AUF MEINEM BALKON IN DER WIEHRE 10
Mittwoch, 27. April 2011 15:46
„Und heute, Herr Mahler?“
„Manchmal denke ich die Aufrechtgeher da unten in der Stadt müssen Fürchterliches durchlebt und erlitten haben.“
„Wie das?“
„Sie haben ihre Sprache verloren!“
„Mir scheint es, die quatschen immer und müssen jeden Scheißdreck bis zum geht nicht mehr ausdiskutieren!“
„Und dann schweigen sie aber. In wesentlichen Situationen. Wenn ein Aufrechtgeher vor einem Regal in der Kaufbude steht und der Andere dahinter und will auch was haben, drückt er den Vorderen weg mit sicherem Griff. Auf den Gehwegen, wenn Einer langsamer, kommt der Schnelle von hinten und fährt seinen Pöter aus und hat Platz. In den Bahnen und Bussen, der Platz neben dem Einen frei, ein Zipfel des Mantels oder Rockes im fremden Gelände, der Dazukömmling setzt sich darauf. Die Schlange vor einem Schalter wo auch immer, der Eilige von hinten, Körpertäuschung, Plätze gewonnen, vorne eingereiht. Ein freier Tisch im Garten des Bieres, zwei Paare nähern sich, beschleunigt Schritte, rast zu den Stühlen. Besetzung. Reise nach Jerusalem. Der Pedalritter entgegenkommend auf fremdem Terrain, keine Bremse, kein Zögern, nur ein wortloses Beiseitespringen rettet Bänder und Kapseln. Und hier wie bei allen vorher beschriebenen Vorgängen: Lippen schweigen, kein Bitte, kein Verzeihung, gar Entschuldigung, nur schweigender, fordernder, zeigefingeriger Bodycheck, wortlos, satzlos, nicht einmal ein dezentes Fuchteln der Erklärung. Schweigende Begegnungen allenthalben. Bodycheck auf Bodycheck! Schlimm!“
„Da wundert es mich, daß der Eishockeymeister nicht aus dem Heckerland kommt!“
„Nein, Herr Ernst Albert, das sind alles Synchronschwimmer!“
„Warum?”
„Weil sie bei ihren Bodychecks unentwegt grinsen. Erschreckend!“
„Deswegen haben Sie sich in den Efeu zurückgezogen?“
„Quatsch! Ein Gewitter zieht auf. Endlich!“
Thema: Im Heckerland | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth