Beiträge vom Oktober, 2011

ENTEN? GÄNSE? SCHWÄNE? KRANICHE!

Donnerstag, 20. Oktober 2011 12:13

kraniche

Fliegende Pfeile. Speerspitzen. Schreie. Man sucht Formationen, ordnet sich ein, findet sich, verliert sich wieder, findet und hält die Formation. Die Aufrechtgeher blicken gen Himmel – endlich mal wieder, ist Archibald Mahler versucht auszurufen – ihre Einkaufsbeutel festumklammert und da stehen sie nun auf den Gehwegen, Fahrbahnen und dazwischen und wundern sich. Hunderte, vielleicht sogar weit über tausend schreiende Vögel über der Kleinen Häßlichen Stadt. Enten? Gänse? Schwäne? Es wird spekuliert. Wohin und woher und warum plötzlich und so viele.? Auf der Flucht? Eine weitere Katastrophe, von der man noch nichts weiß? Formation nach Formation überfliegt das einkaufende Volk. Immer dasselbe Konstruktionsprinzip. Der Leitvogel, hinter ihm ein V, der eine Schenkel des V’s etwas kürzer als der andere, gelegentlich hat eine kleinere Gruppe an einem der Schenkel eine Nebenformation eröffnet, eine Art Unter-V. Faszinierend und fremd. Offene Münder. Was ist das nur? Und da vorne steht dieser alte Aufrechtgeher über seinen Rollator gebeugt und murmelt ein paar Verse vor sich hin, Verse mit denen er einst seine vergesslichen Schüler maltretierte. Kraniche, natürlich! Und eine Aufrechtgeherin, sie kann noch die Zeichen am Himmel lesen, spricht zu ihrem Mann: „Ei horch, Hermann, jetzt müsse mer Heizöl bestelle!“ Archibald Mahler fährt es durch Mark und Bein. Die Kraniche ziehen und er hat noch keinerlei Vorbereitungen für den Winterschlaf getroffen, kein Fettpolster angefressen, nicht die Lager gefüllt und nur gedacht und geschaut und Zeit verdaddelt mit seinem Hirn. Weia und Potzrembel die Waldfee! Der Herbst läßt farbenfroh und heiter das alte Jahr sterben und der Herr Bär gefällt sich in weltfremder Philosophiererei! Es mahnen die Ahnen von Wyoming bis Kamschatka. Der Bär beginnt zu zittern und macht sich auf den Weg. Dorthin wo sein Jahr begann.

Thema: Draußen vor der Tür | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

ARCHIBALD MAHLER BEMERKT EIN SCHILD UND HAT EINE NEUE AUFGABE

Mittwoch, 19. Oktober 2011 12:09

frage01

Archibald Mahler hatte die Straßenseite gewechselt. Zufall? Koinzidenzen? Er mußte grinsen, soweit ein Bär, der sich der ernsthaften Weltenschau verpflichtet fühlt, überhaupt in der Lage ist, dies zu tun, das Grinsen! Ausgerechnet diese Tafel vis a vis des Musentempels? Eine Dame mittleren Alters trat an ihn heran. Und sie begann zu reden. Im mittleren Damenaltertempo, also ohne Punkt und kaum Kommas. Und sie bemerkte, wie froh sie sei, ihn endlich begrüßen zu dürfen, er sei doch gewiß der lang erwartete Vertreter und wenn es auch nur ein einziger Tag nun sei in der langen, ach so quälend langen Woche, dieser eine Tag, der Mittwoch, der nun frei und endlich sei wieder Zeit und Muße sich dem so heiß geliebtem Makramee–Tai–Chi zu widmen, nicht zu vergessen das allwöchentliche Chakra–Kegeln mit ihren alten Studienkolleginnen und wie gut allein schon der Gedanke daran täte und er, das sähe sie ihm an, er wüßte bestimmt, was es heißt unter all diesen Fragen und Fragen und Fragen der Ausgebrannten und Gelangweilten und Unterforderten und Kassengesandten zu wühlen und vor lauter Suchen nach den Antworten zu vergessen, was denn nun die Frage war und hier, hier sei der Schlüssel zur Praxis und es sei ja nur der Mittwoch und wenn er vielleicht schon am Dienstagabend den Schlüssel und sie käme dann am Donnerstag so gegen Zehn oder Halbelf, dann könnte sie noch BauchPeineBo und so und überhaupt und dann wünsche sie noch viel Spaß und tat dies und war weg. Es wurde ruhig rund um des Bären Haupt, ein Bus fuhr die Neue Bäue hinauf, Richtung Marktplatz, eine Taube kackte auf ein Autodach und Archibald Mahler, Bär vom Brandplatz auf der anderen Seite einer Straße, hatte eine neue Aufgabe. Jeden Mittwoch? Jeden Mittwoch! Letzte Fragen? Vorletzte Antworten! Weia? Weia! Was waren das für Schreie? Archibald Mahler blickte um sich. Und – Sieh da, sieh da, Timotheus! -  da standen die Aufrechtgeher auf und neben der Straße und schauten gebannt in die Luft. Und dem Bären fiel auf, daß er den Tagesordnungspunkt Winterschlaf bis heute geflissentlich verdrängt hatte.

Thema: Letzte Fragen | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

KETTEN / SCHWERTER / WEISSE BÄNDER

Dienstag, 18. Oktober 2011 10:36

weinberger2

Und dies ist die andere Geschichte aus dem Buch:

Aus irgendeinem Grunde fiel mir die Geschichte eines Mannes namens Chang aus Lin-an ein, das damals belagert wurde. Der Buddha erschien ihm im Traum und sagte zu ihm, am folgenden Tag würden Soldaten kommen und ihn töten. In einem vorigen Leben hatte Chang als Soldat während des Huang-Ch’ao-Aufstands einen Mann getötet. Dieser Mann hieß nun Li Li. Am folgenden Tag erschien ein Soldat am Tor und schwang sein Schwert. „Seid Ihr zufällig Meister Li LI?“ „Woher kennt Ihr meinen Namen?“ Chang erklärte alles. Li Li warf sein Schwert zu Boden. „Wenn ich Euch töte, dann werdet Ihr mich im nächsten Leben wieder töten. Und dann werde ich Euch wieder töten. Heute müssen wir diese Kette durchbrechen.“

So ist das wohl. Danke, ausgezeichneter Herr Eliot Weinberger! Und Archibald Mahler denkt darüber nach, woher und aus welchen vielen vergangenen Leben wohl das weiße Band hinüber reicht, das sich durch seine und die Geschichten, die er hier erzählt und denkt und schaut, zieht. Und ihm fällt auf, daß es auf die vielen, entsetzlich ungeduldig drängenden, letzten Fragen lediglich eine Art vorletzte Antwort gibt. So wie die Aufrechtgeher in Spanien immer nur ein vorletztes Bier ordern, wenn sie denn zu Bett schwanken wollen. Bestellten sie ein Letztes, fielen sie – und daran glauben sie fest – auf der Stelle vom Barhocker. Ja, so ist das wohl. Und war da nicht, auf der anderen Straßenseite, vis a vis vom Musentempel, dieses Schild? Der Bär erhebt sich.

Thema: Anregende Buchstaben, Archibalds Geschichte | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

OCCUPY THE KRABBENBERG ODER WENN ES ZWICKT, ZWICKT ES!

Montag, 17. Oktober 2011 18:02

weinberger1

Schön warm in der Höhle gegenüber dem Musentempel, dort wo Herr Albert und die wunderbare Frau Pelagia ihre Häupter niederlegen. Archibald Mahler genießt es mal wieder weiche Polster unter seinem Pöter zu spüren. Da hinten blubbert die Heizung friedlich vor sich hin. Es duftet nach Mahlzeiten und Tee. Manchmal mag der Bär die Aufrechtgeher. Dann aber muß er an die Geschichte denken, von der er letzten Freitag geträumt hatte, als er das erste Mal nach langer Zeit wieder in der Höhle übernachtet hatte. Wie war die noch mal?

