DER SOHN DES ZIMMERMANNS WAR SEEMANN UND LIEF ÜBERS WASSER
Donnerstag, 28. Oktober 2010 13:10
Das Laufen über das Wasser. Davon hatte Archibald schon in der Höhle von Ernst Albert und der heute sehr vermißten Eva Pelagia gehört. Das kannte er aus einem Lied des alten Mannes mit der so tiefen Stimme, daß es Archibald immer das Fell vibrieren ließ vor tiefer Freude, wenn der sang. Und in diesem Lied wird darüber berichtet daß „der Sohn des Zimmermanns Seemann war, als er übers Wasser lief und sehr lange Zeit zugebracht hat von seinem einsamen hölzernen Turm Welt zu schauen und als er sich sicher war, daß nur ertrinkende Männer ihn wirklich wahrnehmen können, soll er gesagt haben, daß alle Männer Seeleute sein werden, bis die See sie wieder hergäbe und befreie.“ Und jetzt fragen Sie nicht, woher ein Bär des Englischen so mächtig ist, daß er einen Cohensong simultan übersetzen kann. Er kann das. Just dig it! Und wenn er sich ein bißchen konzentrieren würde – aber dazu hat er wenige Tage vor dem Winterschlaf überhaupt keine Lust – könnte er das Lied sogar auf Spanisch singen. Si claro!
Gut, ein Aufrechtgeher mag aus pädagogischen und sinnstiftenden Gründen gerne mal übers Wasser laufen, das mag ja wohl angehen, aber daß tutende Häuser, tutende Häuser, die größer sind als die meisten nichttutenden Häuser, die Archibald kannte, und dann auch noch die weißen Raben magisch anzogen, daß diese tutenden Häuser übers Wasser laufen und gleiten können, wo die doch so riesig sind. „Ja glaub ich das wohl! Potzrembel und heiliger Klabautermann!“ Und – jetzt war der Bär vollkommen geplättet – ihren riesigen Bauch auch noch mit hunderten von stinkenden Blechmilben und bestimmt tausend und mehr Aufrechtgehern füllten samt deren dicken und rollenden Reisekartons. Und dann immer noch nicht untergingen und fröhlich und gelassen auf dem Wasser vor sich hinschaukelten. Sachen gibt das. Der Bär war fasziniert. Und er roch die Ferne. Und er roch die Heimat seiner Urväter, dort auf der anderen Seite des vielen Wassers. Nordwyoming und Kamschatka, die Kodiakinseln und die dichten Wälder rechts hinter Fairbanks. „Nehmt mich mit!“ Aber da kam dann schon wieder so ein Kerl mit orange – gestreifter Weste und guckte nordisch indifferent. Ist das jetzt unfreundlich oder schon Euphorie?
Aber dann wurde es Käptn Archibald Mahler doch etwas mulmig bei der Vorstellung, er wäre Passagier – und höchstwahrscheinlich ein blinder – auf so einem monströsen Pott. Da wäre dann doch zuviel Gewusel und Aufrechtgehergezappel. “Nee, lass mal stecken hier!” Die Tatsache, daß Archibald Mahler, eher Wasserbeschauer als Wasserbegeher, bisher nur an diversen Ufern gesessen war, mal ganz außen vor gelassen. Und so packte Herrn Albert, der aus gänzlich anderen und dienstlichen Gründen seit Tagen ein Lied des Herrn Cohen vor sich her summte, seinen kleinen Genossen und sprach die pädagogisch wertvollen Worte: „Auch eine Weltumseglung fängt in der Badewanne an!“ Das verstand Archibald nicht wirklich, aber er machte sich mit seinem Chef zusammen auf die Suche nach dem ersten Schritt. Und rief einfach erst mal: „Ahoi!“ Kann ja nicht schaden. Hier oben.
Thema: Kieloben | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth