A. Mahler macht sich selbstständig / Denkmal

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Dann dreht sich Archibald Mahler um. Da steht es. Das Abbild seiner selbst. Kalt und freundlich grinsend. Ein Schneebär. Fünfzigmal so groß und hundertmal so schwer. Und Mahler – oben auf dem Denkmalkopf mit kaltem Pöter – denkt, warum wohl ein Denkmal Denkmal genannt wird und ein Mahnmal Mahnmal, wo das Denkmal gerne Potentaten und von “Völkern“ oder “Vertretern” gehuldigte Kriegsverbrecher auf Pferde oder Sockel setzt zur geflissentlichen Anbetung und das Mahnmal nicht enden wollende Listen des Schreckens in den Beton meißelt. Wäre es da nicht sinnstiftender die Sieger feiernden Denkmäler umzubenennen in Mahnmale – Friede den Hütten etcppp – und die Mahnmale dann? Genau: Denk einfach mal nach! Aber darum geht es nicht, wenn der eigene Arsch auf dem Kopf einer Monsterkopie seiner selbst friert und zittert. Und Archibald Mahler dreht sich noch einmal um. Das Hotel da hinten am Ende des Ratsherrengarten. Yes! Genau.

Wie sieht das bitte aus, wenn ein kleiner Bär – mittellos und mit Schneekristallen am Pöter – versucht sich an der Rezeption eines nicht ganz billigen Hotels vorbei zu schleichen. Mahler ist kein Blender. Oder soll er forsch die Damen am Empfangstresen darauf hinweisen, daß der Ehrenwerte Herr Ernst Albert ihn seit Wochen erwartet und zackzack dann bitte gerne? Nein! Also surft der Bär durch die Dateien seiner Erinnerungen und da war doch der Hintereingang durch die Tiefgarage, die Abkürzung Richtung Musentempel, die man vor jenen vier Jahren gerne mal nahm. So war’s doch. Jetzt noch ein wenig warten und frieren und dem schrillen Gesang der Möwen zuhören und sich freuen, weil es schön ist, wenn man ankommt und was wiederfindet, wie zufällig auch immer. Und jetzt los. Hinten rum.

Nachts, alleine in den Fluren eines Hotels. Man mag gerne glauben, die meisten Gäste tun nur so, als ob sie schliefen. Die Stille mag man greifen können, aber die Nase des Bären spürt dieses nervöse Vibrieren. Insomnia atmet durch die mit Chipkarten gesicherten Türen. Von der sensiblen Nase des Bären hatten wir an anderer Stelle schon oft gesprochen. Ernst Albert ist hier. Das riecht der Bär. Oder war hier. So genau ist die Nase des Bären dann doch nicht. Ist das Ziel erreicht? Morgen das opulente Frühstücksbuffet? Egal. Angenehm die Nacht trotz allem, denn im Hotel sind selbst die kargen Flure beheizt. Und wie! Der Bär wird müde. Da liegt doch dieser Zettel. Es ist so warm. Bär,  lies doch, was da auf dem Zettel steht. Archibald Mahler schließt die Augen. Das hat – meistens – Konsequenzen.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Mittwoch, 4. Februar 2015 23:10
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