Beiträge vom August, 2010

Alles an was Du Dich erinnern kannst, erzählt Dir von dem, was Du nicht vergessen kannst!

Dienstag, 31. August 2010 21:16

kurz vor der ankunft_variante

(Der Lütte Stan ist abgespielt. Als Mime. Alle Konzentration widmet er nun seinem Job als Licht- und Tonmann. Man sieht es der Bühne an. Projektionen. Videos. Mucke. Atmo ohne Ende. Da das Publikum „Ahs“ und „Oohs“ von sich gibt, verzichtet Archibald Mahler, Regisseur und Protagonist, auf einen Protest – „Und wer guckt da eigentlich noch auf mich?“ – und beginnt seinen Monolog vor den Toren des Orakels.)

„Da sitzt des Bären bebende Hülle,

In seiner Pfote blühende Fülle.

Ist dies zum Eintritt die gültige Karte,

Wartet dort Antwort, die ich erwarte?

Bin ich es auch wirklich, der wohnt in meinem Fell?

Lang war der Weg vom Himmel zur Höll.

Falls es das ist, was hinter den Toren,

Es fragt mich – ich selbst? – was ich hier verloren?

Wie, was, warum und wann und woher?

Rasender Puls, Hirnschale leer.

Auf meinen Lippen, schwer wie Platten aus Blei,

Fragen, verschwommen, Erinnerungsbrei.

Der stinkt von Lügen, dies sei hier geschrieben,

Dies hat mir das Wasser ins Auge getrieben.

Es juckt und es zuckt mein einst abbes Bein,

Doch dies int’ressiert ganz sicher kein Schwein.

Klopf ich nun, schlag an die Tür meine Pfote,

Oder wart ich hier, bis mich ein aufrechter Bote

Hineinruft oder zum Beelzebub jagt?

Bekommt eine Antwort, wer gar nichts mehr fragt?

Die Rose sie welkt, ihre Blätter sie fallen,

Vor die geschlossene Tür. Sind das Schüsse, die knallen?

Warten aufs Warten. Umkehr verboten.

Noch einen Reim gesaugt aus den Pfoten.

Gedanken verworren, Schicht liegt auf Schicht.

Kommt denn nicht einmal ein Kern an das Licht?

Man sagt: Existieren sei Reise genug!

Laß die Wiese wild wachsen und spar Dir den Pflug.

Was war’s, was ich wollte, sag’s mir bitte noch mal?

Ist der Preis für Erlösung nur zusätzliche Qual?

Was war’s, was ich wollte, halt ich’s in meiner Hand?

Ist dies hier schon der Abgrund, oder doch nur sein Rand?

Was war’s, was ich wollte, liegt ich immer noch vorn?

Meine Rose ist blattlos, in der Pfote der Dorn!

Verflucht und verdammt und dreimal Aua gebrüllt.

Ich pfeif aufs Orakel, das sich ewig verhüllt.

Ich kehr Dir den Rücken und auch meinen….“

(Der Bär bemerkt, daß die Türe zum Orakel offensteht. Wie lange schon? Hat man seine Worte vernommen? Wird er eintreten? „Ich glaub jetzt hat er es verschissen, der Bär!“ Das hat einer der Raben gesagt.)

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Nicht jeder, der sich vom Acker macht, führt nur Böses im Schilde!

Montag, 30. August 2010 20:39

auf dem weg

(Die zwei Wanderer auf dem Weg. Schweigend. Der Eine denkt, der Andere sei ihm Gefährte. Offensichtlich unterliegt er einer Täuschung. Der ff spricht.)

„Die Stunde, Bär, ist eine trennende. Der Weg vor Dir

ist Deiner nun allein. Ich kehre um und warte

auf den Nächsten, der diese Gasse geht.

Gehab Dich wohl, es ist schon spät.“

„Was vernimmt mein wandernd Ohr! Halt ein

und denke, daß nicht so oft Du hast Gelegenheit

dem Suchenden die Hand zu halten.“

„Bis gar zum Ziel?

Hinfort ohn Angst. Dies sei mein letzter Rat

Und schon siehst Du des Hasen Fuß entweichen.“

„Nicht so, oh Fremder Freund! Ganz ohne

einen segnend Gruß darfst Du nicht gehn.

Entzieh mir nicht die helfend Gegenwart, die mir

Auf diesem Weg zum unbekannten Ziel

Den rechten Weg vertrauensvoll gewiesen.“

„Mir ist’s zuviel! Nun geh!“

„Wie wert und teuer,

dies sei ein letztes Mal gesungen, fast wie ein Vater

Du mir warst in fremder Ferne, wie jedes Wort,

welch nun zurück mich stößt, mir peinvoll und

mit ungeahnter Wucht hier wühlet im Gedärm.

