Offener Brief an Herrn Lenz

brief_lenzArchibald hat noch einen Brief geschrieben: “Werter, prinzipiell hochgeschätzter Herr Lenz! Sie finden mich in heller Aufregung! Meinem gesundheitlichen Zustand und einer generellen Erschöpfung geschuldet vermeide ich das Wort Empörung. Gewiß, eine lange und ungewohnte Reise liegt hinter mir, bevorstehende Wartungsarbeiten am maroden Bärenlaib harren meiner, all das mag dünnpelzig machen, aber, Hand aufs Herz, was Sie heute so veranstalten! Sekunde! Aha! Im Hintergrund gestikuliert Herr Ernst Albert und weist mich darauf hin, daß es Sie sowieso nicht mehr gibt und dito mein Brief von gänzlicher Sinnlosigkeit, aber ich weigere mich, den Glauben an Sie gänzlich in vollgelaufenen Gullys entschwinden zu sehen. Was ist los? Erst fehlt Ihnen der Mut dem Genossen Iwan Heribert Wintersen endgültig die Rote Karte zu zeigen, wenige Tage später räumen Sie das Feld für Frau Else Sommer und heute? Wie soll man es deuten? Das Tromp d’oil dieser unwirklichen Begrünung vor dem Fenster meiner Höhle wird umgarnt von Nebeln, die sonst der ehrwürdige Freiherr Gottfried von Herbst selbst im Gepäck zu haben pflegt, wenn er – denn dabei möchte er nicht gesehen werden – den Staffelstab an Genosse Wintersen überreicht. Nichts gegen Feuchtigkeit und Regenfall, denn jeder Bär ist auch Hobbybotaniker und die Blaubeere gilt es zu bewässern und trockene Bäche liebt der Lachs nicht, aber wo ist ihr Maß? Letzten Freitagabend dreißig Celsiuseinheiten im Heckerland, achtundvierzig Stunden später dort selbst nur noch knappe zehn, angekommen in Mittelhessen angenehme siebzehn und heute Morgen vier? Was rechtfertig diese Verwirrungen? Verkünden Sie uns so die aktuellen Lottozahlen? Ach, und kommen sie mir nicht mit vorgezogener Schafskälte! Plumpe Ausreden! Mir ist bewußt, daß der durchschnittliche Aufrechtgeher gewiß seinen Anteil am Zustandekommen der klimatischen Extrem- und Absurdvariationen hat. Aber, und dies der Grund meiner Post, ich als armer Bär, regelmäßiger Winterschläfer und genetisch den VIER Jahreszeiten verpflichtet, mobil ohne Blechmilbe, Resteverwerter aus Überzeugung und Finanznot, was soll ich denn tun, wenn mein inneres Koordinatensystem im Viereck springt, weil Sie ihren Job nicht tun? Oder Sie gar – und ich hoffe Herr Ernst Albert hat da unrecht – schon in Rente oder vom Mobilitätswahn der Aufrechtgeher gemeuchelt sind? Eine etwas transparentere Informationspolitik wäre da schon angebracht. Finden Sie nicht auch? Sie sind doch nicht etwa Herr Joachim Löw? Oder doch? Um eine schnelle Beantwortung dieser Fragen bittet hingebungsvoll Ihr alter Freund und Kupferstecher Archibald Mahler, momentan Bär mit dem Arsch auf der Heizung. (Mäßigung im Ausdruck rät – en passant – der ebenfalls schlotternde Setzer)

PS 1: Wegen Ihrer Eskapaden ist die eigentlich geplante Denkpause meinerseits immer noch keine Pause geworden. Wenn das Eva Pelagia erfährt, kann ich mich auf etwas gefaßt machen, Sie Lenz.

PS 2: Von Herrn Ernst Albert soll ich ausrichten lassen, er würde gerne mal wieder die Hügel und Felder rund um die kleine häßliche Stadt mit seinem Fahrrad queren.”

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Donnerstag, 6. Mai 2010 16:41
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