Vom Undank und der Welten Lohn

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Und da saß nun Herr Archibald Mahler, der qua Herkunft eigentlich nicht mit Glaubensfragen befasst ist, außer mit der noch anstehenden Entscheidung, ob seine Vorfahren nun aus Wyoming oder von der Insel Kamschatka stammen, in dieser wundersam freundlichen Kirche und war geflissentlich froh darüber, daß er nicht als Aufrechtgeher aufwachsen mußte. „Und jetzt schön Danke sagen!“ „Hast Du Dich schon bei der Oma bedankt!“ „Du bist so undankbar!“ „Na ja, Undank ist der Welten Lohn!“ „Ich danke meinen Mitarbeitern für ihre (Setzen Sie ad libidum dazu: Überstunden, Selbstausbeutung, Austauschbarkeit, Flexibilität, Rückgratverkrümmung, Leisetreterei, Kritikfeigheit, Deformationsbereitschaft etcppp)!“ Nun, da ist es verständlicher Weise etwas schwerer den richtigen Zeitpunkt und Ton für einen ehrlich gemeinten Dank zu finden, der weder Dankzwang noch stereotype Lobhudelei ist. Sinnend auf harter Bank, denkt Mahler, daß dies auch so ein Mittel ist um Dankbereitschaft zu evozieren. Wer nach stundenlanger Predigt sich erheben darf, der Pöter platt wie eine Kutterscholle, der wird aufatmend gen Himmel blicken und wie man sagt: die Gemeinde dankt. Heute werden in manchen Kirchen Sitzpolster zu Verfügung gestellt. Archibald Mahler, Agnostiker zwar, jedoch Purist, zweifelt ob dies ein Fortschritt sei. Ernst Albert war die ganze Zeit sehr still gewesen. Der Bär findet sein Herr und Meister sehe recht dankbar aus. Betet der etwa? Wir aber wissen, daß ein ganz altes Lied durch seinen Kopf summt, das Lied einer wunderschönen, vor kurzem verstorbenen Sängerin. Dieses Lied hatte ihn als Jungen schwer beeindruckt, zumal die eh schon tiefe Stimme der Sängerin aus den baßlastigen Lautsprechern der elterlichen Musiktruhe drang. Archibald Mahlers unfehlbare Nase roch, daß es an der Zeit war sein lautes Denken einzustellen. Gemeinsames Schweigen. Gemeinsamer Dank. Wie gut, hier sein zu dürfen. Aufbruch. Vorbeigerollt an bevölkerten Weiden. Ein kurzer Halt läßt am Wegesrand eine neugierige Truppe Buntvieh zusammenströmen. „Herr Albert?“  „Ja, mein lieber Archibald?“ „Jetzt würde ich gerne meine Probepredigt halten!“ „Wohl an denn, Reverend Mahler!“

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Mittwoch, 17. Mai 2017 14:59
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