Wie blinde Angst den armen Bärenpöter! Ach!“

„Leb wohl!“

(Und ein bis drei elegante Haken schlagend macht sich der ff in die Büsche, sprich in die Kulissen. Wenigstens scheint die Sonne. Sogar ein Regenbogen spannt sich über die Bühne. Kommt gut an beim Publikum. „Toller Trick!“, sagt die Bisamratte. „Wie kriegen die das bloß hin?“ Tja, manchmal helfen die Götter den Mimen, eher selten, aber ab und an geschieht es. Der Suchende Bär passiert ein Warnschild. Darauf steht geschrieben:

Suchende,

welche sich dem Orakel in Begleitung von Ratgebern, Fremden Freunden oder ähnlichen illegalen Hilfsmitteln nähern,

riskieren Zurückversetzung an den Ausgangspunkt der Reise oder Schlimmeres.

PS: Haben Sie an Ihre Rose gedacht?

Gezeichnet:

Das Manätschment

Der Bär atmet tief durch.)

„Potzrembel die Waldfee. Da hab ich aber Glück und einen gescheiten Reisebegleiter gehabt.“

(Im Hintergrund fährt der Lütte Stan die Hintergrundmusik rein. Der Bär setzt sich auf einen Stein und denkt nach. Das Publikum auch, weil die Musik im Hintergrund so erhaben ist.)

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Wenn nichts mehr geht, geht meistens einer voran oder alle bleiben stehen (Sagt Laotse! Oder Löw?)

Sonntag, 29. August 2010 18:01

auf dem weg-eiseskaelte

(Es ist kalt, eiskalt auf der Bühne. Bodennah entlang wabernder Trockeneisnebel und blaues Licht verstärken den Eindruck. Das Publikum beginnt zu schlottern. Aus Solidarität mit den Mimen? Weil es beeindruckt ist? Oder weil diese unchristlichen Temperaturen am Ende eines Augustes eigentlich Freilichttheater nicht mehr zulassen? Lassen wir dies die Nachgeborenen entscheiden. Der Bär – es fällt ihm schwer – hebt an zu sprechen.)

„Wir können…..doch wir müssen.…aber….dennoch…Fremder….spürst Du…Freund….?“

„Es geht nicht mehr!“

„Die Kälte…..verflucht…..oh die Sterne….mein Hüfthalter….quatsch….der Kreislauf….das Blut….stockend wie meine…!!“

„Rede?“

„Ja!“

„Das war’s!“

„Adieu!“

„Halt durch! Die Sonne….verdammt nun auch ich.…das  Schweigen!!!!“

„Krrgh!“

(Die zwei Wanderer kehren dem Publikum den Rücken zu. Eingefroren, unbeweglich, schweigend. Schweigend? Für die Zuschauer nicht zu vernehmen: zwei Mimen tuscheln Privattext. Hören wir mal rein.)

„Wer hatte diese Scheißidee?“

„Was meinen Sie, lieber Herr Mahler?“

„Na, daß wir hier jetzt fünf Minuten regungslos rumstehen müssen und so tun, als seien wir eingefroren!“

„Die Regie, soweit ich weiß!“

„Herr von Lippstadt-Budnikowski, wie soll ich diese Anspielung verstehen?“

„Ich wollte lediglich Ihre Frage beantworten und in diesem Zusammenhang noch mal auf die Konzeptionsbesprechung verweisen!“

„Ja und? Sprechen Sie!“

„Na ja!“

„Raus mit der Sprache, Theater ist ja schließlich keine Diktatur!“

„Das sagen Sie!“

„Wenn Sie nicht innert der nächsten Sekunden! Ich gehe ab!“

„Als Regisseur?“

„Ich zähle bis drei. Eins…zwei…“

„Sie sagten, nach der Pause wäre, also während die zwei Gefährten unterwegs sind zum Orakel, nun da wäre ein konsequentes und für das Publikum fast schon unerträgliches Freeze eine schöne Idee.“

„Was für ein Freeze?“

„Einfrieren halt. Nicht bewegen und der tiefere Sinn wäre, man könne so bildhaft  und nonverbal den Stillstand von Zeit darstellen, damit mahnen an die Vergänglichkeit, also quasi ein Freeze der Unmöglichkeiten, ein Freeze der Chancenlosigkeit im Kampf mit den Mächten des Schicksals oder so bauen! Ein Freeze, welches um sich selber kreist und so sinnbefreiendes Warten gebiert! Ham Sie gesagt!“

„Hab ich gesagt? Sinnbefreiendes Warten?“

„Ham Sie gesagt!“

„War ich betrunken?“

„Nicht das ich wüßte!“

„Oh Gott! Sollte man nicht öfter mal schweigen?“

„Na ja!“

„Potzrembel die Waldfee, da schämt man sich ja als darstellender Bär. Und jetzt?“

„Da müssen wir durch! Noch zwei Minuten!“

„Und das Publikum? Ist es noch da?“

„Ich habe nichts Gegenteiliges vernommen!“

(Das Publikum beginnt zu kichern. Leise erst, dann immer lauter. Die Mimen wundern sich. War was mit den Kostümen? Ist ein Zuseher hinter ihrem Rücken auf die Bühne gehüpft und trieb dort Schabernack? Was sie nicht bemerkten, sie standen vor dem Mikrophon, in welches der Beelzebub sein “Lied von der Anstrengung schlecht zu sein” gesungen hatte und der Lütte Stan, unter anderem verantwortlich für Licht und Ton, hatte vergessen das Mikro rauszuziehen, denn er mußte zu seinen Auftritt als ff eilen. Das Auditorium hatte also alles mitgehört. Gott sei Dank möchte man sagen. Wer lacht, friert nicht!)

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Auf der nassen Strasse geht es nicht voran zum Ende des Spieles hin

Freitag, 27. August 2010 19:52

auf dem weg-regen

(Der Suchende Bär – heute wieder mit Rose – und der ff haben sich auf den Weg gemacht Richtung Orakel. Wasser oben, unten, rechts und links. Alles glitscht und gluckert. Das erste Wort hat der Bär.)

„Wie ist das Wetter?“

„Es ist zum Weinen!“

„Es wird wieder heiter!“

„Mal sehen.“ (Er schaut in die Ferne.) “Nichts…nichts…und wieder nichts.“

„Kein Blau?“

„Nichts.“

„Alles ist…..!“

„Alles ist …alles ist…alles ist was?“

„Was alles ist? Mit wenigen Worten? Schwer zu sagen!“

„Na?“

„Schau Dir die Wolken an!“

(Der ff schaut in die Ferne.) „Nichts ändert sich!“

„Schau Dir die Regentropfen an.“

„Hat man je so etwas gesehen?“

„Schau dort hinten den See!“

„War er nicht schon immer da?“

„Gewiß.“ (Lange Pause. Kratzen am Pöter. Der Hase wringt seine nassen Löffel aus. Der Bär nun ungeduldig und heftig.) “So kommen wir nicht weiter!“

„Weiter? Hinterm Horizont?“

„Was soll denn schon hinterm Horizont sein?“

„Das Andere?“

„Die Nacht?“

„Vielleicht ist schon Nacht und wir merken es nicht!“

„Es wäre dunkel.“

„Wenn es regnet vielleicht nicht!“

„Wir sind doch nicht etwa dabei, uns…also…?“

„Was uns?“

„Aufzulösen!“

„Aufzulösen?“

„Ich frage mich nur, wenn uns ein einigermaßen vernunftbegabtes Wesen lange und ausgiebig beobachten würde, würde es sich nicht Gedanken machen?“

„Über uns?“

„Über den Weg.“

„Unseren Weg?“

„Wenn wir nur wüßten wohin!“

„Gehen wir weiter!“

„Wir können nicht!“

„Warum?“

„Es juckt mich!“

„Ein Floh? Das wäre fürchterlich.“

„Verläßt Du mich jetzt?“

„Nein, ich kann nicht!“

„Warum?“

„Es juckt mich auch!“

„Wo?“

„Woanders!“

„Machen wir Pause?“

„Nein, wir können nicht. Es regnet!“

„Gehen wir eben weiter!“

„Gehen wir eben weiter!“

(Sie gehen weiter. Der Regen hört auf. Dafür wird es bitterkalt. Natürlich nur auf der Bühne. Theaterkünstler lieben ihr Publikum.)

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Ein trüber Tag gegen Ende des Sommers und ein Bär regt sich fürchterlich auf! (Warum eigentlich?)

Donnerstag, 26. August 2010 20:22

der gute teufel

(Über die rechte Schulter des Beelzebub sich lehnend Archibald Mahler in seiner Rolle als Suchender Bär. Wütend, man kann sagen, fast schon außer sich. Er gestattet dem Publikum einen leichten Aufatmer ob seines unversehrten Erscheinens, dann legt er los. Zweites Semester Schauspielschule: Der sogenannte Ausbruch! Was ein Fachbegriff ist fürs Zürnen und Toben, gerne unkontrolliert mit der Gefahr einer Zerrung (man selbst!) oder eines blauen Auges (bei Kollegen!). Auch Requisit möchte man da nicht sein. Los geht’s.)

„Im Elend! Am Rande, ach darüber hinaus, der blanken Verzweiflung! Schwitzend und sich das Haar raufend über den Planeten geirrt und nun erbärmlich gefangen! Mit unbekannten Ingredienzien vollgepumpt und entsetzliche Qualen leidend im Kerker des Leibhaftigen! Die Suche ist abgebrochen. Zerschmettert die Hoffnung! Bis hierhin, ach, nur bis hierhin! Teuflischer, nichtsnutziger Geist! Was bietest Du mir als nächstes? Fässer vergifteten Weines? Abgeschmackte alte Bärenweiber, mir mein letztes Restchen Verstand aus den Hirnwindungen saugend! Hund! Abscheuliches Untier! Öffne die Tore, befreie mich von den Ketten! Befreie meine empfindliche Nase, die tausendmal empfindlicher ist als die Nase der Aufrechtgeher, von Deinen unsäglichen Ausdünstungen! Was wünschest Du? Soll ich hier im feuchten Grund vor Deinen verkrümmten Füßen auf meinem Fell entlang rutschen und um Gnade winseln? Meiner unschuldigen Bärenseele zum unwiderruflichen Pakt mit Deiner Teuflischkeit raten? Mir wühlt es Mark und Bein durch! Ach, ich Elender! Ja! Poor Poor Pityful Me! Ich will hier raus!“

(Der Bär atmet schwer. Emotion ist ein hartes Brot. Zumindest auf der Bühne. Stille, durchschossen von pfeifenden Bärenlungen. Die Raben meckern rum. Der Lütte Stan fährt den Soundtrack rein. Leise. Hintergründig. Der Beelzebub lacht. Der Bär schaut ihn böse an. Der Beelzebub schmunzelt und spricht.)

„Mutig bist Du ja, Freundchen. Schöner Monolog, bißchen viel vom Geheimrat geklaut, paar Wiederholungen und viel schweres Gepumpe, aber – kurz und knapp – leider an der Grenze des gemeinen Aufrechtgeherwitzes namens “Das Große Leiden” entlang geschrammt. Was regt Dich auf? Du willst durch die Welt fliegen und dann hältst Du den Schwindel nicht aus! Bist Du von Deiner Fensterbank aufgestanden, um hinaus zu ziehen und den inneren Zusammenhalt der blauen Kugel zu suchen oder ich?“

„Grins mich nicht an und zeige mir Deine gelben Zähne! Mein Magen rumpelt wie die Trommel einer überfüllten Waschmaschine bei Deinem Anblick! Der Ekel schüttelt mich!“

„Sag Deiner Wut, ich bin das falsche Ziel. Ich bin nichts als ein kleiner unschuldiger Spiegel. Man macht es sich einfach, wenn man stolpert und die Wurzel beschimpft und nicht den unachtsamen Fuß. Und – by the way – haben wir eine Abmachung? Ich glaube nicht! Du kannst gehen!“

(Nach einer verdatterten Pause) „Wie? Ich kann gehen? Du verfluchst mich nicht? Läßt mich nicht Steine klopfen oder meine gesamte Verwandtschaft in Wyoming oder Kamschatka verleugnen? Ich muß nicht für immer dem Lachs und dem Honig abschwören? Mir einen kläffenden Vierbeiner zulegen? Kein Preis? Keine Strafe?“

„Nichts wird so heiß und so weiter. Du weißt schon. Ich tu doch nur meine Pflicht. Ab und zu den allzu Guten die Ohren lang ziehen und ihre Nase auf die dunkle Seite des Mondes hinweisen. Das ist im übrigen Dein Seelenpöter, den Du Dir so gerne kratzt. Wohlgemerkt Dein Pöter, nicht meiner! Sei’s drum! Um Dich mach ich mir keine Sorgen! Du frißt Aas und willst die Welt so lassen, wie sie ist! Hau ab! Du findest Deinen Weg! Auch ohne Abmachung mit mir! Es war mir eine Ehre, Dich ein wenig aufzuhalten und zu ärgern! Abflug!“

„Dich soll einer verstehen, Herr Beelzebub! Du bist ganz schön unergründlich!“

„Stell Dir vor, ich bin ein dunkler Teich und Du sitzt an meinem Ufer. Du sammelst eine ungerade Anzahl von Steinen, legst sie in einen kleinen Beutel und hängst sie dann in mein Wasser. Nach einer gewissen Zeit holst Du den Beutel raus und Du wirst eine gerade Anzahl von Steinen in Deinem Beutel finden. Wenn Du dann noch Zeit und Lust hast, machst Du die Gegenprobe. So geht das. Flüssiges wird starr, Lebendiges tot und Ideen bekommen Beine. Und vergiß Deine Rose nicht!“

„Potzrembel! Die hatte ich ja ganz vergessen!“

„Eben! Festhalten!“

(Der Beelzebub überreicht Archibald die unversehrte Rose und verschwindet im selben Moment. An seine Stelle tritt der Lütte Stan in seiner Rolle als ff. Dann beginnt es säuisch zu regnen. Natürlich nur auf der Bühne. Theaterkünstler lieben ihr Publikum.)

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Der Beelzebub singt das Lied von der Anstrengung schlecht zu sein und dann geht es weiter

Mittwoch, 25. August 2010 21:22

monolog des teufels_original2

(Die Bühne steht noch. Die Mimen haben neue Kraft geschöpft. Die Zuschauer sind auf ihre Plätze zurückgekehrt. Einige haben sogar jemanden mitgebracht. Die Bisamratte ihren dreibeinigen Onkel, das Schwanenpaar mit den Jungen fünf elternlose Nilgansküken und die sieben Raben sind nun siebenundsiebzig Raben stark. Sie betrachten den Beelzebub als eine Art Schwarmführer und – ehrlich gesagt – spekulieren sie auch auf ein leckeres Bärengulasch. Der Himmel ist stark bewölkt. Dadurch eine atmosphärische Verdichtung, die so nur bei Freilichtspielen möglich ist.  Der Beelzebub schwingt sich auf die Bühnenrückwand und beginnt zu singen. Fis-Moll.)

Das Lied von der Anstrengung schlecht zu sein

1

Man stinkt. Man kratzt sich wund. Man keucht und flucht.

Man spuckt. Man grinst in eine freundliche Frage hinein.

Die Haare auf den eigenen Zähnen werden gekämmt! Noch Fragen?

Man kackt. Man spült nicht runter. Dann wird gereimt.

2

Mit schmutzigen Fingernägeln tief im Nasenloch ein paar Gedanken.

Die Seifenstücke kaue ich zum Mittag. Das Fieber steigt.

Über mir eine freundliche Sonne. Unter mir Staub.

Dort werde ich liegen. Für Euch. Unter Euch.

3

Eure weißen Hemden flattern auf den Wäscheleinen.

Eure reine Haut schimmert im Morgenlicht.

Eure reinen Seelchen singen tänzelnde Lieder in Dur.

Eine große Kanne Selbstgebrannten schütte ich mir in den Hals.

4

Wie auch anders soll ich mich, den Teuflischen, betören?

In Euer mit Worten der Weisheit bedrucktes Papier

Gerollt ein stinkendes Gemisch bulgarischer Tabake?

Drunter gemischt harzende Reste selbstgezogenen Hanfs?

5

Und Nein und noch mal Nein und wieder Nein auf jede Eurer Fragen.

Was weise geschrieben und bedacht und wohlfeil bedruckt

Heizt meine Bretterbude ein. Hinter dem Hause der Dung.

In den Zimmern die Reste meiner verrottenden Mahlzeiten.

6

Gelegentlich singe ich zynische Couplets auf den Strassen

Über die Ihr, geil verdientes Geld tauschend in wohlfeile Waren

Wandelt und glücklich strahlt und Eure Feste feiert, bis Ihr fallt.

Für die Reste Eueres Erbrochenen übernehme ich die Verantwortung.

7

O Ihr himmlichen Früchte befleckter Empfängnis!

Ich hänge raus die Laken! Seht meines Balkones Zier!

Ich deck mich zu mit meinen Sünden!

Auch wenn ich frier!

8

Der Böse ist doch stets der Andere! Nehmt meinen Namen und

Gebraucht ihn als Euer Schild! In dieser Rüstung, solltet ihr mal fallen

Über das eigene, so stolz geschwungene Tanzbein,

Wundert Euch nicht, wenn es scheppert! Und ich von dannen!

(Es zischt und dampft. Zwischenrufe. „Und der Bär?“ „Wo ist er, bitte sehr?“ „Ist das jetzt ein neues Stück oder geht’s noch?“ Geduld ist nicht weit verbreitet in den Auditorien dieser Welt und der Umweg wird bestenfalls zähneknirschend goutiert. Deshalb: Gerumpel hinter der Bühne: Auftritt Archibald Mahler als Der Suchende Bär. Applaus! Nur die siebenundsiebzig Raben murren etwas.)

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Zu spät, Du rettest den Freund nicht mehr? Dennoch sollte man es zumindest versuchen!

Donnerstag, 19. August 2010 21:48

fremder freund am gruenen fall

(Leere Bühne.. Das letzte Lachen, der letzte Powerchord verhallt. Nur die Raben kreisen noch über der Bühne. Der Fremde Freund tritt auf. Sehr vorsichtig.)

Heda! Wer fehlt da! Holla! – Ist die Nacht

Schon angebrochen? Sagt es an, ob  – Huch!

Gut Freund, ihr Raben! Seid ihr die Boten

Jenes, dessen Hauch noch in der Luft?

Ihr seht den harmlosesten Gefährten,

Bei meiner Treu, der hier auf dieser Bühne

Zitternd wandelt, vielmehr hier harrt

In Staunen. Wo ist der Bär? Heda!

(Die Raben nehmen wieder ihre angestammten Plätze im Auditorium ein. Es wird noch stiller, falls es eine Steigerung von Stille geben sollte.)

Vorsicht! Langsam, Herr von Lippstadt-Budnikowski.

Ach nein, dies ist der Name nicht

Den ich auf dieser Bühne trage,

Doch ist die Spannung ungeheuer hier,

Und es vertut sich mancher, eh er’s glaubt.

Der Mahler fehlt, ei hol`s der Henker,

Und aller Mut rutscht mir ins linke Bein

Oder ins rechte tief hinab, oh Graus.

So soll ich in den finstren Orkus fahren?

Ein Has mit Herz? Dies hätte der Verfasser

Auch anders hinnotieren können.

Ruhm bleib mir fern und Du auch Ehre

Ohne Sinn. Ist’s nicht viel besser,

Ein langes Leben leben und jegliche

Karotte, die den Weg Dir glänzend kreuzt,

zu nagen mit dem völligen Gebiß?

(Hinter oder unter der Bühne – schwer zu orten – schreckliches Stöhnen und Keuchen. Wird ein Bär gefoltert? Der Fremde Freund erschauert.)