„(Ein Abschiedsbankett) Die Krabben sind köstlich, doch ich konnte nur ein paar davon essen, weil ich an die Mutter des Instruktors Sha denken mußte, dem Arzt in der Präfektur Hu. Sie mochte Krabben über alles und aß täglich Dutzende davon. Sie starb im siebzehnten Jahr der Zeit des Andauernden Aufstiegs. Die Familie versammelte sich am Tempel der Himmlischen Glückwünsche zu einer Zeremonie. Am Tor sah die zehnjährige Enkeltochter die alte Dame, die über und über blutig war. „Ich bin schuldig gesprochen, Krabben gegessen zu haben“, sagte sie. Nach ihrem Tode wurde sie zu einem riesigen Berg Krabben gebracht, den sie erklimmen mußte, immer weiter, während die Krabben sie am ganzen Leibe kniffen und zwickten.“

Und was macht dieses Buch hier? Ach ja, der ehrenwerte Herr Ernst Albert hatte ihn in den Schlaf gelesen. Und da ist ja noch eine Geschichte. Morgen!

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POST AUS LITAUEN / FEHLERMELDUNG

Samstag, 15. Oktober 2011 9:12

lit07

Lieber Herr Mahler!

Ich könnte mich empören. Jetzt bin ich wieder raus aus den Wäldern und kein Elch. Und dann mußte ich erfahren, daß hier ganz früher wohl mal Tausende dieser Riesen rumlaufen sind, morgens sogar durch die Straßen und Wege der Fischerorte runter zum Haff, um zu baden. Aber bis vor halb früher haben sie die Elche abgeknallt, von Hubschraubern aus, mit ihren Staatsgästen und der Nomenklatura und noch nicht mal gegessen, sondern nur die Köpfe ausgestopft und an die Wand genagelt. Gott sei Dank ist das vorbei! Aber ein paar Sachen haben sie noch hier rumliegen lassen, die alten Besatzer. Betonhütten, vor sich hinrostende Fischerkähne. Nicht hübsch. Aber ich gestehe, eine gewisse Anfälligkeit für morbiden Charme ist mir nicht fern. Leider schätze ich den Fisch als Mahlzeit nicht so sehr wie Sie. Aber sie haben hier Rote – Beete – Suppe. Kalt und mit viel Dill. Mundet hervorragend. Morgen gehe ich tanzen!

Herzlichst Ihr treuer Herr von Lippstadt – Budnikowski

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HERR MAHLER VARIIERT ÜBER ENTEN 10

