgen soll es auf den Säntis schneien. Wir müssen los!“

„Wenn ich nur könnte. Diese ganzen Absteigerei bin ich nicht gewohnt. Hier sitze ich und komme kaum noch hoch. Meine Oberschenkel sind aus Stein!“

„Trinken Sie einen Schnaps und lassen Sie sich ins Tal runter googeln!“

„Nun, einen Scheidebecher noch!“

„Hä?“

„Ich war vor Jahren mit den ehrenwerten Herrn Albert oben im Norden an einem seiner Musentempel. Da gab es immer Scheidebecher. Viele. Diesen Winter wollen wir wieder dorthin. Kommen Sie mit? Es gibt Fischbrötchen!“

„Hören Sie mal, Herr Mahler, wollen wir den Scheidebecher nicht nutzen, um uns nach all den langen Jahren zu duzen?“

„Weia! Ob da nicht was kaputt geht?“

„Dann wird einfach zurück gerudert!“

„Gut! Also ich wäre dann der Archibald!“

„Wohlsein! Nenn mich Hase!“

„Rightie right! Nenn mich Bär!“

(Während die zwei Herren sich über ihr auf neue Füße gestelltes Verhältnis freuen, der Sommer – dieser Hochstapler – das Feld räumt und der Säntis fröstelt, summt Ernst Albert sein liebstes Abschiedslied. Und weil es ihn gelegentlich zum Pädagogischen drängt, erhalten Hase und Bär eine Aufgabe. Man möge sich bitte überlegen, was man so aus dem Appenzell mitnehmen würde und dies anschließend notieren. Mindestens dreihundertfünfzig Worte. Damit es hier zu lesen sei. Jetzt das schönste aller Abschiedslieder. Und für alle die ganz viel Zeit haben: die Zugabe.)

app_14

Thema: Appenzeller Vergewisserungen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth