DR. MAHLERS GESAMMELTE BÄNKE XXI

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Es gibt ja Aufrechtgeher, die suchen sich schon zu Lebzeiten das Stückchen Acker aus, unter dem dann ihre mürben Knochen und ausgelaufenen Gebeine verrotten sollen. Ähnliches berichtet man von Archibald Mahlers Artgenossen in Alaska oder Kamschatka. Wenn den alten Petz die große Bärenmüdigkeit überfällt, dann rafft er sich ein letztes Mal auf und schleift sich unter ein Gebüsch oder in eine Höhle am anderen Ende seines Waldes und wartet dort auf das weiße Licht. Am ungestörtesten stirbt sich immer noch alleine und das Gesterbe ist ja kein öffentlicher Vorgang. Oder? Nun gut. Archibald Mahler muß seit langer, langer Zeit heute wieder mal an sein ehemals abbes Bein denken und wie er da zweigeteilt lag auf dem Brandplatz, Bein hier, Rest dort und nicht wußte, wie ihm geschah und immer noch nicht weiß, was damals geschehen, aber eines sicher weiß, daß nämlich das weiße Licht schon um die Ecke geschielt hatte und hätte ein Müllmann oder ein trunkener Jungmuselmann und nicht der ehrenwerte Herr Ernst Albert ihn vom Asphalt der Kleinen Häßlichen Stadt aufgehoben, bevor vielleicht sogar eine Blechmilbe ihn überrollt oder dieses entsetzliche mobile Kehrmaschinenteil, wer weiß? Und so schaut er auf diese noch gedenksteinfreie, stille Wiese zu seinen Tatzen  und denkt, daß dies kein übler Ort zum späteren Verrotten sei. Und schaut noch ein wenig länger und denkt ein wenig weniger und hört ein Lied und da weiß er, daß er dann doch lieber nicht auf dem Friedhof der Kuscheltiere begraben sein möchte. Kein Gedenkstein. Oder vielleicht doch? Aber bis zur letzten Höhle hat er ja auch noch etwas Zeit. Also steht er auf und macht sich auf den Weg. Zur nächsten Bank.

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Samstag, 25. Juni 2011 11:44
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