Der Beelzebub singt das Lied von der Anstrengung schlecht zu sein und dann geht es weiter

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(Die Bühne steht noch. Die Mimen haben neue Kraft geschöpft. Die Zuschauer sind auf ihre Plätze zurückgekehrt. Einige haben sogar jemanden mitgebracht. Die Bisamratte ihren dreibeinigen Onkel, das Schwanenpaar mit den Jungen fünf elternlose Nilgansküken und die sieben Raben sind nun siebenundsiebzig Raben stark. Sie betrachten den Beelzebub als eine Art Schwarmführer und – ehrlich gesagt – spekulieren sie auch auf ein leckeres Bärengulasch. Der Himmel ist stark bewölkt. Dadurch eine atmosphärische Verdichtung, die so nur bei Freilichtspielen möglich ist.  Der Beelzebub schwingt sich auf die Bühnenrückwand und beginnt zu singen. Fis-Moll.)

Das Lied von der Anstrengung schlecht zu sein

1

Man stinkt. Man kratzt sich wund. Man keucht und flucht.

Man spuckt. Man grinst in eine freundliche Frage hinein.

Die Haare auf den eigenen Zähnen werden gekämmt! Noch Fragen?

Man kackt. Man spült nicht runter. Dann wird gereimt.

2

Mit schmutzigen Fingernägeln tief im Nasenloch ein paar Gedanken.

Die Seifenstücke kaue ich zum Mittag. Das Fieber steigt.

Über mir eine freundliche Sonne. Unter mir Staub.

Dort werde ich liegen. Für Euch. Unter Euch.

3

Eure weißen Hemden flattern auf den Wäscheleinen.

Eure reine Haut schimmert im Morgenlicht.

Eure reinen Seelchen singen tänzelnde Lieder in Dur.

Eine große Kanne Selbstgebrannten schütte ich mir in den Hals.

4

Wie auch anders soll ich mich, den Teuflischen, betören?

In Euer mit Worten der Weisheit bedrucktes Papier

Gerollt ein stinkendes Gemisch bulgarischer Tabake?

Drunter gemischt harzende Reste selbstgezogenen Hanfs?

5

Und Nein und noch mal Nein und wieder Nein auf jede Eurer Fragen.

Was weise geschrieben und bedacht und wohlfeil bedruckt

Heizt meine Bretterbude ein. Hinter dem Hause der Dung.

In den Zimmern die Reste meiner verrottenden Mahlzeiten.

6

Gelegentlich singe ich zynische Couplets auf den Strassen

Über die Ihr, geil verdientes Geld tauschend in wohlfeile Waren

Wandelt und glücklich strahlt und Eure Feste feiert, bis Ihr fallt.

Für die Reste Eueres Erbrochenen übernehme ich die Verantwortung.

7

O Ihr himmlichen Früchte befleckter Empfängnis!

Ich hänge raus die Laken! Seht meines Balkones Zier!

Ich deck mich zu mit meinen Sünden!

Auch wenn ich frier!

8

Der Böse ist doch stets der Andere! Nehmt meinen Namen und

Gebraucht ihn als Euer Schild! In dieser Rüstung, solltet ihr mal fallen

Über das eigene, so stolz geschwungene Tanzbein,

Wundert Euch nicht, wenn es scheppert! Und ich von dannen!

(Es zischt und dampft. Zwischenrufe. „Und der Bär?“ „Wo ist er, bitte sehr?“ „Ist das jetzt ein neues Stück oder geht’s noch?“ Geduld ist nicht weit verbreitet in den Auditorien dieser Welt und der Umweg wird bestenfalls zähneknirschend goutiert. Deshalb: Gerumpel hinter der Bühne: Auftritt Archibald Mahler als Der Suchende Bär. Applaus! Nur die siebenundsiebzig Raben murren etwas.)

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Autor: Christian Lugerth
Datum: Mittwoch, 25. August 2010 21:22
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