Doch was zum Teufel sprech ich hier

Da mir das Ohr erzittert wie das Laub

Der Espe, die die Höhle meiner Ahnen

Krönte? Welche Schande läßt mich schier

Erröten, ob des schändlichen Verrat am

Hehren Worte Freundschaft? Sapperlot!

Der Freund, zwar fremd, bist Du genannt,

Es wäre gut, wenn Du die Rolle übst!

Auf! Gut bemerkt, Freund Stan! Nun prüfe

Wie den Pfad der Tat mit durchgestreckter

Brust Du kannst bestreiten und –

Sei Teufel hin und Schwefel her –

Es ist ein Freund! Ihn gilt’s zu retten!

Doch allein: die Furcht sie bleibt.

So gilt es nun zu denken und dies

Genau, präzis und nicht in wilder Hast.

Ein guter Grund – ich schick Euch in die Pause

Und seh am nächsten Mittwoch wieder

Euch und wer auch immer will,

Zur selben Zeit am selben Ort

Und danke bis hierhin. Ach! Uff!

(Geht langsam ab, verkneift sich aber ins Publikum zu winken, denn hinter der Bühne erwartet ihn Archibald Mahler, geschäftsführender Bär in Sachen Kunst, der ein Auge dafür hat, wenn angehende Talente den Bodenkontakt verlieren.)

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Mr hotts it leicht, aber leicht hotts ein! Oder: Man hat’s nicht leicht, aber manchmal geht’s schnell!

Mittwoch, 18. August 2010 21:20

teufelsstich

(Die Bühne ist in rotes Licht getaucht. Musikeinsatz. Laut, sehr laut. Die Musik läuft unter der ganzen Szene. Die Mimen müssen brüllen. Man versteht trotzdem kaum ein Wort. Man kann es aber hier nachlesen. Der Beelzebub kommt, packt den Bären und jagt ihm eine Spritze in den allerwerten Bärenpöter. Archibald Mahler – und das nicht nur in seiner Rolle als Suchender Bär – schreit auf.)

„Potzrembel die §$%&$§ Waldfee, was soll das denn?“

„Ha, er fragt, was dies solle, das fragt er, der Bär, er, der Bär, der sucht und jetzt flucht, fragt, was dies solle, dieser Bär, der die Welt durchschreiten will, vom Himmel zur Hölle und, hahaha, von wegen wieder zurück, dieser Bär fragt, was dies solle, wenn Herr Beelzebub persönlich seinen Weg kreuzt und ihn erinnert, wo der Schmerz zuhause ist und da fragt er, der Bär, mich, mich fragt dieser Bär, was das solle? Ja, hols doch der Teufel!“

„Was wollen Sie von mir? Ist das die feine Art, harmlose Wanderer zu überfallen und mit Spritzen zu traktieren?“

„Apart, apart dieser kleine Wanderbär und so wunderbar dumm. Nichts will ich, nichts und noch mal nichts mal zwei geteilt durch vier weniger sieben mal sieben und wieder nichts ist nichts und dreimal null ist null ist null und ein bißchen Spaß muß sein! Alaaf! Der größte Spaß ist, den selbsternannt harmlosen Wühlern in den Innereien des Weltgetriebes ihre neugierige Nase lang zu ziehen und sie mittenmang in die größten und stinkendsten Misthaufen zu stecken. Dort mögen sie riechen, was die Welt bewegt und durch die Zeiten treibt. Da wo es stinkt, da laß dich ruhig nieder! Die Welt ist nackt, zerrissen ist ihr Mieder!“

„Wer sind Sie? Und außerdem riechen Sie unfein?“

„AAAAHHHHHAHAHA! Ein kleiner Bildungsaffe! Unfein riechen! Pech und Schwefel, bierseliger Achselschweiß und schwache Blase im Schritt, vermoderter Knoblauch im Backenzahn und hinten raus ein verstopftes Klärwerk. Unfein riechen, mein lieber Freund, dein Charme läßt mich Buttersäure weinen! Die Welt ist keine Parfümerie. Die Welt ist geronnenes Blut, zerrissenes Hemd, gebrochenes Rückgrat, verfaulte Schwüre, aasiger Neid und Killeregos! Halt Dir ein mit Klosterfrau Melissengeist getränktes Seidentüchlein unter Dein feines Näschen, wenn Du über die Leichenberge steigst, die unsere geschätzten Aufrechtgeher zwischen Dir und Deinen Ziel aufgetürmt haben! Heureka war gestern!“

„Sie sind ja wütend, mein Gott!“

„AAAAARRGHHH! Noch einmal dieses Wort aus deiner Schnauze und ich nagele Dein Fell mit 95 von Kardinal Mixa selbstgeschmiedeten Nägeln an die nächste Kirchentür und die Regensburger Domspatzen singen dazu ‚Im Odenwald, im Odenwald da macht der Baecker Buben kalt!’ Zum Teufel aber auch!“

„Sind Sie etwa?“

„Hundert Punkte und das war: SPITZE!