Freitag, 14. Oktober 2011 21:10

enten7c

„Der Vorhang ist gefallen und jetzt geht das mit den Fragen erst richtig los.“ Archibald Mahler fällt das Originalzitat nicht mehr ein, aber so ähnlich war es. Er hält den unbeworteten Kritikerblock in seinen Tatzen. Der Bleistift schläft noch. Die Fragen aber irren schon über die nächtlichen Flure. Bald zwei Wochen hat der Bär zugeschaut. Am Ende hat er Zuschauern beim zuschauen zugeschaut. Er konnte gar nicht mehr seine Augen aufs Schilf und die zwei alten Mimen lenken, die zuschauenden Aufrechtgeher haben seine ganze Aufmerksamkeit verzehrt. Und so gibt es doch einiges zu bearbeiten und zu verdenken oder umgekehrt. Zum Beispiel: Ist das Schauen eine Tätigkeit? Kann man mit vor der Brust verschränkten Armen etwas sehen? Und dazu noch mit schief gelegtem Kopf? Oder mit hinterm Haupt verschränkten Gliedmaßen? Ist das Zusehen, falls man es als eine Tätigkeit bezeichnen darf, eine Tätigkeit aus der etwas Neues erwachsen soll oder eine Tätigkeit, die dazu dient etwas zu erhalten? Etwas zu bestätigen? Ist Schauen rückwärtsgewandt oder blickt man nach vorne? Sieht der Zuschauer was er sieht oder nur das, was er erwartet oder vermißt, oder sieht er nur seinen eingewachsenen Zehnagel und die Wettervorhersage? Kann man irgendwohin schauen und gleichzeitig so tun, als sei man ein Fotoapparat und somit behaupten, das eigene Hirn sei in der Lage Gesehenes objektiv abzuspeichern? Muß man nicht alles, was man gesehen hat, für sich behalten, da jede Beschreibung des Gesehenen sich vom im Moment des Sehens Erfahrenen mehr oder weniger komplett unterscheidet? Ist rot rot? Ist grün grün? Ist es zulässig, einem anderen Schauer seine Sicht der Dinge – wie es so schön heißt – aufs Auge zu drücken? Oder soll man einfach beide Augen zudrücken? Ist nicht jedes Schauen von etwas, was vermeintlich tatsächlich stattgefunden hat, eine Art von Übersetzung in den eigenen Kosmos, eine Art von Einordnung in die eigenen Karteikarten, sei es Beifall, Pfiff oder Unentschiedenheit? Ist nicht das betrachtete Objekt vollkommen frei von den Blicken, die man auf es wirft? Existiert es nicht auch ohne Betrachter? Oder beginnen die Dinge erst dann zu leben, wenn man sie betrachtet? Oder gar erst dann, wenn man vom Schauen spricht? Uff! Archibald Mahler sitzt allein im Musentempel. Alle sind weg, der Vorhang offen und alle die Fragen zu oder so ähnlich. Archibald Mahler hat das Gefühl die Antworten auf all seine Fragen befinden sich gerade in Wyoming oder auf Kamschatka. Der ehrenwerte Herr Ernst Albert will abschließen. Den Musentempel und die Sache mit den Enten. Der Bär ist sehr müde. Herr Albert nimmt ihn auf den Arm und bringt ihn in die Höhle. Und dann liest er ihm etwas vor. Aus einem seiner neuen Bücher.

„Die Aymara in den südlichen Anden glauben, daß man nur von dem sprechen kann, was man persönlich erlebt hat. Man kann also nicht sagen: „Lincoln wurde ermordet“, sondern nur „Ich habe gehört, Lincoln wurde ermordet“. Anders als nahezu alle anderen auf der Welt glauben sie, daß die Vergangenheit vor uns und die Zukunft hinter uns liegt, denn die Vergangenheit war deutlich zu sehen, und die Zukunft liegt im Ungewissen.“

Und Archibald Mahler, der eigentlich schon eingeschlafen war, findet, daß dies ein tolles Buch sein muß. Aber das ist eine ganz neue Geschichte. Gute Nacht!

Thema: Anregende Buchstaben, Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

HERR MAHLER VARIIERT ÜBER ENTEN 9

Donnerstag, 13. Oktober 2011 18:17

enten7b

Und dann waren da noch die zwei Aufrechtgeher, die zuschauten. Sie taten dies nicht freiwillig. Sie schauten zu, damit andere und mehr zuschauen. Oder damit wer, der noch nicht zugeschaut hat, lesen kann, was er verpaßt hat. Oder wovor er hiermit gewarnt sei. Und morgen haben wir das dann schwarz und weiß. Oder so! Jedenfalls schauten die zwei Aufrechtgeher mit wichtigem Gesicht hin. Und dann unterhielten sie sich. Etwa so, wie das Archibald Mahler gehört hat.

„Theater mit zwei Männern und einer Bank? Reicht das?“

„Es reicht!“

„Aber wir haben doch gerade erst angefangen!“

„Es reicht!“

„Ah! Ich verstehe! Der humorige Einstieg! Was fehlt?“

„Tiefe!“

„Wie?“

„Generell! In der Breite! In der Tiefe!“

„Könnten Sie zitieren!“

„Wenn Sie mich bitten!“

„Bitte! (Pause) Warum seufzen Sie?“

„Es geht um Enten!“

„Das kann doch durchaus putzig sein!“

„Putzig angesichts des Weltuntergangs? Putzig angesichts der Überschuldung? Putzig angesichts meines eingewachsenen Nagels?“

„Das wußte ich nicht!“

„Eben! Ich deute kurz an. Also einmal fragt der Eine etwas, daraufhin antwortet der Andere. Dann wiederum antwortet der Andere und der Eine hat gar nichts gesagt!“

„Sie sehen mich nicht schmunzeln! Und was haben Sie gemacht?“

„Siebenhundert Zeichen! Was soll man machen?“

„Und die Anderen!“

„Da sind nur zwei und eine Plastikente!“

„Zwei! Plastikenten auch zwei!“

„Kann nicht sein! Habe ich nicht gesehen!“

„Sei es drum. Die anderen Zuseher? Reaktionen?“

„Unerträglich! Gekicher! Gelache! Beifall! Angesichts..“

„Danke,  Sie hatten Ihren Fußnagel bereits erwähnt!“

„Oh! Sancta simplicitas! Ich muß!“

„Wohin!“

„Ein Kinderchor singt. Ein Sportgeschäft wird eröffnet. Die Stellvertreterin des Dezernenten spricht. Man braucht mich!“

„Wieviel?“

„Tausend Zeichen! Und Sie?“

„Verkaufsoffener Sonntag! Zweitausend Zeichen! Ihren eingewachsenen Nagel betreffend….“

Und dann sind sie weg und Archibald Mahler denkt, wie ungesund das für einen Pöter doch ist, wenn er Abend für Abend in einer Kleinen Häßlichen Stadt in Mittelhessen anderen – und dies auch noch sitzend -  bei der Verrichtung einer mal mehr oder weniger sinnvollen oder inspirierten Tätigkeit nicht zusehen will oder darf, sondern muß. Weia! Sieh an, der eine der zwei Aufrechtgeher hat seinen Notizblock liegen lassen. Unbeschrieben! So mit reingeklemmtem Bleistift dran. Klasse! Archibald Mahler wollte schon immer mal einen eigenen, originalen Kritikerblock besitzen. Her damit! Und er notiert: “Morgen noch nachdenken, ob man das Zuschauen unter Tätigkeit fassen kann.” Und dahinter malt der Bär drei dicke Ausrufezeichen.

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

HERR MAHLER VARIIERT ÜBER ENTEN 8

Mittwoch, 12. Oktober 2011 18:29

enten7a

Und dann fällt Archibald Mahler noch etwas ein. Was die Mimen immer gesagt haben. Oder gesucht haben eine ganze Zeit lang: die „Figur“. Was meinen die eigentlich damit? Dick war keiner von denen, also eine Art von Diät kann es nicht sein. Und die haben nicht nur diese Figur gesucht, sondern auch noch die “Haltung” von so einer Figur. Was soll das denn bitte sein? Man hält den Kopf hoch, oder eben nicht, kann auch die eine oder andere Tatze in die Luft halten – nicht zu lang, denn der Herbst kommt und man will ja noch Energie sparen für den langen Winter – und dann kann man darüber nachdenken, ob man mit der rechten oder linken Pfote sich am Pöter kratzt. Eigentlich Wurscht wie Lachs, wichtig ist, daß gekratzt wird. Und in Indien da stehen die Aufrechtgeher stundenlang auf einem Bein, um schneller denken zu können. Extreme Haltung. Dann sehen sie aus wie eine Figur, die man sich wegen der künstlerischen Gestaltung des Wohnraumes auch mal auf das Regal platziert und stellt damit seine offene Haltung in Bezug auf die Künste allgemein zur Schau. Aber zurück in den Musentempel. Diese Figur also, soviel hat Archibald Mahler verstanden, soll wohl jener Aufrechtgeher sein, den man dann sieht auf der Bühne. Das heißt: eine spezielle Ausgabe oder Ausformung des originären Aufrechtgehers. Also der Aufrechtgeher, der der Mime ist, will ein anderer Aufrechtgeher sein, eben jene Figur und die braucht, um eine Figur zu sein eben: eine Haltung. Und das würden dann die zuschauenden und zahlenden Aufrechtgeher sehen. Komisch, der Bär hat das nicht gesehen. Weil, wenn ein Mime eine sogenannte Figur war, sah er genau so aus wie davor. Gut, er mal einen Hut aufgehabt oder eine Krawatte am Hals oder eine Banane in der Hand. Aber sonst: klar zu erkennen war er als der, der er zuvor war. Und den Kopf mal nach rechts oder links drehen, wo ist da die Haltung? Das macht man doch, wenn man rechts was sehen will, wenn von links einer spricht. Nur eines fiel Archibald Mahler, Bär mit hörenden Ohren, gelegentlich auf: wenn die Mimen die herbeigesehnte Figur waren, haben sie nicht mehr wie normale Aufrechtgeher miteinander gesprochen, sondern so komisch gestelzt und betont. Wahrscheinlich wie Figuren mit Haltung. Das wollte der ehrenwerte Herr Albert aber nicht und hat genölt. Archibald Mahler mochte das auch nicht. Und eines Morgens kamen die Mimen und dann hat man sich unterhalten, alle vom Herr Mamet aufgeschriebenen Worte gesagt (außer natürlich diejenigen, die der Herr Albert weggestrichen hat), die Requisiten pfleglich behandelt und den Kopf oben gehalten. Und Mime und Aufrechtgeher und alles war eins und auch das andere. Und es machte Spaß zu hören und zu sehen, was dort geschah im Schilf. Die Figuren waren wohl des Nachts in die Lahn gefallen. Ob das alles so seine Richtigkeit hat? Archibald Mahler denkt noch mal drüber nach. Dabei macht er eine gute Figur. Hält den Kopf hoch. Aber wissen können tut er es nicht. Denn er ist und bleibt ein Bär und nur ein Gast auf dieser Welt und also auch im Musentempel.

Thema: Musentempel | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

POST AUS ATZBACH / GLÜCKWUNSCH

Dienstag, 11. Oktober 2011 9:21

archi_geb.

Sehr geehrter Chef und Herr Albert!

Eigentlich wollte ich Ihnen ja ein Elchfoto schenken und schicken. Aber das glauben Sie nicht: es gibt ihn nicht in Mittelhessen. Ob es ihn jemals gab, ist mir nicht gewiß. Wobei ich mir doch denke, daß ein ordentlicher Wald ohne Elche, Wölfe und natürlich Bären eigentlich gar kein Wald ist. Aufrechtgeher mit Gehstöcken statt Viecher mit Reißzähnen? Ich bitte Sie. Falls Sie zum Zahlenmystizismus neigen kurz dies: 11.10.11 und 55. Ansonsten passen Sie auf sich auf und ich bleibe weiterhin sehr froh, daß Sie mich und mein abbes Bein einstens vom Brandplatz hoben. Jetzt gehe ich Aufrechtgeher erschrecken. Als Indianerbär auf Kriegspfad. Mal schauen.

Herzlichst Ihr Bär und Archibald Mahler

Thema: Draußen vor der Tür | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth

POST AUS LITAUEN / GLÜCKWUNSCH

Dienstag, 11. Oktober 2011 9:15

lit06

Sehr geehrter Herr ehrenwerter Herr Ernst Albert!

Eigentlich wollte ich Ihnen ja ein Elchfoto schenken und schicken. Aber das glauben Sie nicht: überall Kötel dieser Waldriesen, bergeweise, angenagte Flechten, zerwühltes Moos und sogar tiefe Hufspuren auf und neben allen Wegen. Aber: nichts und nichts. Ich schaue in die Wälder, tiefer und tiefer hinein und kein Ergebnis. Wie der Lütte Stan bemerken würde: „Kannse inne Tonne kloppen und Dich ein Ei drüber braten tun! Woll!“ Aber ein Bild vom Wald gibt es. Das mögen Sie doch auch. Alles Gute und grüßen Sie den Bären von mir. Und dat mit dem BVB: musse wat Geduld annet Tageslicht legen.

Herzlichst Ihr Herr Lütten Stan von Lippstadt – Budnikowski

Thema: Draußen vor der Tür | Kommentare deaktiviert | Autor: Christian Lugerth