(Der Beelzebub springt in die Höhe, wie eine Mischung aus Hans Rosendahl und Pete Townsend am Ende eines Songs. Archibald Mahler – also dem Suchenden Bär – fallen die Augen zu. Seine Zunge wird schwerer und schwerer.)

„Waaaas iisstt mitttt miiiir? Es iist aaahles so scheen bunt hiaar!“

„Lysergsäurediethylamid?“

„Hää??“

„Lucy in the sky with diamonds! Aber auf die harte Tour, mein Freund! Zum Kerker bitte rechts abbiegen! Das kachelt, Mann!“

„Wääre ichschshch dock zuuu Haause, nach Haussse telefonierennieren, Teflonfahnen aller Länder vereinigt Eueueuch! Aua, das brennt!“

„Ja, brennen sollst und nicht nur an zwei Enden! Willkommen in der Unterwelt!“

(Rauch, Nebel, Krach, halbnackte Rockerbräute und theatrales Headbanging. Der übliche Klamauk eben und weg ist der Bär. Ein letztes Lachen des Beelzebub! Dem Fischreiher geht das alles zu weit und er fliegt davon. Die Bisamratte kriegt sich nicht mehr ein vor Lachen und die Raben drehen eine Runde über die Bühne. Sehr dekorativ.)

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Was man sieht bedeutet nichts, denn es ist nur da oder auch nicht! (Wenn der Schatten recht hat!)

Dienstag, 17. August 2010 22:16

guter koenig-sepia

(Das Lied vom Teddybären ist verklungen. Die Raben hatten sogar mitgekrächzt und die Bisamratte mitgeschunkelt. Nebel hüllt die Bühne ein. Der Lütte Stan leistet offensichtlich ganze Arbeit.)

„Was war dies für ein Lied, Herr Schatten?“

„Es war der König und nicht der Zimmermann, der eben jetzt Dein ungeduldiges Ohr besang.“

„DER König?“

„Der König ist tot!“

„Welcher?“

„Alle!“

„Und Sie? Sind Sie ein König oder – Verzeihung – der Schatten von einem König, der noch lebt?“

„Wenn alle Könige tot sind, warum sollte ich dann noch leben?“

„Stimmt auch wieder! Manchmal ist man ja blöd, Herr Schatten!“

„Aha, der Bär ist weise vor seiner Zeit! Aber Vorsicht: Hüte Dich vor Lob auf dem Weg!“

„Aber ich frage mich…“

„Da wirst Du keine Antwort finden!“

„Auch wieder richtig! Also: bin ich jetzt eigentlich schon bei Ihnen oder noch nicht so richtig ganz?“

„Ich bin nicht da. Aber ich freue mich sehr, wenn Du mich besuchen kommst!“

„Und diese blöde Ebene! Was hat die für eine Bedeutung?“

„Es ist eine Ebene!“

„Aber…“

„Kein Aber, Herr Mahler. Wenn in einem Stück oder in einem Lied eine Lokomotive oder ein Paar Schuhe oder ein Kuß oder der Regen auftauchen, sind das erstmal eine Lokomotive, ein Paar Schuhe, ein Kuß oder der Regen. Man muß es nicht mystifizieren.“

„Ist das jetzt kompliziert oder bin ich dumm?“

„Weder noch! Ich bin nur ein unverbesserlicher Schlaumeier. Das Alter! Verzeih mir! Versuche diese Ebene zu durchqueren! Wenn nicht: suche Dir einen anderen Weg. Aber paß auf die Rose auf!“

„Wollen Sie schon wieder gehen, Herr Schatten?“

„Der Abendnebel hüllt uns ein. Ich habe mir inzwischen angewöhnt des Nachts zu schlafen. Der Katze geht es gut, die Blätter fallen von den Bäumen und mögen die Götter uns gnädig sein. Gute Nacht!“

„Bis bald!“

(Eine Nebelbank schiebt sich zwischen den Suchenden Bär und das Orakel. Der Fischreiher bemerkt, die Sicht auf das Geschehen sei inzwischen sehr eingeschränkt. Und Archibald fröstelt es. Er arbeitet sich unauffällig Richtung Hinterbühne und zischt in die Kulissen.)

„Technik!“

„Sie wünschen, Herr Mahler!“

„Es ist ja beeindruckend, daß Sie es sogar schaffen die Nebelmaschine in Gang zu setzen, aber übertreiben Sie nicht etwas, Herr von Lippstadt-Budnikowski!“

„Verzeihung, Herr Mahler, das bin nicht ich. Die Natur ist’s. Plötzlicher Herbsteinbruch!“

„Dann machen Sie die Heizung an!“

„Rotes Licht könnte ich anbieten! Dann wirkt es zumindest wärmer!“

„Worauf warten Sie?“

(Technik ab und die Bühne wird in rotes Licht getaucht. Plötzliche Unruhe im Auditorium. Die Schwanenjungen rufen: „Vorsicht! Hinter Dir! Paß auf! Hinter Dir! Hinter Dir da steht der..…!”)

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Vom Erstellen eines Blacks am hellichten Tag, der Ebene OHNE-END und ein Lied für den KING

Montag, 16. August 2010 20:27

empfang der blume

(Der aufmerksame Leser wird sich gefragt haben, wie ein Black auf einer Freilichtbühne und das auch noch am zwar grauhimmeligen, aber doch hellichten Tage bewerkstelligt wird. Ganz einfach. Während der Protagonist – Herr Mahler als Suchender Bär – mit seinem neuen Requisit beschäftigt ist und den Text für die nächste Szene – Monolog!!! – aktiviert, stürzt der Mann für alle Fälle – unser Lütten Stan – an die Rampe und bittet das Publikum die Augen zu schließen. Man kommt der Bitte nach. Lediglich die Jungschwäne weigern sich ihre Köpfe unter ihr Gefieder zu stecken. Vernachlässigbare Ignoranz der Jugend! In dieser Zeit der imaginierten Finsternis führt nun Stan den Bär zum SMARAGDFALL, der für wenige Sekunden wieder zum banalen Schal wird, der Bär klettert daran – und Bären können das, und wie! – ein guten Meter in die Höhe, Stan bittet das Publikum bis ZEHN zu zählen, dann die Augen zu öffnen, macht sich darauf vom Acker, es wird Licht in den Köpfen, der Bär atmet einmal tief durch und dann spricht er folgende Worte.)

„Es dauert mir zu lange! Das Leben keines Bären kennt Unendlichkeit! Kein Bär ward schon in jungen Jahren, wenn wild noch in der Brust schlägt sein eifrig forschend Herz, zum Alten Bär vom Berge und findet ab sich mit dem steten Lauf der Welt, wirft fort die Fragen in den Fluß des Vergessens und atmet nichts als aus, dann ein. Nein! Hier sitze ich, halte die Rose in den Händen, die Türen, Schlösser mir eröffnen soll und was ich sehe, ist nichts als eine weiße, nackte, staubige Ebene. Baumlos und heiß liegt sie zu meinen Füßen, kein Weg, kein Pfad kreuzt ihre Ödnis, sie findet weder hinten noch vorn ein Ende und hinterm Horizont da geht’s nicht weiter. Nein! Kein Bär, kein Aufrechtgeher scheint diese Wüste je gequert. Jungfräulich liegt der Sand vor meinen Augen, nicht eine Spur, kein Zeugnis irgendeines Lebens. Blick ich nach oben, fällt mir ein trostlos, stählern Himmel auf den Kopf und die Welt scheint mir wie ein großes Einweckglas und auf dessen Grund lieg ich, ein Kilo Pflaumen. Warum ist keine Antwort mir, der ich in die Weite hinaus rufe und brülle? Nicht mal ein Echo traut sich die endlose Stille zu durchbrechen. Gnadenlos und Satz für Satz, Stück für Stück wirft mir die Leere all meine Fragen zurück vor meine Tatzen. Was soll ich tun? Die wüste, leere Ebene queren? Gefahr laufen an ihrem Ende zu stürzen in einen ewigen, alles verschlingenden Abgrund? Oder hier warten, bis die Rose fault in meinen Händen und die bleichen Knochen meines ausgetrockneten Leibes eines Tages einem Wanderer, der sich am Ende aller Zeiten hierher verirrt, als Wegweiser oder Mahnmal dienen? ‚Hier starb ein Suchender und nahm seine Fragen mit ins staubige Grab.’ Ach wäre ich zu Haus geblieben, auf der Fensterbank, die kleinen Dummheiten der Aufrechtgeher betrachtend, mir meinen Bärenteil denkend und zufrieden zwischen Thunfischbüchse und Marmeladenglas hin- und herpendelnd. Meinethalben verspottet als Sofabär, doch entronnen der Sinnlosigkeit der EWIGEN SUCHE! Potzrembel die Waldfee aber auch! Was ein wüstes Land zu meinen Füßen!“

(Erschöpft blickt der Bär über die Köpfe der Schauer hinweg und imaginiert konzentriert die Wüste Gobi oder die Salzwüste von Utah oder stellt sich einfach vor, er habe gewaltigen Hunger. Der Gesichtsausdruck ist derselbe. Dann singt er ein Lied, was so nicht im Text stand.

‚Baby let me be,

Your lovin teddy bear

Put a chain around my neck,

And lead me anywhere

Oh let me be

Your teddy bear.’

Und wieder spricht das Orakel. Auch das mit der Projektion klappt einwandfrei.)

„Ich kenne sie, die Ungeduld. Früher, als ich soviel älter war als jetzt, hat sie mich gequält. Tag und Nacht! Keine Angst, das gibt sich. Halt Deine Rose fest. Du wirst sie noch gebrauchen.“

„Wann?“

„Sing das Lied weiter. Es ist schön. Laß uns heute den KING ehren!”

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth